Der ALGII-/Bürgergeld-Thread
07.11.2013 um 00:51Anzeige
iku schrieb:Ich stelle mir das ziemlich erniedrigend vor mit Essensgutscheinen an der Kasse zu bezahlen, so dass es für jeden offensichtlich istKann ruhig jeder sehen wer sich nicht an die Spielregeln hält...
Es gibt sie noch, die gute Arbeit, aber nicht auf dem Markt. Alle Arbeit, die heute auf dem Arbeitsmarkt gehandelt wird, schadet mehr, als dass sie nützt. Und wer sich glücklich schätzt, auf dem Markt einen Job ergattert zu haben, nimmt in Kauf, dass er damit Schaden anrichtet.Und:
Und nun hat auf einmal die Frage: „Wie viel Arbeit braucht der Mensch?", die so tut, als sei die Arbeit ein wahrer Segen und als könne man dem Menschen nichts besseres tun, als ihn mit Arbeit zu beglücken, gar nichts Anstößiges mehr. Sie scheint geradezu den Kern aller menschlichen Begehrlichkeit zu treffen. Und tatsächlich steht der drohende Verlust der Arbeit sehr hoch oben auf der Rangliste der Befürchtungen, von denen Menschen heimgesucht werden. Weder der Klimawandel noch Kriegsgefahr können da mithalten, allenfalls unmittelbare gesundheitliche Gefährdung.Quelle:
Was ist geschehen, dass die Arbeit von einem notwendigen Übel zu einem hochrangigen Lebensziel, dem alle in scharfer Konkurrenz nachjagen, mutieren konnte? Die Antwort ist bestürzend einfach: Es geht in der Frage gar nicht um Arbeit und Arbeit ist auch nicht erstrebenswert. Es geht um Geld. Die Frage: „Wieviel Arbeit braucht der Mensch?" und jene andere: „Wieviel Geld braucht der Mensch?" sind gleichbedeutend. Arbeit haben heißt Geld haben. (Mehr oder weniger, versteht sich, aber das lassen wir jetzt einmal beiseite.)
Mit der Gleichsetzung von Arbeit und Geld erfährt die Arbeit eine unerhörte Entwertung, obwohl sie scheinbar so begehrenswert ist wie nie zuvor in der Geschichte. Von den unendlich vielen Weisen, sein Dasein zu sichern durch verschiedenste, an die jeweiligen lokalen Gegebenheiten angepasste Unterhaltstätigkeiten und von den verschiedensten Weisen, das gesellschaftliche Miteinander zu gestalten, ist nur die Arbeit für Geld übrig geblieben. Überhaupt sind die Menschen in der industriellen Gesellschaft auf drei Tätigkeitsformen festgelegt, die alle drei verheerende Folgen haben für die Menschen, die radikal entfähigt werden, und für ihre Lebensgrundlagen, die radikal geplündert werden.
Ashert001 schrieb:Was stimmt daran nicht?Alles!
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L-13-AS-100/10-B-ERÜbersetzt:
Orientierungssatz:
Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber bei jungen Hilfebedürftigen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch, das heißt bei jungen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, schon bei einem erstmaligen Pflichtenverstoß eine scharfe Sanktion in Gestalt der Absenkung der Regelleistung um 100% und der obligatorischen Direktzahlung der Leistungen für Unterkunft und Heizung an den Vermieter vorsieht. Durch diese Sonderregelung soll der Druck auf junge Arbeitslose erhöht werden, sich um eine Beschäftigung oder Ausbildung zu bemühen, wodurch verhindert werden soll, dass diese Hilfebedürftigen frühzeitig in der Langzeitarbeitslosigkeit ohne realistische Vermittlungschancen am Arbeitsmarkt auf Dauer verbleiben.
...
Wird aber durch die Reduzierung der Regelleistung auf Null über einen längeren Zeitraum das physische Existenzminimum des jungen Hilfebedürftigen im Sanktionszeitraum nicht mehr gewährleistet, damit also gravierend in die Grundrechtsposition des Hilfebedürftigen eingegriffen, so gebietet nach Auffassung des Senats die Verfassungsordnung, und zwar der Grundrechtsschutz und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass von dem Grundsicherungsträger selbst mit der Sanktionsentscheidung zugleich eine (Ermessens-) Entscheidung nach § 31 Abs. 5 Satz 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 6 SGB II darüber getroffen wird, ob und ggf. in welchem Umfang dem junge Hilfebedürftigen zur Abmilderung des (schwerwiegenden) Grundrechtseingriffs ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen in dem Sanktionszeitraum gewährt werden sollen (im Ergebnis ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 16. Dezember 2008 - L 10 B 2154/08 AS ER -, ZFSH/SGB 2009, 233 -, zit. nach juris, Rz. 13). Macht somit der durch die Sanktionsentscheidung nach § 31 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgelöste gravierende Grundrechtseingriff eine unmittelbar mit der Sanktionsentscheidung zu verbindende Ermessensentscheidung des Grundsicherungsträger gem. § 31 Abs. 5 Satz 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 6 SGB II notwendig, so wird entgegen der Ansicht des Antragsgegners der Grundrechtsschutz und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht dadurch ausreichend gewahrt, dass dem jungen Hilfebedürftigen - hier dem Antragsteller - eingeräumt wird, selbst nach Ergehen des Sanktionsbescheides einen ergänzenden Antrag auf Gewährung von ergänzenden Sachleistungen oder geldwerten Leistungen bei dem Grundsicherungsträger zu stellen.
Sozialgericht Bremen, S-18-AS-1166/10-ERÜbersetzt:
Beschluss vom 11.06.2010
Orientierungssatz:
Im Rahmen einer Sanktion gegen einen Leistungsempfänger unter 25 Jahren, der an einer Maßnahme unentschuldigt nicht teilnimmt und so deren Abbruch verursacht, muss gleichwohl vor voller Streichung der Bezüge für drei Monate eine Ermessensentscheidung getroffen werden, ob und welche ergänzenden Sachleistungen im konkreten Fall zur Verfügung gestellt werden. Nicht ausreichend ist es dagegen, den Leistungsempfänger im Rahmen des Bescheides lediglich auf die Möglichkeit der Beantragung solcher Ersatzleistungen hinzuweisen. Ein derartiges Vorgehen wird dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht gerecht.
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Vielmehr muss die Entscheidung nach § 31 Abs. 5 Satz 6 i. V. m. Abs. 3 Satz 6 SGB ll, soll die Sanktionsentscheidung nach Verfassungsrecht überhaupt zulässig sein, zum Ausgleich des weitreichenden Grundrechtseingriffs zugleich mit der Sanktionsentscheidung getroffen werden, und zwar von Amts wegen durch den Grundsicherungsträger.
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, L-2-AS-428/10-B-ERÜbersetzt:
Beschluss vom 05.01.2011
Tatbestand
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Der am 1989 geborene Antragsteller hat die Hauptschule abgeschlossen und bisher keine abgeschlossene Berufsausbildung. Der Antragsteller bewohnt allein eine Wohnung, für die er einschließlich Warmwasserbereitung 310 Euro monatlich Miete zu zahlen hat. Er bezog von dem Antragsgegner laufend als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts Arbeitslosengeld II (Alg II). Dieses wurde aufgrund eines unentschuldigten Fehlens in einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung mit Bescheid vom 26. April 2010 in dem Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Juli 2010 hinsichtlich der Regelleistung vollständig gemindert.
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In einem als "Teilvereinbarung Nr. 1 zur Eingliederungsvereinbarung vom 4. Mai 2010" bezeichneten Schriftstück vom 21. Mai 2010 verpflichtete sich der Antragsteller zur Teilnahme an der Maßnahme "M A G " bei der I S. gesellschaft (I. ) für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 28. Februar 2011. Dabei sollte es sich um eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung handeln, für die eine Aufwandsentschädigung von 1 Euro je Arbeitstunde vereinbart wurde. Der Kläger verpflichtete sich, "durch das Verhalten (unentschuldigtes Fehlen oder Störung der Betriebsordnung) nicht den Abbruch der Maßnahme herbeizuführen" und eine Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit dem Träger unverzüglich anzuzeigen. In das Schriftstück war eine Rechtsfolgenbelehrung mit folgendem Inhalt aufgenommen: "Kommen Sie den oben genannten Pflichten nicht nach oder geben Sie eine derzeit oder zukünftig ausgeübte Tätigkeit auf, wird Ihr Arbeitslosengeld II auf die Leistungen für ihre Unterkunft und Heizung beschränkt. Die für Sie maßgebenden Kosten der Unterkunft und Heizung entnehmen Sie bitte dem Berechnungsbogen Ihres aktuell geltenden Leistungsbescheides. Dies gilt nicht, wenn Sie einen wichtigen Grund für Ihr Verhalten nachweisen. Der Zeitraum für eine Leistungskürzung beträgt 3 Monate. Sie beginnt in dem Kalendermonat, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung feststellt, folgt. Werden wiederholt gleichartige Pflichten verletzt, wird Ihr Arbeitslosengeld II um 100% gemindert. Es werden dann durch den Eigenbetrieb für Arbeit auch keine Sozialversicherungsbeiträge mehr übernommen. Es können durch den Eigenbetrieb für Arbeit ergänzende Sachleistungen erbracht werden. "
Der Antragsteller trat die Maßnahme nicht an.
Am 2. Juni 2010 erkundigte sich der Antragsteller bei dem Antragsgegner wegen eines Praktikums als Bauhelfer, das ihm von einer Personaldienstleistungsfirma vermittelt worden war. Die Mitarbeiter des Antragsgegners erklärten dem Antragsteller, dass er eine telefonische Nachricht erhalte, sobald ein vom Arbeitgeber ausgefüllter Erhebungsbogen eingereicht sei.
Die I mahnte den Antragsteller mit Schreiben vom 17. Juni 2010, zur Maßnahme zu erscheinen bzw. die Gründe für die Abwesenheit vorzutragen. Mit einem weiteren Schreiben vom 30. Juni 2010 mahnte die I ... den Antragsteller ein zweites Mal und lud ihn zu einer Vorsprache am 6. Juli 2010 ein. Diesen Termin nahm der Antragsteller nicht wahr.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2010 gab der Antragsgegner dem Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung zu einer beabsichtigten Sanktion wegen des Nichtantritts der Maßnahme bei der I ... Der Antragsteller äußerte hierauf, dass er seit dem Mai 2010 unter "jämmerlichen Zahnschmerzen" gelitten habe und bis heute keinen Zahnarzt gefunden habe, der ihn ohne Geld behandle. Er habe jeden Tag bei der I. angerufen, um einen neuen Termin zum Einstieg zu erhalten. Er sei auf einen Rückruf verwiesen worden, der nicht erfolgt sei.
Mit Bescheid vom 27. August 2010 senkte der Antragsgegner die Leistungen für die Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 30. November 2010 vollständig ab. In Ausübung seines Ermessens gewähre er die Kosten der Unterkunft teilweise. In dem Bescheid führte der Antragsgegner weiter aus: Für den September 2010 seien keine Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren, da ein Betriebskostenguthaben zu berücksichtigen sei. Für die Zeit vom Oktober 2010 bis November 2010 gewähre er für die Kosten der Unterkunft und Heizung direkt an den Vermieter monatlich noch 108,64 Euro. Der Antragsteller habe die in der Eingliederungsvereinbarung vom 21. Mai 2010 festgelegte Pflicht zur Teilnahme an der Maßnahme bei der I. verletzt. Die vom Antragsteller vorgebrachten Zahnschmerzen entschuldigten den Antragsteller nicht, da es kein ärztliches Attest gebe. Ermessensrelevante Tatbestände für eine Reduzierung des dreimonatigen Sanktionszeitraums seien nicht gegeben. Obwohl es sich um eine wiederholte Pflichtverletzung handele, bewillige er in Ausübung seines Ermessens teilweise die Kosten der Unterkunft von 292,64 Euro monatlich unter Berücksichtigung des Einkommens in Höhe von 184 Euro vom 1. Oktober 2010 bis 30. November 2010. Für den Monat September 2010 ergebe sich unter Berücksichtigung einer Betriebskostenerstattung des Vermieters keine Leistung für die Kosten der Unterkunft. Ferner enthielt der Bescheid des Antragsgegners den wie folgt gedruckten Hinweis: "Es können durch den Eigenbetrieb für Arbeit ergänzende Sachleistungen erbracht werden.".
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Der Senat schließt sich der Ansicht an, dass es aus verfassungsrechtlichen Erwägungen geboten ist, trotz der vom Gesetzgeber aus erzieherischen Gründen beabsichtigten (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 61) harten Folgen der Sanktionen gegen Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, mit den ergänzenden Sachleistungen zumindest das für den Lebensunterhalt Unerlässliche zu gewähren, soweit eine Selbsthilfe nicht möglich ist und auch keine Hilfe von Dritten erlangt werden kann. Nur so lässt sich die Sanktionsfolge gegen diesen Personenkreis noch in verfassungsrechtlich unbedenklicher, d.h. verhältnismäßiger Weise anwenden. Ein vollständiger Ausschluss von staatlicher Hilfe trotz Hilfebedürftigkeit würde mit dem Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sein. Deshalb sind die Sanktionsfolgen, soweit dies im Ergebnis einer Prüfung der Einzelfallumstände und bei Anhörung des Betroffenen notwendig ist, unmittelbar mit der Sanktionsentscheidung selbst auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. Darüber hinaus entspricht eine verwaltungsförmliche Entscheidung vor dem Sanktionsbeginn auch dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes. Wenn die Gewährung der ergänzenden Sachleistungen im Einzelnen strittig ist, sollte eine Klärung auch dieser Fragen - ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes - noch vor dem Beginn des Sanktionszeitraums und dem Einsetzen der Sanktionsfolgen möglich sein.
Koreander schrieb:Völlig fertig, schlechte Haltung, schlechte Haut, als "Ausgleich" fett gefressen. Wie ist Deine Perspektive?Und alle Harzer sind stinkendfaule Alkis...