behind_eyes schrieb:Kannst du dir ein Tatszenario vorstellen indem man ohne Leiche sicher ist, daß der Mensch in diesem Haus gestorben ist und eben nicht nur "nach aller Wahrscheinlichkeit".?
Ich denke, hier wird es um die Gesamtschau gehen (nicht um ein Szenario) und versuche, diese Gesamtschau an dieser Stelle zusammen zu fassen - soweit sie uns bekannt ist:
1. Fehlende Hinweise auf ein freiwilliges Verlassen:
- Kein Lebenszeichen mehr (Telefon, Social Media, Bankkarte, ÖPNV).
- Keine entsprechende Kleidung, Schuhe oder Tasche mitgenommen (Unterwäsche/"Wechselwäsche").
- Keine Kameraaufnahmen, keine bestätigte Sichtung.
Bei einem angeblichen freiwilligen Weggehen hinterlässt man Spuren. Hier: Null.
2. Digitale Spuren passen nicht zu einem freiwilligen Weggehen:
- Handy bleibt im WLAN, dann plötzlich offline (spekulativ: gemeinsam mit Fs Handy aus dem WLAN entfernt - wäre absolut auffällig, wenn er gleichsam behauptet, R nicht gesehen zu haben).
- Keine Bewegung Rs Telefons in Mobilfunkzellen.
- Kein Login bei Snapchat, WhatsApp, Instagram etc.
Das ist typisch für Tötungsdelikte im Nahraum, nicht für Ausreißerfälle.
3. Zeitfenster & Aussagen:
- Letzte nachweisbare Aktivität im Haus.
- Nur 1 erwachsene Person im relevanten Zeitraum im Haus.
- Widersprüche in früheren Aussagen, Reaktionen, Verhalten des Verdächtigen.
Wenn nur zwei Menschen im Haus sind – und einer verschwindet spurlos – ist das ein klassischer Red Flag-Fall.
4. Bewegungs- & Telefondaten des Verdächtigen:
- Ungewöhnliche Autofahrten zur fraglichen Zeit
- Spekulativ: Telefonbewegungsdaten, die nach Tatzeiten „Bereinigungen“ nahelegen
- Mögliche Diskrepanz zwischen eigener Aussage und objektiver Datenlage, anschließendes Anpassen der Aussagen.
Wenn Handy- oder Fahrzeugdaten „Aufräumaktivitäten“ nahelegen, ist das ein sehr starker Verdachtsmoment.
5. Forensische Hinweise
Selbst sehr KLEINE Befunde können belastend sein:
- Auffällige Fasern, biologische Spuren, Hautpartikel.
- Spuren von Reinigung.
- Fasertransfer (z. B. aus Bett, Sofa, Auto).
- Abriebpartikel in Fahrzeug oder Kleidung.
Reicht nicht automatisch für eine Anklage, aber für eine belegbare Ermittlermeinung.
6. Verhaltensanalytische Aspekte
Dazu könenn gehören:
- „Unplausible“ Erklärungsmuster.
- Verzögerte Kontaktaufnahme, kein Suchverhalten (viel diskutiert: die Abwesenheit am Abend/ 2. Kesy-Fahrt).
- Unglaubwürdige oder wechselnde, sich dem Ermittlungsstand anpassende Aussagen.
- Auffälliges digitales Verhalten (Löschen, Verbergen).
Diese Elemente sind typische Indizien in Mordfällen im häuslichen Umfeld.
Zusammenfassend lässt sich sagen:
Einzelindiz = schwach
Gesamtindizblock = überzeugend
Die Polizei wäre sonst niemals so überzeugt, zumal sie mehrfach mit Staatsanwaltschaft & Richtern Durchsuchungen durchgesetzt hat – inkl. schwerem Gerät.
Richter geben so etwas nicht wegen Vermutung frei, sondern aufgrund eines gewichtigen Tatverdachts (§ 102 StPO).
Die Ermittler müssen also über mehrere kombinierte Indizienklassen verfügen:Digitale Spuren: Handy/WLAN/Router/Auto-Telematik
Tatortbefund: Spurenlage, Reinigungshinweise
Zeitfenster: Nur 2 Personen, 1 verschwindet
Verhalten: Unplausible Aussagen, digitale Auffälligkeiten
Opferprofil: Kein Motiv zu fliehen und anderseits kein Lebenszeichen
Die Indizienkette ist offenbar noch nicht geschlossen und damit nicht belastbar. Im Hinblick auf Strafklageverbrauch ist das jedoch in diesem Fall nun unabdingbar.
Beispiele für anklagestarke Befunde wären:
- Blutspuren, auch mikroskopisch
- Faser/Gewebe im Auto
- Boden-/Schuh-/Kofferraumspuren (als Verbindung zu Leichenablageort)
- Chat-/Handy-/Cloud-Wiederherstellungen (Motiv, Konflik)
- KI-Analyse digitaler Löschvorgänge
- forensischer Boden-Abgleich (Wald/Erde)
- nicht zuletzt: Leiche / Knochen / DNA-Reste
Für Durchsuchung reicht ein konkreter Verdacht.
Für Anklage braucht Beweiswahrscheinlichkeit.
Für Verurteilung braucht es Überzeugung ohne Restzweifel. Diese letzteren 2 Stufen sind noch nicht erreicht (soweit wir wissen).
Ermittler (anders als Gericht) dürfen Indiz-Kombination und Erfahrungswerte nutzen - daher die Sicherheit, dass R das Haus nicht selbstständig verlassen haben kann.
Richter dürfen das nicht — sie brauchen justiziable, beweissichere Kausalketten.
Ein einziger Punkt aus obiger Liste kann die Waage drehen. Warten wirs ab.