Dieser kurze Exkurs sei mir gestattet.
rhapsody3004 schrieb:Es gibt nun mal extrem gestörte besitzdenkende, eifersüchtige, neidische Menschen da draußen und die auch bis zum Äußersten bereit wären zu gehen oder in der Vergangenheit schon gegangen sind.
Und wenn ich hier im Forum mitlese habe ich den Eindruck, dass für den ersten Teil sozusagen aus eigener Gefühlserfahrung sehr viel Verständnis aufgebracht wird. So viel, dass mich das irritiert, dass das anscheinend für nicht nur "normal", sondern auch noch für weitverbreitet erachtet wird. Das mag vielleicht sogar so sein. Dass man das nicht entsetzt feststellt, irritiert mich dabei noch mehr.
Du schreibst es ja selbst über Dich:
rhapsody3004 schrieb:Ich hätte selbst bei Vertrauen trotzdem immer ein ungutes Gefühl, würde ich wissen, dass meine Freundin/Partnerin mit ihrem Ex zusammenwohnen würde. Auch dann, wenn der Ex schon wieder vergeben wäre.
Ein ungutes Gefühl würde immer bleiben und so würde es denke ich vielen Menschen ergehen
In meinen Breitengraden würde ich genau eine solche "ungute Gefühlslage" als extremes Misstrauen (man kann entweder vertrauen oder nicht. Man kann nicht vertrauen und dann doch irgendwie misstrauen) bewerten. Was sagt das über mich und meine Beziehung und vor allem über meinen Partner, wenn ich diesem im- und explizit unterstelle, auf jeden Mann zu springen, springen zu wollen oder sich dazu verführen zu lassen, weil er halt ein Zimmer weiter schläft. Und das gilt für beide Geschlechter und alle dazwischen und darüber hinaus. Was ist das für ein Menschenbild, dass darauf beruht, dass Menschen an sich ihre Hormone nicht im Griff haben, besonders wenn sie jemandem über den Weg laufen, mit dem sie schonmal in der Kiste waren. Ist das eine Selbstprojektion, weil man das selbst so denkt oder denkt, dass man das selbst so machen würde, wenn sich die Gelegenheit böte? Ich frage das ganz ernshaft, ich verstehe das nicht.
Dieses "ungute Gefühl" würde ich als eine Störung der eigenen Persönlichkeitsentwicklung, um nicht zu sagen, als nicht besonders erwachsen bezeichnen. Ob das dann gleich "extrem gestört besitzdenkend, eifersüchtig und neidisch" ist, weiß ich nicht. Wenn die Betonung auf "extrem" ist, wahrscheinlich eher nicht. Ansonsten sehe ich da keinen Unterschied, wenn das "ungute Gefühl" genau eben auf Besitzdenken (die/den darf keiner anfassen, das gehört mir), Eifersucht (der wird sie bestimmt anfassen oder sie ihn) und Neid (der/die hat was, was ich nicht habe, was ich aber haben will, die Möglichkeit immer und jederzeit anzufassen und/oder überhaupt cool und reflektiert mit Gefühlen umzugehen) beruht. Das sind alles drei keine Punkte, die dafür sprechen, dass wir es hier mit einem gesunden Selbstbewusstsein zu tun haben.
Und, um nicht falsch verstanden zu werden, Eifersucht ist völlig ok, kann sich auch niemand von freisprechen, wer das behauptet, der lügt sich etwas vor. Der Punkt ist aber eben nicht die Eifersucht an sich, sondern worauf diese Eifersucht beruht und was man mit ihr macht. Wenn ich den Eindruck habe, mein Partner geht mir fremd, sobald ich auch nur den Rücken drehe, dann hat das in den meisten Fällen wenig mit meinem Partner zu tun, und umso mehr mit mir.
Und, um den Bogen wieder zurück zu bekommen: Wenn ein Täter, dem wir das unterstellen, da gehe ich ja ein stückweit mit, ihm eben diese extremen Störungen in der Persönlichkeitsentwicklung attestieren, die ihn von den ganz normalen Menschen abheben, die zwar "ungute Gefühle" haben, dafür aber eher nicht töten würden (die Zahl der Femizide ist allerdings enorm hoch), dann ist der aufgefallen. Irgendjemandem. Der hat ja nicht mal im Ansatz die Möglichkeit, eine gesunde Beziehung zu Menschen aufzubauen.