@Aldaris Nein, aber ich brauche dazu keine eigenen Worte, weil ich mit folgenden Definitionen weitgehend übereinstimme:
http://ddschule.dnsalias.org/mediawiki/index.php/Kapitalarten und
Wikipedia: Soziales Kapitalund
Wikipedia: Kulturelles KapitalWers lieber populär will:
http://www.cicero.de/97.php?item=3325&ress_id=6 (Archiv-Version vom 07.12.2010)Große Tiere, große Irrtümer
von Eckart von Hirschhausen
Wirtschaft will Wachstum. Alle streben nach dem großen Glück. Auf die Gier folgt die Krise. Größer, schneller, weiter: Superlative bestimmen unsere Zeit. Sind wir eigentlich schon größenwahnsinnig geworden?
Imposant, der Elefant, eins der größten lebenden Tiere der Welt. Am meisten Menschen getötet hat aber die Mücke. Historisch ist an den Krankheiten, die sie überträgt, die Hälfte aller Menschen gestorben, die je gelebt haben ? unvorstellbar viele Milliarden. Big is beautiful? Small is powerful!
Elefanten sind vom Aussterben bedroht. Mücken nicht. Versuche ich gerade aus einer Mücke einen Elefanten zu machen? Und was hat das mit Kapital zu tun? Ein afrikanisches Sprichwort sagt: Man weicht leichter einem Elefanten aus als einem Moskito. Was hat das mit uns in Deutschland zu tun? Wer, glauben Sie, ist hierzulande das gefährlichste Tier? Rottweiler, Killerbienen oder Angsthasen? Das Reh, es kostet pro Jahr über 30 Autofahrer das Leben, vor allem weil sie versuchen auszuweichen. Während die Mücken relativ harmlose Flecken an der Windschutzscheibe machen, bis wir nicht mehr klar sehen können ? und dann wird es auch wieder gefährlich. Menschen sind gerne blind für echte Risiken und Nebenwirkungen.
Einer der größten Konstruktionsfehler in unserem Kopf ist, dass der Teil, der unser Wollen bestimmt, organisatorisch getrennt ist von dem Teil, der uns tatsächlich zufriedenstellt. Wäre es anders, säßen wir noch in der Höhle. Allein die Vorstellung, dass es woanders besser wäre als in der Höhle, treibt uns hinaus. Dass das Gras auf der anderen Wiese nicht wirklich grüner ist, sehen wir, wenn wir dort sind. Wir lernen daraus aber wenig und halten nach noch grünerem Gras weiter Ausschau. Dabei sind wir als Art so erfolgreich geworden, dass wir gar nicht mehr Gras fressen, sondern Fleisch. Fleisch hat eine sehr viel höhere Kaloriendichte als Gras. Deshalb müssen Elefant und Kuh praktisch pausenlos ins Gras beißen, während wir nach einer Mahlzeit auch mal länger satt sind. Und in der Zwischenzeit aus Langeweile Schweinehälften und Weizen in China kaufen und in Südamerika verkaufen können, rein virtuell, ohne hinfahren zu müssen. So weit haben wir es gebracht!
Ein Problem der Finanzkrise: Viele wollten ernten, ohne selber etwas gesät zu haben. Von der Natur lässt sich lernen, dass es eine Rendite von 25 Prozent auf Dauer nicht gibt. Alles hat seinen Preis. Banker glaubten lange an unbegrenztes Wachstum. Das kenn ich auch als Arzt. Wenn etwas im Körper unbegrenzt wächst, hat das einen Namen: Krebs! Und das kann auch auf Dauer nicht gut gehen.
Die Politik lobt das Volk, weil es so gelassen reagiert und nicht alle Konten plündert. Gelassen? Bei Stress kennt unser Hirn genau drei Reaktionsmöglichkeiten: Kampf, Flucht oder Totstellreflex. Das ist keine Gelassenheit! Weil wir nicht wissen, wen wir bekämpfen, und wohin wir fliehen sollen, stellen wir uns einfach tot! Warum sollten wir Banken vertrauen, die sich gegenseitig kein Geld mehr leihen wollen?
Wir leben in verrückten Zeiten. Neulich bei einer Party hab ich erlebt, wie ein ehemaliger Investmentbanker versuchte, eine Frau zu beeindrucken, und sagte: Ich arbeite jetzt in der Kreisverwaltung.
Wir wurden optimiert fürs Überleben und Fortpflanzen im Neanderthal ? nicht fürs Internetzeitalter. Unser Antrieb ist auf der einfachsten Ebene Arterhalt und Fortpflanzung. Deshalb macht Essen Spaß. Deshalb macht Sex Spaß. Einige erinnern sich. Aber das, was für die Ökonomen ?abnehmender Grenznutzen? heißt, nennt der Psychologe ?Habitutation?. Der erste Schluck Bier schmeckt am besten. Danach trinkt man eigentlich nur weiter, um das wieder vergessen zu können. Die erste Million ist die schwerste, aber auch die schönste. Besser wird?s nicht. Über 20000 Dollar Existenzgrundlage gibt mehr Geld immer weniger zusätzliche Befriedigung. Was würden Sie machen, wenn Sie eine Million hätten? Sich einschränken?
Wir gewöhnen uns sehr schnell an praktisch alles. Wenn wir satt sind, interessiert uns Essen nicht mehr, und keiner will ernsthaft den ganzen Tag nur Sex. Aber was fangen wir mit den Überkapazitäten an Denkzeit an?
Es gibt beim Geld keine Sättigung. Und das ist die unerbittliche Mechanik des Größenwahns, die Sucht auf die wir alle reinfallen. Denn diese Falle ist uns eingebaut in unserem Antriebssystem. Das Lusthormon Dopamin wird immer ausgeschüttet, wenn etwas besser ist als erwartet. Und insbesondere wenn wir glauben, dass etwas besser sein wird als erwartet. Was uns in grauer Vorzeit aus der Höhle getrieben hat, lässt uns jetzt gegen die Wand fahren.
Die Zahlen, um die es momentan in der Finanzkrise geht, begreift eh keiner. Ob Million oder Milliarde verloren sind, hört sich in der Sprache der Stresshormone immer gleich an. Ökonomen verweisen gerne darauf, dass der Preis durch Angebot und Nachfrage bestimmt würde. Aber warum ist dann guter Rat teuer? Das Angebot an guten Ratschlägen ist immer größer als die Nachfrage!
Es gibt vermutlich keine Schwarmintelligenz, sicher aber eine Schwarmdummheit. Jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland hängt vom Automobil ab. Deshalb werden Milliarden auf eine Technik mit fossilen Brennstoffen verwendet, die den Menschen größer macht als nötig. Die jedes Mal, wenn der seine 70 Kilo von A nach B bewegen will, auch 700 Kilo Blech drum herum bewegen möchte, damit es auch jeder mitbekommt.
Bei Frauen ist das Größenverhältnis noch grotesker: Je schlanker die Frau, desto dicker und geländegängiger muss der Wagen sein. Die Geschwindigkeit, mit der man sich heute durch Innenstädte bewegt, ist ziemlich genau die gleiche wie vor 100 Jahren, vor Erfindung des Automobils. Mit einem Pferd wäre man oft schneller. Aber das hat uns nicht genug PS!
Die Automobilbranche ist zynisch betrachtet nur ein Zulieferbetrieb für die Gesundheitsbranche. Erklärtes Ziel: weniger Krankenkassen, denn jede Verwaltung verschlingt unnötig Ressourcen. Das leise Gegenargument: Je anonymer die Krankenkassen werden, desto mehr Ressourcen verbrauchen die Mitglieder! Es gibt in der Schweiz ?Ortskrankenkassen? wo wieder alle aus einem Ort versichert sind, mit einem großen Effekt. Weil ich meinen Nachbarn kenne und weiß, wie es ihm geht, ob er wirklich die dritte Kur oder das neueste Hilfsmittel braucht, und der Nachbar auch weiß, dass ich das weiß ? sinken die Kosten um ein Drittel. Vielleicht helfe ich dem Nachbarn auch mal so, oder rede mit ihm ? ohne dass dafür eine Krankenschwester oder ein Psychotherapeut bezahlt wird. Dieses soziale Kapital bemisst nur keiner. Wir sind heute dreimal so reich wie 1950, aber nicht dreimal so gut drauf. Im Gegenteil. Der jüngste Sozialreport weist Deutschland wieder als eins der miesepetrigsten Länder Europas aus.
Der Schwabe in uns sagt: Kauf dir etwas Materielles, da hast du am längsten von. Der Glücksökonom sagt: Investiere in Gemeinschaft, Bildung und Erlebnisse. Das Auto verliert vor unseren Augen an Wert, der erste Kratzer, Aschenbecher voll, und dann kauft sich der Nachbar auch noch das größere Modell. Eine Weltreise wird immer schöner, je länger sie zurückliegt. Und wenn wir gerade nicht auf Weltreise sind, sagt die Ökonomie des Glücks.
Viele kleine Glücksmomente sind besser als ein großer. So wie Nobelpreisträger Muhammad Yunus mit vielen kleinen Krediten große Effekte in der Armutsbekämpfung erzielt, können wir mit kleinen Investitionen in unser Glück sehr viel mehr erreichen als mit großen. Sogar in Beziehungen: 100 Rosen im ungünstigen Moment sind eine schlechtere Investition als die eine Rose im richtigen Moment. Den nachhaltigsten Nutzen hat Geld, wenn man es für andere ausgibt. Und das größte Kapital sind Beziehungen. Wenige gute Freunde sind wertvoller als doppelt so viele halb gute. Wer aus dem großen ?Freundeskreis? der 368 Kontakte von ?xing? und ?small world? bringt mir denn was zu essen vorbei, wenn ich krank bin? ?Nur einen Mausklick entfernt? ist meist ganz schön weit weg. Und der Monitor ist kalt. Aber den umschwärmen wir wie Motten das Licht. Geblendet von der Versprechung des ?mehr?!
Puschelhasi schrieb:@eckhart
"Aber, wenn ich so in mich hinein schaue, dort wo ich zu Hause bin. Da herrscht Gewissheit.
Da herrscht Mitgefühl, da herrscht Einssein.
Da schaue ich in das Innere von Millionen Afrikanern und sie schauen in meins."
Könntest du das nochmal erkären?
@Puschelhasi Das habe ich mit dem oben stehenden Zitat bereits nebenbei erklärt.
Soziales Kapital - Soziokulturelles Kapital lässt sich schwer in Zahlen messen.Lass mich diesen Ausschnitt der Gesamtwirtschaft mit etwas Dir Bekanntem vergleichen.
Mit Immmobilien:
Eine Immobilie hat den Wert, der die Kosten abbildet, die notwendig waren, sie zu errichten.
Eine Immobilie hat den Wert, den jemand bereit ist, dafür zu zahlen. (Der ist wichtiger)
Eine Immobilie hat den schwer in Zahlen zu fassenden Wert der LAGE.Einem ist die Verkehrsanbindung wichtig, dem Anderen die Verkehrsferne, die Ruhe, die landschaftliche Schönheit, dem nächsten die schnelle Internetverbindung oder die Sicherheit vor Hochwasser.
Die zwei letzten Punkte werden häufig vergessen, das und andere äussere Einflüsse können zur Folge haben,
dass der Wert der Lage von jetzt auf gleich rapide sinken kann.
Wenn soziokulturelles Kapital nicht gepflegt wird, schwindet es -
man bemerkt es aber erst, wenn es weg ist.Das ist genauso wie mit der
Lage der Immobilie.
Zurückgeschraubtes Gewinn- und Wachstumsstreben sind ebenso wie zB. ein
bedingungsloses Grundeinkommen Pflege des soziokulturellen Kapitals.
In Deinem so beliebten Nordkorea,
@Puschelhasi , ist soziokulturelles Kapital
längst zerstört.
Dort gibts nichts zu reparieren.
Das nordkoreanische System gehört weg !
Auffällig finde ich Deine Zurückhaltung gegenüber der menschenrechtsverletzenden KP Chinas.