Inga Gehricke - Fünfjährige in Stendal vermisst

@Wolters

Wolters schrieb:Juristisch gesehen stellt der Begriff "Kindesentzug" eine Mitnahme durch einen Elternteil dar.

Da ist nicht richtig. Täter einer sog. Kindesentziehung gemäß § 235 StGB muss nicht unbedingt ein Elternteil oder ein anderer Angehöriger des Kindes sein. In der Praxis mag das oft der Fall sein, aber eine Kindesentziehung kann grundsätzlich eine beliebige Person begehen.

Man wird bei der Einleitung des Ermittlungsverfahrens auf den § 235 StGB (Entziehung Minderjähriger) abgestellt haben, weil dieser von allen überhaupt in Frage kommenden Straftatbeständen die geringsten Anforderungen stellt.

Hier noch einmal der Link zum § 235 StGB: http://dejure.org/gesetze/StGB/235.html

Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, das steht hier so:
http://www.kindesentzug24.com/infos-zum-kindesentzug/ (Archiv-Version vom 23.04.2015)

Die deutsche Rechtsprechung unterscheidet u.a zwischen den Begriffen Kindesentführung, Kindesmitnahme, Kindesentzug. Umgangssprachlich finden wir i.d.R. alle Begriffe meist im Zusammenhang mit einem internationalen Kindesentzug durch einen Elternteil, welcher aus familiären, privaten, oft auch aus religiösen Gründen das gemeinsame Kind ins Ausland verbringt.

Die Kindesentführung stellt i.d.R. eine Kindesmitnahme durch einen fremden Täter dar. Ein Kindesentzug dagegen eine Mitnahme durch einen Elternteil. Im sprachlichen Gebrauch fallen meist alle Tatbestände unter den Oberbegriff Entführung bzw. Kindesentführung. Juristisch stellen die verschiedenen Straftatbestände jedoch Unterschiede dar. Unterschieden wird dabei meist in der unterschiedlichen Strafzumessung.

@Wolters

Die Medien haben es oft nicht so mit präzisen Formulierungen. Da wird eben aus "Entziehung Minderjähriger" aus Unwissenheit "Kindesentzug" gemacht. Die Polizei ermittelt aber in diesem Fall tatsächlich wegen § 235 StGB (Entziehung Minderjähriger), egal, was die Medien daraus machen.

@Wolters

Ich versuche es kurz zu machen:-)

Der Grundtatbestand des § 235 StGB lautet:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine Person unter achtzehn Jahren mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List oder
2. ein Kind, ohne dessen Angehöriger zu sein,

den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger entzieht oder vorenthält.

Täter ist also jemand, der
- einen Minderjährigen
- den Eltern (oder anderem Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts)
- (eventuell mit Gewalt, Übelsandrohung oder List) entzieht oder vorenthält.

Ein Angehöriger macht sich nicht strafbar, wenn er ein Kind (unter 14 Jahren) ohne Gewalt, Übelsandrohung oder List den Eltern (oder anderem Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts) entzieht/vorenthält.

Aus dem Gesetz ergibt sich also ganz deutlich, dass Täter eines Kindesentzugs im Sinne des § 235 StGB nicht, wie hier im Thread in den vergangenen Tagen von mehreren Usern angedeutet, unbedingt eine dem Minderjährigen nahe stehende Person sein muss.

Hallo, ich möchte mich auch gern einmal in die Diskussion integrieren....mir geht das auch sehr ans Herz da ich selbst 2 Töchter habe. (3 Monate & 6 Jahre alt)... ich schaue jeden Montag auf RTL Nitro Medical Detectives und Anwälte der Toten.... nun seit Inga vermisst wird geht mir eine Sache nicht aus dem Kopf.

Am 27.04. - an dem Montag bevor Inga verschwand kam bei Anwälte der Toten der Fall der Maria Juhl - aus Haldensleben bei Magdeburg welche am am 3. November 1995 auf dem Weg zur Schule verschwand und später vergewaltigt und getötet aufgefunden wurde. In der Sendung wurde sie Leonie genannt.
Ich war anfangs leider etwas abgelenkt aber ich sah noch das sie ein Originalfoto einblendeten welches einen blutverschmierten Förster Hochsitz zeigte (anscheinend ist dort die Tat begangen wurden)- Nun mein Gedanke, gibt es in dem Wald in dem Inga verschwand solche Aussichtstürme und wenn ja wurden diese untersucht? Evtl. hat der Täter die Sendung gesehen und sich dadurch zu so einer Tat animiert gefühlt?

NavarroTorres schrieb:Nirgends steht geschrieben, von mir schon gar nicht, absolut jeder, der sich in einer ähnlich prekären Lage befindet wie die Leute im Wilhelmshof, lägen den ganzen Tag in der Ecke und schlössen sich ein. Meine Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass genau dies häufig, nicht immer, der Fall ist.

Und ich hatte dir geschrieben, dass ich andere Erfahrungen habe. Und nun?

NavarroTorres schrieb:Tausende Abstufungen von, wie du schreibst, "niedrigen IQs"???
Laut Klassifikation nach ICD10 (Stand WHO) existieren sechs verschiedene Formen der Intelligenzminderung, freilich keine 1000 oder gar 1000e!

Hätte ich Klassifikationen gemeint, hätte ich Klassifikationen geschrieben. Es gibt nicht nur tausende Abstufungen, sondern Millionen. Und - wie ich es auch erklärend dazu geschrieben habe - dabei ging es nicht um einen messbaren Zustand, sondern um Persönlichkeiten und Charaktere.

NavarroTorres schrieb:Das klingt mir zu sehr nach empirischer Realität. Für die Ausübung eines mitunter brillanten Verbrechens bedarf es nicht immer der Ausreizung sämtlicher mentaler Ressourcen - wie zum Beispiel einige Ärzte reine "Fachidioten" sind, so kann dies auch auf manche Verbrecher zutreffen - die ausgeklügelsten Verbrechen begehen, aber zu Blöd, den eigenen Namen richtig zu schreiben.
Anhand von Statistiken kann man nicht entscheiden, wer als Täter ausgeschlossen ist und wer in Frage kommt.

Was meinst du, was Profiler tun? Davon abgesehen bezog sich meine Annahme, dass der Täter die perfekte Chance für seine Tat auch geistig erfasst haben müsste, darauf, dass Täter mit niedrigem IQ sich dessen eben nicht bewusst sind. Deswegen machen sie mehr Fehler, da sie rein Impulsiv ihrem Trieb folgen.

NavarroTorres schrieb:Es könnte aber auch der einfache Schlag auf den Hinterkopf gewesen sein.
Gerade in Detailfragen zum Verhalten des Täters bewegen wir uns auf sehr dünnem Eis!

Ja, wir bewegen uns auf dünnem Eis. Übrigens alle. Sogar die Polizei, die ebenfalls noch im Dunkeln tappt. Warum ich von der geschickten Verführung eines Kindes geschrieben habe, bezog sich darauf, dass es scheinbar keine (Blut) Spuren und kein Aufsehen gegeben hat.

NavarroTorres schrieb:Abgesehen davon habe ich deinen Beitrag dann doch noch verstanden!

Das war überhaupt nicht böse von mir gemeint, ich wollte nur richtig stellen, dass deine Antwort etwas voraussetzte, was ich nicht gemeint hatte. Im Groben und Ganzen verstehen wir uns ja. Oder? ;)

@Dream-lia

Dream-lia schrieb:Am 27.04. - an dem Montag bevor Inga verschwand kam bei Anwälte der Toten der Fall der Maria Juhl - aus Haldensleben bei Magdeburg welche am am 3. November 1995 auf dem Weg zur Schule verschwand und später vergewaltigt und getötet aufgefunden wurde. In der Sendung wurde sie Leonie genannt.
Ich war anfangs leider etwas abgelenkt aber ich sah noch das sie ein Originalfoto einblendeten welches einen blutverschmierten Förster Hochsitz zeigte (anscheinend ist dort die Tat begangen wurden)- Nun mein Gedanke, gibt es in dem Wald in dem Inga verschwand solche Aussichtstürme und wenn ja wurden diese untersucht? Evtl. hat der Täter die Sendung gesehen und sich dadurch zu so einer Tat animiert gefühlt?

So weit ich weiß, wurde die Polizei von Jägern und Förstern beraten, die sich in der Gegend auskennen. Dabei ging es vorrangig um die Frage, ob Raubtiere das Kind angefallen haben könnten. (Man kann davon ausgehen, das Jäger da gern ihr Latain auspacken, um vielleicht einen Wolf schießen zu dürfen.)
Aber im Umkehrschluss wird das wohl bedeuten, dass in diesem Bereich Förster und Jäger unterwegs sind und dementsprechend Hochsitze haben. Genau weiß ich das nicht, aber der User Axolotl ist vor Ort gewesen und kann diesbezüglich vielleicht Angaben machen.

@Dream-lia

Dream-lia schrieb:Nun mein Gedanke, gibt es in dem Wald in dem Inga verschwand solche Aussichtstürme und wenn ja wurden diese untersucht?

Mit Sicherheit gibt es diese Hochsitze und das die untersucht wurden, davon müssen wir ausgehen. Es kommt zwar immer wieder vor das Vermisste dort gefunden wurden, wo die Einsatzkräfte bereits gesucht hatten, aber ich gehe jetzt mal davon aus. Ich hoffe es zumindestens.

Dream-lia schrieb:Evtl. hat der Täter die Sendung gesehen und sich dadurch zu so einer Tat animiert gefühlt?

Mit den Informationen die wir haben, können wir nur darüber spekulieren. Sicher gibt es Nachahmungstäter und Trittbrettfahrer, aber es fehlt im Fall Inga einfach die Tatmotivation.

Ich kann es mir kaum vorstellen, dass ein Täter ein Kind auf einen Hochsitz schleppt, um es dort zu vergewaltigen und dann auch noch umzubringen. Die Leitern sind doch manchmal recht wackelig, man kann umso eher gesehen werden, und letztendlich wird dann auch noch die Umgebung "beschallt" (sorry für den drastischen Ausdruck).

Die Spur die nach Berlin geführt hat ist ausgewertet

http://www.welt.de/regionales/sachsen-anhalt/article140737058/Spitzen-Kriminalist-leitet-Ermittlungsgruppe-zur-Suche-nach-Inga.html

Eine der Spuren führte in den vergangenen Tagen nach Berlin. Eine Zeugin aus Baden-Württemberg hatte angegeben, bei einem Besuch in der Bundeshauptstadt ein kleines Mädchen, auf das die Beschreibung passe, mit einem Mann gesehen zu haben. Nach Angaben von Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) konnten der Mann und das Kind ermittelt werden - allerdings handelte es sich nicht um Inga, sondern um die Tochter des Mannes.

@Summaimperii
Danke für die Info.

Summaimperii schrieb:allerdings handelte es sich nicht um Inga, sondern um die Tochter des Mannes.

Das war die wahrscheinlichste Theorie. Schade.

@Summaimperii

Muss jetzt nicht unbedingt etwas bedeuten, aber als ich den Artikel gelesen habe in der Welt, habe ich nachfolgend mal den Spitzen-Kriminalist gegoogelt "Kriminaldirektor Holger Herrmann"

Es kam nachfolgend sofort ein etwas älterer Artikel. Scheinbar ist Herr Hermann Spezialist bzgl. Ermittlungen im Pädophilenmilieu !

http://www.volksstimme.de/aboservice/volksstimme.de_newsletter/1272173_Hunderte-Paedophile-im-Netzwerk-vermutet.html (Archiv-Version vom 21.12.2014)

@Tamins
Muss jetzt auch nicht unbedingt etwas bedeuten, aber das würde im Bezug auf die Tatmotivation in eine eindeutige Richtung gehen.

http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/herrmann-uebernimmt-ermittlungen-im-fall-inga100_zc-a2551f81_zs-ae30b3e4.html (Archiv-Version vom 08.08.2015)

Dann brauchen wir -zumindest, was die Befragungen von Sexualstraftätern aus der Forensik in Uchtspringe und den ehemaligen Missbrauchstätern im Wilhelmshof betrifft- keine Bedenken haben, dass da jemand beim Verhör mit Samthandschuhen angefasst wird.

@S_C

S_C schrieb:Mit den Informationen die wir haben, können wir nur darüber spekulieren. Sicher gibt es Nachahmungstäter und Trittbrettfahrer, aber es fehlt im Fall Inga einfach die Tatmotivation.

Im Fall der Maria gab es auch keine Motivation, er hat sie am morgen auf dem Schulweg gesehen und spontan entschieden sie sexuell zu missbrauchen.

@Lowersaxony

Lowersaxony schrieb:Ich kann es mir kaum vorstellen, dass ein Täter ein Kind auf einen Hochsitz schleppt, um es dort zu vergewaltigen und dann auch noch umzubringen. Die Leitern sind doch manchmal recht wackelig, man kann umso eher gesehen werden, und letztendlich wird dann auch noch die Umgebung "beschallt" (sorry für den drastischen Ausdruck).

Auch hier - siehe oben, gab es schon einmal genau so eine Tat und der Mörder wurde erst 10 Jahre später überführt. Also man sieht schon das es möglich ist - unentdeckt eine solche Tat auf einem Hochsitz zu verüben!
Aber wie gesagt es war einfach ein Gedanke weil beide Mädchen aus der Nähe von Magdeburg sind und die Sendung eben unmittelbar zuvor ausgestrahlt wurde.