behind_eyes schrieb:Hitler "links" einzuordnen ist einfach nur ne Taktik um die eigene Seite ("rechts") zu bereinigen von ihm Ala "da habt ihr euer Problem, nicht unseres".
Hitler hysterisch-revanchistische Bastardbewegung ausschließlich rechts einzuordnen führt wiederum dazu, dass die Leute glauben, man müsse sich nur links positionieren, um über jeden Verdacht erhaben zu sein.
Vor dem Ende des Kalten Krieges ging das, da damals im Westen noch der antitotalitäre Konsens gab.
Nach der Wende haben wir schrittweise die sowjetische Lesart übernommen, wonach "rechts" unweigerlich das Böse und "links" unweigerlich das Gute sei.
Besonders bizarr ist es in Sachen Antisemitismus: Die Nazis waren zweifellos die schlimmsten Antisemiten aller Zeiten. Das ist richtig. Jetzt geht ein beachtlicher Teil der Linken allerdings davon aus, dass der Nationalsozialismus im Wesentlichen identisch mit der politischen Rechten sei. Das ist falsch. Jetzt macht diese Linke den nächsten Fehler: Da sie glaubt, alle Rechten seien Antisemiten, glaubt sie auch, alle Antisemiten seien Rechte, woraus für sie wiederum folgt, dass Linke keine Antisemiten sein können. Entsprechend blind ist sie für eigenen Antisemitismus.
Das Ergebnis dieser Misere ist, dass das Kernproblem niemals gelöst wurde.
Wir haben niemals unsere deutsche Neigung zur Barbarei aufgearbeitet. Wir haben nur dafür gesorgt, dass sich die Barbarei nicht mehr ungehindert im Namen einer rechten Bewegung äußern kann.
Aus meiner Sicht kann man das jeden Tag in den sozialen Medien beobachten. Der vollkommen unbeherrschte, von Panik geschürte und immer wieder ins Sadistische kippende Hass, mit dem manche reichweitenstarke AfD-Gegner täglich gegen diese Partei anschreien, hat zumindest in der öffentlich einsehbaren Kommunikation der AfD keine Entsprechung.
Ich sehe folglich auf der einen Seite eine rechte Partei, die bedenklich tolerant im Umgang mit radikalen Figuren ist, und auf der anderen Seite eine Gegenbewegung, die die hässlichsten Charaktereigenschaften, die Deutsche legal zeigen können, nicht nur toleriert, sondern bejubelt; mindestens aber relativiert.
Was soll ich sagen? Gefährlicher ist im Zweifelsfall derjenige, der sich mehr erlauben kann. Die Partei steht unter Beobachtung, die Gegenbewegung nicht.
Meine Hoffnung, dass die etablierten Parteien zur Vernunft kommen und wieder aktiv für ihre Ideen werben, anstatt sich immer nur als heilige Einheitsfront zur Bewahrung der Demokratie in Szene zu setzen und mit um das Feindbild AfD aufgebauten Angstkampagnen die Leute dazu zu nötigen, jede noch so fette Kröte bereitwillig zu schlucken, wird sich wohl nicht erfüllen.
Somit kann ich weiterhin zuhause bleiben, wenn gewählt wird, und der Dinge harren. Ist ja auch okay.