Hallo zusammen,
ich bin hier im Forum – und insbesondere in diesem Thread – seit etwa März/April 2019 stiller Mitleser.
Dieser Fall beschäftigt mich – wie sicherlich viele andere Menschen auch – schon lange, was auch persönliche Gründe hat. Ich wohne im östlichen Berlin und war häufig in der Gegend um Storkow unterwegs, wo man Rebeccas Leiche vermutet. Jedes Mal, wenn ich wieder dort bin, denke ich an Rebecca und frage mich, ob sie wirklich in dieser meiner Meinung nach sehr idyllischen Gegend – irgendwo im Wald oder in einem See – einfach wie ein totes Tier verscharrt wurde. Es macht mich unendlich traurig, dass ein Mensch einfach aus dem Leben verschwinden kann, ohne dass man selbst fast sieben Jahre später den genauen Grund kennt.
Viele Themen, die hier bereits ausführlich diskutiert wurden – die nachweislich falsch sind, nie bestätigt wurden oder aus unseriösen Quellen stammen – tauchen leider immer wieder auf. Das finde ich persönlich sehr schade, da es das Verfolgen des Threads erschwert. Deshalb möchte ich mich ausschließlich an die bekannten Fakten halten.
Mich beschäftigen derzeit insbesondere folgende Punkte. Falls sie bereits diskutiert oder geklärt wurden, bitte ich um Entschuldigung – vielleicht könnt ihr trotzdem etwas dazu sagen:
1. Die zweite Fahrt auf der A12 am Abend des 19.02.
Nachweislich war Florian am Abend des 19. Februar noch einmal spät auf der A12 unterwegs (zweite KESY-Fahrt). Ich frage mich bis heute, wie er diese Fahrt gegenüber der Familie begründet hat – oder ob sie überhaupt bemerkt wurde.
Angenommen, Jessica und ihre damals zweijährige Tochter schliefen bereits – was aufgrund der Uhrzeit wahrscheinlich ist (Florian muss spätestens gegen 21 Uhr losgefahren sein, wenn er vom Maurerweg oder auch vom Flurweg startete) – dann haben sie es womöglich gar nicht mitbekommen.
Da alle besorgt wegen Rebeccas Verschwinden waren, könnte aber auch sein, dass sich viele Familienmitglieder bei Familie Reusch aufhielten. In diesem Fall hätte Florians Abwesenheit auffallen müssen – es sei denn, er hatte einen plausiblen Grund genannt. Doch welcher soll das sein? Dazu gab es hier schon genügend Diskussionen, mir jedenfalls fält einfach kein Grund ein, der die Fahrt erklären kann.
Ich gehe davon aus, dass Jessica von den Ermittlern genau zu diesen Punkten befragt wurde. In der RTL-Dokumentation von 2021 (
https://www.stern.de/panorama/verbrechen/doku--der-fall-rebecca-reusch---was-geschah-mit-unserer-tochter--36149224.html) wurde erwähnt, dass die Ermittler bei ihr laut geworden seien.
So oder so fällt es mir schwer zu glauben, dass Florians zweite Fahrt der Familie völlig verborgen blieb. Sollte sie es doch bemerkt haben, muss es ihnen zumindest merkwürdig vorgekommen sein – denn einen nachvollziehbaren Grund für eine nächtliche Fahrt gibt es für mich nicht, während alle anderen verzweifelt zu Hause saßen.
2. Mögliche Kampfspuren und Jessicas Verhalten
Sollte es Kampfspuren an Florian gegeben haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Jessica diese am Abend, am nächsten oder übernächsten Tag bemerkt hätte. Dass die Ermittler bei der ersten Festnahme keine mehr sahen, wäre nachvollziehbar.
Ich finde generell, dass Jessicas Aussagen über ihren Ehemann sehr zurückhaltend sind. Es wirkt auf mich, als wolle sie lieber gar nichts sagen, um sich in keinem Detail zu verplappern – etwa bei möglichen Kratzern am Körper ihres Mannes oder bei der Fahrt am Abend des 19.02. Stattdessen betont sie immer wieder ihr Ehegelöbnis.
Das ist psychologisch verständlich, lässt mich aber in ihrer Art daran zweifeln, dass sie überhaupt kein Zweifel an seiner Unschuld hat.
In der Doku beschrieb Jessica Florians Verhalten nach Rebeccas Verschwinden als verhalten und in sich gekehrt (oder ähnlich). Das muss nichts heißen, doch so wie sie es sagte, klang es, als wäre ihr eine Veränderung seines Verhaltens aufgefallen – also eine Abweichung vom sonstigen Verhalten oder dem der anderen Familienmitglieder.
3. Fehlende Angaben zu Rebeccas Gegenständen
Es ist bekannt (auch laut Themen-Wiki), dass mit Rebecca eine Sofortbildkamera und ihr iPhone 6 verschwunden sind.
Auf der aktuellen Seite der Berliner Polizei zu dem Fall werden diese Gegenstände jedoch nicht erwähnt. Weiß jemand, warum? Wurde zu Beginn der Fahndung nach diesen Dingen gesucht? Und falls ja – hat die Polizei sie womöglich gefunden?
4. Florians Handy bei den Twingo-Fahrten
Ob Florian bei den Fahrten mit dem Twingo sein Handy dabei hatte, ist – soweit ich weiß – nicht öffentlich bekannt.
Wenn er es nicht mitgenommen hat, wäre das gerade am Abend des 19.02. ungewöhnlich.
Hatte er es jedoch dabei, muss die Polizei ziemlich genau gewusst haben, wo er sich befand.
Dann stellt sich mir die Frage, warum den KESY-Fahrten (zumindest der am 19.02.) eine so große Bedeutung beigemessen wurde. Die Polizei hätte das Suchgebiet anhand der Handydaten doch deutlich eingrenzen können – oder?
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Ich bin ein Verfechter von Ockhams Rasiermesser:
Je mehr Annahmen und Hypothesen eine Theorie erfordert, desto unwahrscheinlicher wird sie. Die einfachste Erklärung mit den wenigsten Variablen ist meist die plausibelste.
Ich denke, die Ermittler sehen das ähnlich. Es wird immer wieder betont, dass es keine Hinweise auf andere Täter gibt – außer Florian. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass sich die Ermittlungen auf ihn konzentrieren, solange nichts Entscheidendes dagegenspricht.
Das wiederholte Konstruieren alternativer Theorien, warum er es *nicht* gewesen sein kann, halte ich daher für wenig sinnvoll.
Denn was sind die bekannten Fakten?
1. Rebecca und ihre Gegenstände sind seit dem 18. Februar verschwunden.
2. Florian war der Einzige im Haus, als Rebecca am Morgen des 18. verschwand.
3. Florian unternahm am 18. und 19. Februar Fahrten nach Brandenburg, für die er keine plausible Erklärung geben konnte.
4. Florian machte gegenüber der Polizei widersprüchliche Angaben zum Morgen des 18.02.
Die Liste der Ermittler wird deutlich länger sein, bzw. Ermittler verfügen über deutlich mehr Informationen und können sich ein weit besseres Bild der Ereignisse machen als wir.
Sie sind, gemäß wiederholter Aussagen der Staatsanwaltschaft, überzeugt, dass Rebecca das Haus nicht lebend verlassen hat – was logisch darauf schließen lässt, dass sie tot ist und Florian mit hoher Wahrscheinlichkeit für ihr Verschwinden (und ihren Tod) verantwortlich ist.
Gleichzeitig scheint es bislang keine ausreichenden Beweise für eine eindeutige Täterschaft zu geben – also keine DNA, Tatwaffe, Fingerabdrücke, Fuß- oder Reifenspuren. Vielleicht existieren weitere einzelne Indizien, aber nichts, das den Verdacht auch vor Gericht zweifelsfrei belegen würde.
Ob es sich nicht vielleicht ganz anders zugetragen hat? Ob nicht eine Aneinanderkettung von Zufällen und besonderen Umständen dazu geführt hat, dass Rebecca das Haus lebend verlassen hat doch niemand vermag sie aufzuspüren? Ob es doch einen anderen Täter gab, der das perfekte Verbrechen praktiziert hat? Ich will das nicht ausschließen und die Polizei wird das auch nicht tun. Doch man muss sich an die Fakten halten und das tun die EB meines Erachtens.
Solange es keine stichhaltigen Beweise, kein Geständnis oder neue belastende Aussagen gibt, wird es vermutlich auch in naher Zukunft keine Anklage geben – sonst wäre sie längst erfolgt.
Indizienprozesse sind zwar möglich und wurden auch schon geführt, aber sie bergen für die Ermittler ein hohes Risiko.
Als letzte Möglichkeit könnte ich mir vorstellen, dass die Polizei verdeckte Ermittler in Florians Umfeld einschleust, um eine Aussage zu provozieren – ähnlich wie im Fall "Georgine Krüger", die 2006 in Berlin-Moabit am helllichten Tag verschwand.
Auch dort gab es keine klaren Spuren, keine Tatwaffe und keine Leiche. Erst 14 Jahre später wurde Ali K. aufgrund der Arbeit verdeckter Ermittler zu lebenslanger Haft verurteilt.