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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 16:14
Zitat von JagBlackJagBlack schrieb:... mir ist da in den Sinn gekommen, dass es die gesuchten Tastengeräusche nicht von Tasten herrühren,...
Es wurde von Schaltgeräuschen gesprochen, die natürlich auch von Drehschaltern stammen können. Der Begriff Taste entspringt dem Wunsch, es sei ein TK 248 gewesen. Viele Geräte bedienen auch mit geräuschlosen Tasten elektromechanische Vorgänge innerhalb des Geräts.
Ich kann mir nur vorstellen, dass es weder Tasten- noch Drehschalter waren sondern automatisch ablaufende, programmierte Schaltvorgänge. Mit manuellen Aktionen ist es nicht möglich, die Geräusche der Tätertonfolge mit der genügenden Präzision zu erzeugen.

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 16:48
Gestern Nacht ist mir plötzlich noch etwas durch den Kopf geschossen, etwas, das im Urteil irgendwie fehlt, bzw. was in dem ganzen Fall nicht vorkommt: Zigarettenstummel...
Ich weiß jetzt nur aus dem Urteil, dass Mazurek und seine Ehefrau zum Zeitpunkt der Verurteilung Raucher waren.
Sehr gut vorstellen kann ich mir, dass beide auch Anfang der Achtziger geraucht haben, ebenso gut kann ich mir das von Pfaffinger vorstellen. Alkohol und Zigaretten passen halt gut zusammen (vielleicht weiß das jemand?).
Ich gehe jetzt mal nur von mir selber aus, bin starker Raucher, jetzt stelle ich mir vor ich wäre Pfaffinger und würde tagelang allein im Wald ein Loch zu welchem Zweck auch immer graben: Spätestens nach jeder Stunde würde ich eine Zigarettenpause einlegen. Und als natürlicher Aschenbecher würde sich mir entweder das Loch oder der Aushub anbieten, klar dann natürlich mit Erde die Glut ausmachen.
Hat man eigentlich den Boden unter der Kiste ganz genau unter die Lupe genommen, hat man den Aushub richtig durchgesiebt?
Bei so einer Grabung könnten ja noch andere Spuren außer Zigarettenstummeln anfallen, man schneuzt sich z.B. und wirft das Taschentuch weg (ins Loch dann), man verletzt sich usw.
Als Raucher würde ich bei so einer anspannenden Situation wie einer Entführung auch ganz schlecht auf Zigaretten verzichten können...
Hmm, irgendwie fehlen Zigarettenstummel in dem ganzen Fall.

Leider wird man den Aushub nicht asserviert haben.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 17:52
Zitat von roberndrobernd schrieb:Im Zusammenhang mit wissenschaftlich-technischen Argumenten lässt sich vor Gericht kein Blumentopf gewinnen. Auch dann nicht, wenn sie präzise und 100 % schlüssig sind. Unter Anwendung der in diesem Urteil üblichen Logik und Betrachtungsweise würden kein Auto und auch kein Computer funktionieren. Wahrscheinlich gäbe es nicht einmal die Pyramiden. Juristen sind so sehr auf ihr Fachgebiet fixiert, dass sie technischen Argumenten nicht folgen können (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Ein beeindruckendes Plädoyer hältst Du da, ich kann Deiner Kritik weitgehend nur zustimmen. Möchte aber anmerken, dass Auto, Computer und Pyramiden ohne Juristen wohl nie entwickelt worden wären und auch nur funktionieren, weil es Beamte des Pharaos gab, die StVO oder das Datenschutz- und Internetrecht.

Bei Fällen wie hier haben Juristen nun mal das Problem, in angemessener Zeit und angemessenem Aufwand eine Entscheidung treffen zu müssen. So unvollkommen sie ist. Und juristische Entscheidungen sind nun mal per se unvollkommen und ungerecht. Aber es bleiben lassen ist auch keine Lösung.
Zitat von roberndrobernd schrieb:Auch bei Gutachten geht es kaum um Fakten sondern allein um das Rennomee eines Gutachters. Und dagegen haben Leute wie ich oder auch MH (2r2n) nicht die geringste Chance.
Ich glaube nicht, dass es das Renommee alleine ist. Sondern auch das Ergebnis, das der Gutachter vertritt. Passt es ins Schema, ins anvisierte Ergebnis? Und dann auch das Vertrauen. Luhmann sagt, "Vertrauen ist die Reduktion von Komplexität". Und ein Gericht, das vor einem Berg hochkomplexer Fragen steht, ist froh, wenn da jemand kommt und ihnen Orientierung bietet. Dann auch noch vom LKA, das ist eine sichere Bank.

Sich da noch einmal verunsichern zu lassen, alles, was im Kopf seit dem Eröffnungsverfahren bewusst und unbewusst an Meinungsbildung stattgefunden hat (ja, auch der Hund in der Gefriertruhe, egal ob er im Urteil auftaucht oder nicht entfaltet psychologisch seine Wirkung), das würde einen gewaltigen inneren Ruck, ja Zweifel erfordern. Und es ist nun mal so, dass Gerichte nicht Indizien wie Erbsen zählen, blind in eine Waagschale werfen und dann völlig unbeeinflusst erst am Ende entscheiden. Nein, man vertraut zum Beispiel darauf, dass StA und Polizei ordentlich gearbeitet haben und natürlich ist eine bestimmte Tendenz (von der man sich vielleicht frei zu machen versucht) von Anfang an in einer Geschichte drin.

Und ich behaupte, das ist mit dem Eröffnungsbeschluss ( = Verurteilung ist überwiegend wahrscheinlich) der Fall. Da geht doch kein Gericht dann am ersten Tag in den Saal und denkt sich "Kann sein, kann aber auch nicht sein.", sondern eher mit "Der wird es schon gewesen sein, jetzt sehen wir mal, ob sich das auch bestätigt." Und es ist auch so, dass ein Gericht mit einem bestimmten Ziel verfahrensmäßig ziemlich viel lenken kann. Das ist dann alles sachgerecht, wieder geprägt durch die Vorüberzeugung vor dem Urteilsspruch. Die Ablehnung von Beweisanträgen zeigt das sehr schön (siehe Zahnbissgutachten LG Aschaffenburg).


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 18:20
Zitat von monstramonstra schrieb:Da geht doch kein Gericht dann am ersten Tag in den Saal und denkt sich "Kann sein, kann aber auch nicht sein.", sondern eher mit "Der wird es schon gewesen sein, jetzt sehen wir mal, ob sich das auch bestätigt."
Hat aber so im Fall der Ehefrau Mazurek anscheinend nicht funktioniert. Und im Fall Lübcke bleibt abzuwarten, ob das beim Mitangeklagten Markus H. auch so klappt :-)

Und überhaupt erwischen Gericht, ganz selten natürlich nur, und ganz ausnahmsweise, den Richtigen. Ist dann aber mehr Glückssache, klaro.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 18:22
Zitat von roberndrobernd schrieb:Hier ein kurzer Auszug, damit ihr einen Eindruck gewinnt, wie tief der Mann eingstiegen ist:
Gut, aber das Argument ist nun auch laienverständlich: Je nachdem welches Mikrofon auf welchen Lautsprecher (Hoch- oder Tieftöner) gerichtet ist, wird die Aufnahme dumpfer oder klarer.

Wenn man nicht weiß, wie das Verhältnis Lautsprecher zu Mikro war, kann man aus der Frequenz der Aufnahme nicht oder nur schwer auf die Tonkopfjustierung schließen. Ich würde sogar behaupten: Das geht nicht, wenn dieser Transfer unbekannt ist.

Aber ich habe mich auch bei einem Blick auf das (unveröffentlichte) Tonbandgutachten sofort gefragt: "Ist das alles? Wie soll das gehen?", war aber natürlich schon vorab sensibilisiert und sehr skeptisch. Das sah mir sehr nach Fake-Science aus. Da hat vielleicht jemand seine Fähigkeiten überschätzt oder die Auswirkungen des fehlenden Wissens über Transfers und weitere unbekannte Geräte unterschätzt. Oder da wollte jemand seinen Beitrag dazu leisten, dass ein fieser Kindesentführer dran kommt.

Und Richter, die immer dankbar sind für Komplexitätsreduktion, waren ebenfalls sehr dankbar. Denn ohne Gutachten, darauf wurde mehrmals hingewiesen, hätte es wohl nicht für eine Anklage gereicht. Sonst hätte man sie schon längst erhoben gehabt (allerdings war Mazureks echte oder vermeintliche Lüge über den Tonbandkauf natürlich auch eine zusätzliche Belastung).


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 18:27
Zitat von AndanteAndante schrieb:Hat aber so im Fall der Ehefrau Mazurek anscheinend nicht funktioniert.
Natürlich geht das Gericht auch nicht mit einer Nibelungentreue in den Gerichtssaal, dass Abweichungen nicht passieren können. Oder mit anderen Worten: Frau Mazurek anzuklagen war jetzt nicht gerade überzeugend, man hätte sie wohl besser weggelassen.

Bei H. hat sich einfach im Prozess durch die vielen wechselnden Aussagen E.s sehr viel getan. Das Gericht wusste auch, dass es gegen H. keine forensischen Beweise gibt. Da war man mit Sicherheit offener. Aber da kann ich jetzt auch nicht abschätzen, ob er freigesprochen wird oder nicht.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 18:40
Zitat von roberndrobernd schrieb am 23.12.2020:Wann KP was gesagt hat, steht nicht im Urteil sondern in den Vernehmungsprotokollen. 270 Seiten Protokolle hat das Gericht auf ca. 50 Seiten komprimiert. Aber das werden wir sehen, wenn auch euch die Protrokolle vorliegen. Im Urteil zumindest steht erst naturfarben (S. 132) und später hell (S. 150).

Was wolltest du damit eigentlich sagen? Wurde doch korrekt wiedergegeben. P. sagte am 26.02.82 "hellfarben" und erst später, am 09.03.82, sprach er von "naturfarben", die Reihenfolge war also genau wie ich geschrieben hatte und ganz präzise wird es auch im Urteil auf Seite 132 so wiedergegeben.
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Meine Frage dazu wäre, warum ein auch ohne TK "wasserdichter" Fall nicht bereits 1982 angeklagt wurde? Denn die anderen Indizien gegen Mazurek waren ja damals alle vorhanden.
Zitat von PalioPalio schrieb:Wann meldete sich eigentlich der "Aumühlenzeuge" mit dem VW Käfer?
@ErwinKöster
Da du nicht antwortest, ich es nicht nachprüfen kann, aber du die Möglichkeit dazu hast, stelle ich jetzt einfach eine Behauptung auf: Der Aumühlenzeuge kam später hinzu.
Dann fand sich noch das TK 248 als Beiwerk, wurde freundlicherweise von Mazurek mit viel Mühe extraverdächtig gestaltet und es addierten sich die abgehörten Gespräche dazu, bei denen alle (!) Beteiligten eine etwas zu große Identifizierung mit der Rolle des völlig zu Recht Tatverdächtigen zeigten. Damit konnte der Sack zugemacht werden.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 18:46
Zitat von dundee10dundee10 schrieb:Hmm, irgendwie fehlen Zigarettenstummel in dem ganzen Fall.
Da gab es mal diese Info, habe aber keine Quelle gesehen:
Zitat von JagBlackJagBlack schrieb am 29.08.2018:Am Ende des Klingeldrahtes wurden neben den Zigarettenstummeln auch mehrere Fußabdrücke gefunden. Die Info stammt mMn aus der Zeitung.

JagBlack



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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 19:00
Man muss sich mal davon frei machen, dass das Gericht ein gesteigertes Interesse daran hätte, einen Unschuldigen zu verurteilen. Wie mal in einem anderen Thread eine Diskutantin, die bei einer Strafverfolgungsbehörde arbeitet, schrieb, hat auch die StA keinerlei Interesse daran, Unschuldige anzuklagen. Da wird im Regelfall schon genau hingesehen. Man darf auch eine gewisse Art von Distanz bzw. professioneller Routine bei der Herangehensweise an einen Fall nicht übersehen. Mit fehlender Empathie hat das nichts zu tun, auch ein Verteidiger - oder Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge oder Psychologe - braucht für seinen Job professionelle Distanz, sonst kann er ihn nicht machen.

Für einige User hier hat speziell dieser Fall - aus jeweils verschiedenen Gründen - eine hohe Bedeutung, da ist auch emotionale Verstrickung dabei. Wer sonst nicht mit solchen Fällen zu tun hat, neigt dann vielleicht dazu, anzunehmen, eine solche emotionale Verstrickung müsse jeweils auch bei einem Gericht da sein. Das ist aber - gottlob - nicht die Regel.

Das Gericht geht auch nicht unbedingt mit einer vorweggenommenen Beweiswürdigung in die Hauptverhandlung nach dem Motto „Und wenn die Ehefrau als Zeugin kommt und dem Angeklagten, ihrem Mann, ein Alibi gibt, ist das sowieso nichts wert, der Alten wird man nichts glauben können, brauchen wir gar nicht hinzuhören“.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 19:12
Zitat von PalioPalio schrieb:Da du nicht antwortest, ich es nicht nachprüfen kann, aber du die Möglichkeit dazu hast, stelle ich jetzt einfach eine Behauptung auf: Der Aumühlenzeuge kam später hinzu.
Dann fand sich noch das TK 248 als Beiwerk, wurde freundlicherweise von Mazurek mit viel Mühe extraverdächtig gestaltet und es addierten sich die abgehörten Gespräche dazu, bei denen alle (!) Beteiligten eine etwas zu große Identifizierung mit der Rolle des völlig zu Recht Tatverdächtigen zeigten. Damit konnte der Sack zugemacht werden.
Ich halte es auch für möglich, dass sich irgendwann ein engagierter Staatsanwalt hingesetzt und sich alte ungelöste Fälle mitsamt den zugehörigen Akten vorgenommen hat. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass so ein Altfall, nachdem zunächst alle Ermittlungen erfolglos blieben und die Akten jahrelang vor sich hin schlummerten, wieder zum Leben erwachte.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 19:22
Zitat von AndanteAndante schrieb:Man muss sich mal davon frei machen, dass das Gericht ein gesteigertes Interesse daran hätte, einen Unschuldigen zu verurteilen. Wie mal in einem anderen Thread eine Diskutantin, die bei einer Strafverfolgungsbehörde arbeitet, schrieb, hat auch die StA keinerlei Interesse daran, Unschuldige anzuklagen.
Das hat aber auch niemand behauptet. Und ich schon gleich gar nicht.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das Gericht geht auch nicht unbedingt mit einer vorweggenommenen Beweiswürdigung in die Hauptverhandlung nach dem Motto „Und wenn die Ehefrau als Zeugin kommt und dem Angeklagten, ihrem Mann, ein Alibi gibt, ist das sowieso nichts wert, der Alten wird man nichts glauben können, brauchen wir gar nicht hinzuhören“.
Auch das hat niemand behauptet.

Natürlich würden die Richter nicht verurteilen, wenn sie einen klaren Entlastungsbeweis auf den Tisch haben. Aber wer behauptet, er oder ein Richter könne sich von psychologischen Wirkungen absolut frei machen, die davon ausgehen, dass er im Eröffnungsbeschluss einen hinreichenden Tatverdacht bejaht hat (d.h. eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung angenommen hat), der lügt sich doch in die eigene Tasche.

Natürlich wirkt dieser Verdacht und auch der Erfahrungssatz, dass fast nie freigesprochen wird, auf das Gericht als sich selbst erfüllende Prophezeiung ein. Denn die Vermeidung eines Freispruchs ist in Gerichten durchaus ein Argument. Denn wenn es gut gearbeitet hat, gibt es eine Verurteilung. Nicht bewusst im Sinne eines klaren Imperativs. Das ist eine subtile psychologische Wirkung, die nicht dadurch aufgehoben wird, dass man sie negiert. Weil Richter Menschen sind.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 19:41
Zitat von monstramonstra schrieb:Denn die Vermeidung eines Freispruchs ist in Gerichten durchaus ein Argument. Denn wenn es gut gearbeitet hat, gibt es eine Verurteilung. Nicht bewusst im Sinne eines klaren Imperativs. Das ist eine subtile psychologische Wirkung,
Ich weiß nicht, woher du deine Weisheiten hast. Aus eigener richterlicher Erfahrung ganz sicher nicht.

Ein Richter gibt sich selbst kein Bienchen für ein bestimmtes Ergebnis, hier für eine Verurteilung, oder im Zivilprozess dafür, dass der Kläger gewinnt. Da strömen keine Glückshormone durchs richterliche Gehirn.

Ein Richter will anständige und saubere Arbeit machen. Der Weg ist das Ziel. Ziel ist, auch wenn das schwer vorstellbar für einige sein mag, nicht ein bestimmtes Ergebnis. Das ist sehr, sehr anders als bei der hiesigen Diskussion, wo für viele von Anfang an feststeht „Mazurek darf es auf keinen Fall gewesen sein, nur unter dieser Prämisse diskutieren wir und betrachten wir jedes Indiz, jede Aussage“.

Und wenn im Strafprozess ein Freispruch herauskommt und im Zivilprozess die Klage abgewiesen wird, sprich der Beklagte gewonnen hat, und dieses Ergebnis auf sauberer, gesetzmäßiger Arbeit beruht und „gerecht“ ist, ist das für ein Gericht vollkommen in Ordnung, egal wie am Ende dieses Ergebnis ausgefallen ist. Nicht mal das Argument, dass ein bestimmtes Ergebnis für das Gericht weniger Arbeit bedeutet (DAFÜR könnten Richter schon ein bissle empfänglich sein, wenn sich im Zimmer die Akten stapeln), zählt da.

Arbeit hat das Gericht mit dem schriftlichen Urteil so oder so. Ein Freispruch muss genau so gut und genau so sorgfältig im schriftlichen Urteil begründet werden wie eine Verurteilung, da bei Freispruch die StA natürlich Revisionsmöglichkeit hat. Und im Zivilurteil muss jeweils gleich sorgfältig begründet werden, warum die Klage abgewiesen wurde oder warum der Beklagte verloren hat.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 20:20
Zitat von PalioPalio schrieb:Da du nicht antwortest, ich es nicht nachprüfen kann, aber du die Möglichkeit dazu hast, stelle ich jetzt einfach eine Behauptung auf: Der Aumühlenzeuge kam später hinzu.
Vielleicht schlägst du in naher Zukunft mal einen etwas anderen Ton an? Und liest dir mal das Urteil sorgfältig durch bevor du hier Fragen stellst? Mehr als dort steht weiß ich nämlich leider auch nicht.

Auf vielfachen Wunsch habe ich das zweiseitige Gutachten des Gärtnermeisters bezüglich Spaten und Baumabschnitte ins wiki gestellt.
Zitat von dundee10dundee10 schrieb:Hat man eigentlich den Boden unter der Kiste ganz genau unter die Lupe genommen, hat man den Aushub richtig durchgesiebt?
Diese Frage muss leider mangels Quelle offen bleiben.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 20:37
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Auf vielfachen Wunsch habe ich das zweiseitige Gutachten des Gärtnermeisters bezüglich Spaten und Baumabschnitte ins wiki gestellt.
Danke für die Information.
Die Ortsbegehung wurde aber wohl erst über ein Jahr nach der Entführung (26.11.82) durchgeführt.
Meine, dass Wurzeln in dieser Zeitspanne ganz schön nachwachsen können...
Interessant für mich: Der Gärtnermeister meint, die Grube könnte in 3 Stunden von einem körperlich fitten Mann ausgehoben worden sein.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 20:52
Zitat von dundee10dundee10 schrieb:Interessant für mich: Der Gärtnermeister meint, die Grube könnte in 3 Stunden von einem körperlich fitten Mann ausgehoben worden sein.
Ja, aber seiner Meinung nach mit einem Pickel und ohne Spaten. Ich tippe auf Pickel und abgebrochene Schaufel.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 20:53
Zitat von dundee10dundee10 schrieb:Interessant für mich: Der Gärtnermeister meint, die Grube könnte in 3 Stunden von einem körperlich fitten Mann ausgehoben worden sein.
Ja, aber seiner Meinung nach mit einem Pickel und ohne Spaten. Der Spaten P.s wurde also nicht verwendet. Ich tippe auf Pickel und abgebrochene Schaufel.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 20:55
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ich weiß nicht, woher du deine Weisheiten hast. Aus eigener richterlicher Erfahrung ganz sicher nicht.
Wenn die eigene richterliche Erfahrung der Maßstab wäre, wäre sie vermutlich recht subjektiv. Deshalb gibt es entsprechende rechtspsychologische Studien, die auf Selbstauskünften von Richtern beruhen. Ich will da kein neues Fass aufmachen, deshalb nur exemplarisch ein Aufsatz aus der Schweiz (Archiv-Version vom 02.12.2021). Und dann gibt es nicht nur Richter, die Sachverhalte ermitteln und unter Normen subsumieren. Sondern auch andere Berufe, in denen man sehr wohl bei kritischer Selbstreflexion merkt, wie man dem einen oder anderen Einfluss auf den Leim geht. Wer das für sich ausschließt, der lügt sich eben in die eigene Tasche.
In der psychologischen Forschung wird u.a. untersucht, warum Richter und Richterinnen in ähnlichen Fällen zu unterschiedlichen Urteilen kommen bzw. warum sich in bestimmten Fällen die Zivilurteile oder die ausgesprochenen Strafzumessungen deutlich unterscheiden, obwohl die Sachverhalte und die gesetzlichen Bestimmungen gleich oder sehr ähnlich sind. (...)

Doch das Ergebnis der Entscheidung ist nicht allein von rechtlichen Aspekten abhängig, sondern wird auch von zahlreichen psychologi- schen, sozialpsychologischen und soziologischen Aspekten beeinflusst: Unter den psychologischen Einflussgrössen sind die kognitiven Effekte, wie z.B. die Bestätigungstendenz ("confirmation bias"), zu betonen. Bestätigungstendenz meint, dass eine Person versucht ihre erste Arbeitshypothese beizubehalten, in- dem sie neue Informationen vor diesem Hintergrund sucht, wahrnimmt und interpretiert. Bei dem Hofeffekt wird von einzelnen Merkmalen einer Person fälschlicherweise auf andere Eigenschaften geschlossen. So werden freundliche Personen eher als kompetent, ehrlich oder fleissig gesehen. Als Primäreffekt ("primacy effect") wird der oft entscheidende erste Eindruck bezeichnet.40 Der "Rezenzeffekt" ("recency effect") dagegen zeigt, dass das zuletzt Gehörte für die Entscheidung bestimmend ist, da dies noch frisch im Gedächtnis ist.
Quelle: s.o.


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02.01.2021 um 21:14
@ErwinKöster Danke. Damit ist das hier widerlegt:
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb am 12.12.2020:Es gibt ein weiteres Gutachten, und zwar eines in dem der Sachverständige nachweist dass beim Graben des Lochs kein Spaten verwendet worden sein kann, da die Wurzeln im Erdreich nicht so charakteristisch abgestochen waren wie es bei Verwendung eines solchen Werkzeuges der Fall ist. Und wenn kein Spaten verwendet wurde müssen P.s Spatenfahrten einem anderen Zweck gedient haben
Das steht da auch nicht:
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Der Spaten P.s wurde also nicht verwendet
Ein "Gutachten" ist das nicht, sondern eine Ortsbegehung mit einem Baumschulmeister, der Stellung nimmt.

Im oberen Bereich kann nach Meinung des anwesenden Baumschulmeisters ein Pickel verwendet worden sein. Das ist alles.

Von diesem und/oder weiteren gehörten Zeugen wurde dann (vetmutl. in der mündlichen Verhandlung) ausgesagt, dass ein Spaten geeignet war, was das Gericht hier zitiert hat:

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(Urteil S. 148)

Es gibt, wie ich vermutet habe, kein Gutachten, mit dem ein Spaten als Werkzeug zum Ausheben dieser Grube ausgeschlossen wurde.
Selbstverständlich kann hier also ein Spaten benutzt worden sein und zwar von K. Pfaffinger.

P.. hat ausgesagt, dass M. einen Pickel haben wollte und sich den wohl irgendwie beschafft hat. Da wurde also zuerst ein Pickel benutzt und später hat Pfaffinger dann mit dem Spaten weitergemacht.
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Mehr als dort steht weiß ich nämlich leider auch nicht.
Ich bin immer davon ausgegangen, dass du Zugriff auf die Akten hättest, ist das falsch?

Dann werden wir es nicht belegen und nicht widerlegen können, es wäre aber eine Antwort auf deine Frage:
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Meine Frage dazu wäre, warum ein auch ohne TK "wasserdichter" Fall nicht bereits 1982 angeklagt wurde? Denn die anderen Indizien gegen Mazurek waren ja damals alle vorhanden.
Antwort: Der Aumühlenzeuge kam später hinzu und schaffte den Ortsbezug der Spatenfahrten von KP zum Kistenstandort - damit war kein Zweifel mehr möglich, dass dieser dort im Wald das Loch gegraben hat, wie er es aussagte.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

02.01.2021 um 21:26
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ein Richter gibt sich selbst kein Bienchen für ein bestimmtes Ergebnis, hier für eine Verurteilung, oder im Zivilprozess dafür, dass der Kläger gewinnt. Da strömen keine Glückshormone durchs richterliche Gehirn.
Auch das habe ich nicht behauptet. Die Auswirkungen der von mir geschilderten Einflüsse geschehen ja nicht mit Absicht, sondern ungewollt.

Hier noch ein Bericht über eine weitere Studie, in der es v.a. um die Strafzumessung geht.


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02.01.2021 um 21:29
Zitat von PalioPalio schrieb:Ein "Gutachten" ist das nicht, sondern eine Ortsbegehung mit einem Baumschulmeister, der Stellung nimmt.
"Falsa demonstratio non nocet". Unsere Juristen werden wissen was das heißt.

Na das klingt ja mal nicht unschlüssig, allerdings zählst du leider 2 und 2 zusammen und kriegst 6 raus. Überdies ist der Aumühlenzeuge leider kein TK 248, sondern eben nur eine Zeugenaussage. P könnte theoretisch auch aus der am Weingarten vorbeiführenden Gießübler Strasse gekommen sein, da diese ebenso in die StStr 2055 einmündet. Kannst du das ausschließen?


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