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Islam: Die wahre Religion?

35.219 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Religion, Islam, Wahrheit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 15:09
@Atrati
Er tut seiner "Sache" wirklich keinen Gefallen, da gebe ich dir recht. Aber vielleicht ist er ja auch nur ein Agent-Provocateur ;)

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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 15:31
@libertarian
Ich hab es nicht nötig den Islam hier zu representieren.
Ich frage mich was du von unserer beiden Diskussion mitgenommen hast.

@Atrati
Es geht mir nicht darum, wer hier besser ist, sondern das man jede Religion für eigene Zwecke Instrumentalisieren und Missbrauchen kann. Das du das nicht kappiert hast wundert mich.


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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 15:49
@libertarian
Wüsste trotzdem gerne warum du denkst man kann mich nicht ernst nehmen.


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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 16:16
@Repulsor
Du bist hier drauf und dran, andere zu diffamieren, ihnen Unverständnis vorzuwerfen und gleichzeitig augenscheinlich Gewalt legitimierende und die Hölle androhende Suren zu relativieren oder Aussprüche des Propheten, die eine rassistische Note haben und überdies Hinaus die Sklaverei aufzeigen, in ihr Gegenteil, ins Gute, zu verkehren. Und dann kommst du hier an, und hängst dich an einem Buddha-Zitat auf, indem du hier die eben nicht Gewalt legitimierende Botschaft aufs Gleiche in ihr Gegenteil verwandelst :)


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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 18:32
@libertarian

du willst uns also sagen, dass buddha und mohammed die selbe person ist? zuerst hat er den buddhismus erfunden, dann ist er nach arabien ausgewandert - auf dem weg ne diät gemacht - und dann den islam gegründet? macht irgendwie sinn... denn ein islam, in dem man 4 frauen heiraten, unendlich viele sklavinen halten und auch mit ihnen sexuell verkehren kann ist natürlich > budhismus.

und da gibts noch die 72 jungfrauen....


um das zu beweisen, müsste man den leichnam des propheten untersuchen, den in einer autopsie könnte man die zuvor extreme fettleibigkeit ermittlen. und da es zu der zeit keinen fetteren als buddha gab, wäre es bewiesen, dass muhammed = buddha ist.

problem officer? :troll:


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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 20:02
@interrobang

Was das mit dem Islam zu tun hat? Gott/Allah - das All-Eine - das kollektive Bewusstsein, Liebe...

So sehe ich Gott, Allah... nur die Namen sind verschieden.

Herzliche Grüße
Firehorse


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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 20:25
@trance3008

Habe weder die Zeit noch die Lust auf all deine kleinen Baustellen einzugehen, werde mich nur noch auf das für das Thema relevante eingehen.
Nun die 1 Mio. € Frage!
Wenn ich sage: "Die Politiker dieses Landes sind scheiße, besonders Angela Merkel", was geht dann für jeden völlig OBJEKTIV und ERKENNBAR aus dieser Aussage hervor? Dass ich NUR die Frau Merkel scheiße finde oder AUCH die ganzen Politiker GENERELL??
Vergleich mal diese Aussage mit der Aussage der obigen Sure. Bist du echt so Blind, dass du mir jetzt immer noch erzählen willst, dass es da einen Unterschied gibt?
Zum einen mäßige dich jetzt gefälligst mal im Ton sonst hat sich für mich jegliche Diskussion mit dir erübrigt. Zum anderen geht aus dem Gesamtkontext des Qurans in seinen Schwertversen und den historischen Umständen klar und deutlich hervor welche Art von Ungläubigen die ganze Zeit Stellung bezogen wird nämlich jene die mit den Muslimen damals in direkter Feindschaft standen weswegen aus dem Qran auch immer wieder Ungläubig (Kufr) mit schlecht gleichgesetzt wird oder als Unrechthandelnde beschrieben werden.
Bereits die ersten Worte in dieser Sure sagen deutlich aus, auf was sich das Gleichnis bezieht. Man muss schon ein riesenbrett vor dem Kopf haben, um da immer noch auf dem Gegenteiligen zu beharren. Ferner wird die Hölle nicht einmal im gleichen Satz mit dem Paradies erwähnt, so wie du es behauptet hast. Die Aussage dieser Sure ist genauso offensichtlich wie die Aussage der obigen. Und genauso offensichtlich ist auch, wer hier tatsächlich die ganze Zeit aus einem "Hü" ein "Hott" zu machen versucht.
Hatte dort das letzte Satzende nicht gesehen deswegen schrieb ich es sei im selben Satz aber ob im selben Satz oder Vers, hier werden mit Paradies und Hölle zwei jenseitige Begebenheiten beschrieben die im Quran auch alle beide mit irdischen Begeneheiten beschrieben werden, wieso man also jetzt nur beim einem davon ein Gleichnis sehen soll und beim anderen nicht ergibt wohl nur für dich und Gleichgesinnte einen Sinn. Einiges erschliesst sich aus dem Kontext heraus einfach von selbst aber einige brauchen wohl für jede Erläuterung eine Zusatzerklärung um es auch ja nicht misszuverstehen.
Ja, schade finde ich es auch. Aber dass dir nur positive Reaktionen seitens der Muslime entgegen gebracht werden, wundert mich kein bisschen. Du hinterfragst und kritisierst auch nichts an ihrem Glauben, sondern leugnest selbst offensichtlichste menschenverachtende Suren. Ist doch klar, dass sich dann wunderbar diskutieren lässt, wenn man die gleiche Überzeugung vertritt. Muslime mögen Opportunisten wie sie selbst es sind.
Gibt genug "islamische" Paktiken die aus ihrem Glauben heraus getan werden die ich kritisiere und auch schon hier im Forum kritisiert habe aber im Gegensatz wo hört man denn mal von dir was nettes in Richtung Muslime die ihren Glauben wunderbar in eine freiheitlich demokratisch zivilisierte Gesellschaft integriert haben? Oder sind das für dich keine "richtigen" Muslime weil sie nicht in deinen selbst kreierten Stereotyp passen über den du jedesmal herfallen kannst?
Wieder sei hier, wie am Anfang meines Beitrags, angemerkt, dass du deine Überzeugung bzgl. der Quranauslegung über andere, die deiner widersprechen, stellst. Du sagst es zwar nicht explizit, aber die Art, wie du anhand deiner - überhaupt nicht stichhaltigen - Einwände meine Argumente zu entkräften versuchst, spricht für sich.
Was du jedesmal versuchst in meine Beiträge hineinzuprojezieren ist ebenfalls nicht besonders stichhaltig, nur mal als kleine Anmerkung.
Und es ist nun mal Fakt, dass Mohamed weitaus friedfertiger gewesen war, solange er noch keine Macht und keinen Einfluss hatte. Dementsprechend friedfertig sind auch die Suren, die er während seines Aufenthaltes in Mekka "erhalten" hatte.
Die Änderung begann jedoch mit der Etablierung von Mohammeds Mini-Staat in der Stadt Medina. Dort wird er zum Kriegsherrn, reich, mächtig und intolerant. Dann setzte er viele seiner früheren Verse ausser Kraft, was nicht zuletzt die zu dem Zeitpunkt entstandene Sure 2 Vers 106 bestätigt. Dies ist die Lehre der quranischen Aufhebung!
So wurden Suren wie die Sure 2 Vers 256 ("Es gibt keinen Zwang im Glauben") nur wenige Jahre später durch jene wie die Sure 9 Vers 5 ("Tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie findet...!") abrogiert.

Du pochst doch selber ständig auf dem historischen Kontext rum, willst diesen aber nicht einsehen, wenn es um elementarste Differenzierungen zwischen den Suren im Quran geht. Dass diese Suren nicht chronologisch, sondern ihrer Länge nach im Quran geordnet sind, sollte dir doch klar sein. Also gibt es keinen plausibleren und logischeren Weg, die Relevanz der jeweiligen Suren festzustellen, außer man setzt sich mit Mohammeds Leben und den Zeitpunkten, zu denen er seine "Eingebungen erhielt", auseinander.
Das medinensische die mekkanischen Verse ersetzt hätten ist alles andere als unumstritten selbst innerhalb islamischer Exegese und das nicht erst seit gestern.
Aus dem historischen Background lässt sich weit mehr ableiten als du dem zugestehen willst.

Wieso sollten denn bitte Kriegsverse in Zeiten des Friedens geltung haben?
Demnach müssten Muslime ja immer noch jeden "Heiden" ergreifen den sie finden und ihn zur Strecke bringen selbst wenn sie keinerlei Bestrebungen gegen die Muslime erheben aber der Quran verbietet es selbst im Kriegszustand jene zu töten die keinerlei Kampfhandlungen gegen Muslime nachgehen.

Sure 2 Vers 106 kann genausogut besagen das bestimmte Verse in Vergessenheit geraten oder getilgt werden solange bestimmte Umständ wie Krieg herrschen aber es steht auch nicht geschrieben das diese dann für immer getilgt sind und niemals wieder geltung besitzen werden sonst hätten die Friedensverse doch niemals Eingang in den Quran gefunden man hätte sie dann ja auch gleich weglassen können wenn sie keinerlei Bedeutung für Muslime mehr haben doch sie stehen drin und das sicher nicht ohne Grund.


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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 22:10
@libertarian
Zitat von libertarianlibertarian schrieb: Du bist hier drauf und dran, andere zu diffamieren, ihnen Unverständnis vorzuwerfen und gleichzeitig augenscheinlich Gewalt legitimierende und die Hölle androhende Suren zu relativieren oder Aussprüche des Propheten, die eine rassistische Note haben und überdies Hinaus die Sklaverei aufzeigen, in ihr Gegenteil, ins Gute, zu verkehren. Und dann kommst du hier an, und hängst dich an einem Buddha-Zitat auf, indem du hier die eben nicht Gewalt legitimierende Botschaft aufs Gleiche in ihr Gegenteil verwandelst
Sorry, aber ich weiß nicht was du mir da falsches zu Unterstellten versuchst.
Das Buddah-Zitat kann man nun mal zweideutig verstehen und das habe ich an einem fiktiven Beispiel demonstriert. Das du es nicht verstanden hast, ist nicht meine Sache.

Ich hab auch keine Suren relativiert. Das einzige was ich gemacht habe war, darauf hinzuweisen das man als Beweis mehr braucht für deine These. Ich habe aber nicht gesagt, das das was da in den Suren drinstehen oder der Prophet gesagt haben soll, richtig sei oder es zugestimmt. Ich habe nur aufgezeigt, das man solche Texte aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden können und Unterschiedlich interpretiert und deren Quellen in Frage gestellt werden können. Das ist eine ganz normale Wissenschaftliche Herangehensweise.
Ich nehme nun mal nicht jeden Text als Bare Münze und glaube alles ohne es überprüft zu haben.
Ich hab dir ausführlich geschrieben was ich unter Beweis verstehe und hab dich gefragt unter welchem Aspekt du das Thema diskutieren willst und dazu habe ich dir ein Wiki-Artikel zitiert, das das Thema gut zusammengefasst hatte und du bist nicht darauf eingegangen, so nahm ich an das das Thema geklärt sei.

Auf meine Antwort Beitrag von Repulsor (Seite 1.648) antwortest du mit Beitrag von libertarian (Seite 1.649) und da fängt ja schon die unterstellung von „relativieren“ an. Was verstehst du unter relativieren? Wenn man anfängt, nach richtigen Beweisen zu verlangen, ist das für dich schon relativieren?
Und aus folgendem Beitrag Beitrag von Repulsor (Seite 1.649) sollte doch hervorgehen, wo mein Standpunkt ist.
Ich sehe schon, von unserer Diskussion hast du nichts im Kopf behalten.
Nun, dir ging es lediglich um das nähere beleuchten des Koran (Beitrag von libertarian (Seite 1.649) ). Wie stellst du dir das nähere Beleuchten den vor? Eine Koranstelle Zitieren und eine These aufstellen und das wars? Wenn du den Koran und ihren Inhalt analysieren willst, musst du vielen Aspekte mit einfliesen lassen und das wollte ich dir klar machen. Aber für dich ist das ja „relativieren“.
Du wolltest es aus einem Gesellschaftskritischen Blickwinkel näher beleuchten, Beitrag von libertarian (Seite 1.649), meine Antwort:
Beitrag von Repulsor (Seite 1.649)

Und damit hatten wir es doch abgeschlossen: Beitrag von Repulsor (Seite 1.650)
Siehe deinen Beitrag drunter. ;)

Aber Meinungsunterschiede sind kein Grund seinen Gesprächspartner als „nicht mehr Ernst zu nehmen“ zu betrachten. Ich habe auch niemanden diffamiert, sondern nur Kritik geübt. Wenn du mir aufzeigen kannst, wo ich das getan haben soll, dann zeige mir doch diese Stelle auf.
Nun, wenn du immer noch der von dir oben geschriebenen Unterstellung als Wahr betrachtest, so verlange ich von dir eine Ausführlichere Antwort.
Zitat von libertarianlibertarian schrieb:... Unverständnis vorzuwerfen und gleichzeitig augenscheinlich Gewalt legitimierende ...
Ich habe Unverständnis vorgeworfen UND diese Begründet. Trance hat sich auch verteidigt. Und wo habe ich Gewalt legitimierende Pasagen aus dem Koran oder von den Überlieferungen des Propheten zugestimmt/relativiert/ ...?


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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 22:44
Ich möchte mal jemanden Zitieren, der zum größten Teil auch mein Gedanken wiederspiegeln. Von daher mache ich mir keine Mühe selber einen Text zu Verfassen, wenn es einer vor mir schon besser gemacht hat:
Es wird oft behauptet, Muslime würden den Koran lesen. Der Koran sei ihr heiliges Buch: das reine, ewig gültige Wort Gottes, das alle Lebensbereiche regele und für den Moslem immer das letzte Wort habe. Was sonst sollten Muslime also lesen, wenn nicht den Koran? Außerdem werde doch an Koranschulen eben der Koran gelesen und studiert. Und es gäbe ja sogar Muslime, die den gesamten Koran auswendig beherrschten. Was könnte da noch falsch sein an der Feststellung, dass Muslime den Koran lesen?

Ganz einfach: Diese Behauptung beruht auf dem verbreiteten Irrtum, dass Muslime, die im Koran lesen, den Koran so lesen, wie man ein Buch für gewöhnlich liest: entschlüsselnd, verstehend, nachvollziehend. In Wirklichkeit lesen die meisten Muslime den Koran, so sie ihn denn lesen, im arabischen Original, also in einer Sprache, die sie nicht verstehen, aber dessen Schriftzeichen sie studieren und richtig auszusprechen lernen. Aber warum machen sie so etwas? Weil den Muslimen nicht nur der Inhalt, sondern schon der Wortlaut und somit insbesondere auch der Klang des Korans als göttlichen Ursprungs gilt.

Sein Klang, seine rhythmische Intensität, seine immanente Musik – sie alle machen ein Erleben des Korans aus, das nur der kennt, der die intimsten Momente islamischer Kultur miterlebt hat. Auch, wenn man den Koran nicht melodisch nach allen Rezitationsregeln des tadschvīd rezitiert, sondern ihn nur vor sich hin murmelt, wie es im Gebet meistens der Fall ist, macht man dies doch im Bewusstsein, dass da etwas von der Koranrezitation in das Herz und die Seele durchdringt und diese in einen Ort der Heilung und der Gegenwart Gottes verwandelt. Dieser durchaus mystische Gedanke hat seine theologische Basis, auch im klassischen sunnitischen Islam.

Laut Koran 7:172 schloss Gott noch vor unserer irdischen Existenz einen Bund mit allen Menschen, die im Laufe der Geschichte existieren würden. Dieser Bund wurde zwischen jedem einzelnen Menschen und Gott in Form einer existenziellen Begegnung geschlossen, die allegorisch als Dialog zwischen dem Schöpfer und dem Geschaffenen beschrieben wird. Demnach sprach Gott: „Bin ich nicht euer Herr?“ Und die Menschen (bzw. ihre Seelen, ihre Vorboten, oder was auch immer) sprachen: „Ja, wir bezeugen es!“. Auf das arabische qâlû belâ („sie sprachen: ja“) in diesem Vers geht die türkische Bezeichnung für diesen quasi präexistenziellen Bund zurück, nämlich Kalu Bela. In unsere Seele wäre somit im Kalu Bela eine Erinnerung an unsere erste Begegnung mit dem Höchsten aller Dinge eingepflanzt. Welche Qualität das Kalu Bela hatte, wie diese Erinnerung sich bemerkbar macht, und welche Konsequenzen sie für die Rechenschaft vor Gott hat, ist ein in der klassischen islamischen Theologie umfangreich diskutiertes Thema.

Die theologischen Deutungen stimmen jedenfalls darin überein, dass diese Erinnerung von auserwählten, durch göttliche Offenbarung geleiteten Menschen wie Mohammed und Jesus aus den Tiefen unserer Seelen hervorgeholt und in Selbstreflexion (tafakkur) und Handeln (‘amal) überführt wird. Die Rezitation speziell des Korans wäre dann der Versuch die Momente der Berührung des Menschlichen durch das Göttliche in der Person Mohammeds nachzuerleben. Wer den Koran nun nicht liest, sondern wie dargestellt rezitiert, frägt in diesem Moment nicht nach der rechten Koranauslegung, sondern möchte einfach nur in den ungetrübten Weiten der Koranrezitation aufgehen. Hier geht es nicht mehr um Bedeutungen des Textes, sondern um die eigene Bedeutung im Angesicht Gottes. Hier ist nichts mehr politisch, oder polemisch, denn alles Irdische verkommt bei diesem bewussten Übersteigen von Wortbedeutungen zur Nebensächlichkeit. Der Koran wird so also zum Anlass und Medium der inneren Neuausrichtung seiner selbst auf Gott hin.

Dieses schwer kommunzierbare, wunderschöne Erleben verbindet nicht nur die heutigen Muslime aller Nationen, Bildungshintergründe, Schichten und Islamauffassungen untereinander, sonderen schafft auch eine Gemeinschaft mit den Muslimen der Vergangenheit bis zu Zeiten des Propheten Mohammed und seiner Gefährten, die alle gemeinsam von der „Tafel des Korans“ (Said Nursî) speisen.

Die Koranrezitation der meisten Muslime ist daher kein Koranstudium im Sinn eines Bibelstudiums religiöser Christen, sondern eine Teilhabe am Koran, ein aktives Nacherleben der göttlichen Offenbarung, dessen Reinheit und Ursprünglichkeit sich bei jeder Rezitation des Korans wiederholen soll. Insofern ist es für fast alle nicht arabischen, aber auch viele arabische Muslime richtig zu sagen, dass sie bei ihrer Beschäftigung mit dem Koran die meiste Zeit den Koran nicht lesen, wie man eigentlich ein Buch liest, sondern ihn hingabevoll im Geiste eines Gottesdienstes rezitieren.
Und weiter zum Thema: Schwert-Vers etc.
Hier meine sehr kurze Stellungnahme zur These, dass angebliche koranische Aufrufe zur Tötung von Nichtmuslimen die Gründe dafür seien, warum Terroristen wie Mohammed Merah morden (mit Links zu weiterführenden Texten von mir).

Ein Leser kommentierte auf Zeit-Online:

"Auch, wenn es fürchterlich unpopulär sein mag, muss es in Zeiten von vor Erklärungswut und Deutungseifer immer länger werdenden Artikeln, erlaubt sein, ganz unspektakulär festzustellen: Dass Ungläubige getötet werden sollen, diese Aufforderung ist klar und unmissverständlich im Koran nachzulesen. Aber diese Tatsache ist vermutlich viel zu einfach und zu 'wenig hilfreich', als dass die geistigen Überflieger und Entschlüsseler der großen Zusammenhänge so einen banalen Einwurf akzeptieren würden."

Meine Antwort: Diese Behauptung ist nicht nur einfach, sondern auch falsch.

1) Von allen "Tötungsaufrufen" im Koran lässt sich zeigen, dass diese ausschließlich unter der Prämisse eines tätlichen oder unmittelbar bevorstehenden Angriffs von außen formuliert sind. Selbst in der "radikalsten" Sure 9 findet man diesen Hinweis, wenn es da heißt: "Wollt ihr nicht gegen Leute kämpfen, die ihre Eide [d.h. Friedensverträge mit den Muslimen] gebrochen haben und vorhatten, den Gesandten zu vertreiben, wobei sie zuerst gegen euch (mit Feindseligkeiten) anfingen?" (9:13) Noch viel deutlicher ist dies in anderen Suren, in denen der Krieg thematisiert wird. Der größere textuelle Kontext des Korans verbietet also die von Islamgegnern und muslmischen Fanatikern vorgeschlagene "Koranauslegung" im Sinne eines totalen Krieges gegen "Ungläubige".

2) Das Argument, dass die früheren Friedensverse von den späteren Kriegsversen abrogiert (d. h. abgelöst) worden seien, ist weit verbreitet, funktioniert jedoch nicht. Denn auch die späteren Kriegsverse haben (vgl. 1) einen konkreten textuellen oder historischen Kontext, der einer Auslegung im Sinn eines "totalen Krieges" im Wege steht. Während Muslime dies so verstehen, versuchen Islamkritker uns weiszumachen, dass die Muslime den Islam falsch verstünden, und dass die "Deutung" von Merah und co. die eigentlich islamische sei.

3) Texte haben bei aller Brisanz keine kausale Wirksamkeit, auch wenn sie als heilig gelten. Es ist die vom sozialen Kontext anerkannte, autoritative Deutung, die den meisten Gläubigen als Kern ihrer Religion gilt. Von daher ist es sinnvoller radikale Kreise zu bekämpfen statt ein (durchaus auslegungsbedürftiges) heiliges Buch, das von den wenigsten seiner Anhänger im Sinne Merahs verstanden wird.

4) Die wenigsten Muslime studieren den Korantext. Noch viel weniger radikalisieren sich auf diese Weise. Außerdem wird selbst in Koranschulen nur Koranrezitation und keine gründliche Exegese (Koranauslegung) gelehrt. Darum gehen Argumente der Art "Sure x, Vers y" zur Erklärung von Gewalt und Terror im Namen des Islams in den meisten Fällen ins Leere.

5) Zugegeben: Die Radikalen zitieren gerne Stellen aus dem Koran, scheinbar rein, ohne jede Interpretation. Jedoch ist bereits die gezielte Auswahl einer Hand voll Verse unter Unterschlagung der unmittelbar benachbarten mäßigenden Passagen eine "Interpretation", d. h. im Fall von Merah und Konsorten: eine Verdrehung des eigentlichen Sinnes.

6) Jeder, der den Islam für "schuldig" am Terror erklärt, muss auch erklären, warum Terror im Namen des Islams fast ausschließlich mit bestimmten Richtungen im Islam verknüpft ist (Teile des Wahhabismus/Salafismus) - und warum die Hauptopfer dieser Terroristen wiederum andere Muslime sind. Spätestens hier endet die alleinige Erklärungskraft der Ursachen Koran/Islam, und der soziale und politische Kontext der Täter, der freilich auch radikal-islamische Komponenten haben kann, muss analysiert werden. Und wer sich weigert den gewaltbereiten Fanatiker vom friedlich praktizierenden Muslim zu unterscheiden, hat womöglich gar kein Interesse daran die Terroristen einzukreisen. Denn sie sind erfahrungsgemäß der beste Vorwand um pauschal und kostenlos gegen alle Muslime zu hetzen.

7) Merah hat durchaus etwas mit dem Islam zu tun, und zwar ungefähr soviel wie Anders Breivik mit der Islamkritik, oder wie mordende Neonazis mit Patriotismus.
Und zu Geer Wilders:
(könnte dich interessieren, @trance3008)
Aus aktuellem Anlass (Freispruch des Anti-Islamers Geert Wilders - ein anregender Kommentar von Serdar Güneş dazu hier) habe ich diesen Text nach oben gezogen. Et voilà:



"Und wenn du jene siehst, welche über unsere Botschaft spöttisch reden,
dann kehre dich von ihnen ab, bis sie ein anderes Gespräch beginnen..." (6:68)

"Das Gute und das Böse sind fürwahr nicht gleich.
Wehre (das Böse) mit Besserem ab,
und schon wird der, zwischen dem und dir Feindschaft war,
dir wie ein echter Freund werden.
Aber dies geschieht nur denjenigen, die standhaft sind,
ja nur Menschen von besonderer Begnadung." (41:34-36)

"Und Diener des Erbarmers sind diejenigen,
welche auf Erden bescheiden auftreten;
wenn die Ahnungslosen sie [provozierend] anreden,
entbieten sie ihnen den Friedensgruß (qâlû salâmâ)." (25:63)

Diese und weitere Koranverse widerlegen die von vielen Islamisten und Islamkritikern artikulierte Behauptung, dass der Koran keine Feindesliebe kenne und zudem einen unversöhnlichen, oder gar harten Kurs gegen Beleidigungen des Islams vorschreibe. Die Vertreter dieser Position behaupten unter Berufung auf Stimmen aus der islamischen Tradition, dass Toleranzverse wie die obigen mansûkh, d. h. in ihrer Gültigkeit von späteren (Kriegs-)Versen aufgehoben worden seien. Diese Auffassung erweist sich bei einem zweiten gündlicheren Blick auf den Koran als nicht zwingend, vielfach sogar als grundlegend falsch.

Denn sie basiert auf willkürlichen Setzungen und nachträglichen Konstruktionen der klassischen Islamgelehrten. Dies lässt sich leicht anhand der großen Unterschiede in den Gelehrtenmeinungen zu der Anzahl der angeblich aufgehobenen Verse zeigen. Ferner basiert diese Auffassung oft auf Quellen, die den obigen Koranversen eindeutig widersprechen und in jedem Fall weniger authentisch sind.

Zur Begründung der angeblich aufgehobenen Gültigkeit der obigen Toleranzverse durch spätere Kriegsverse wird die falsche Behauptung ins Feld geführt, dass die späteren Kriegsverse den früheren Toleranzversen widersprechen würden, und dass in einem solchen Fall die späteren Verse die früheren aufheben würden (naskh - Abrogation). Das naskh-Argument mag z. B. auf die Verse zum Weingenuss zutreffen. Aber zumindest bei den Toleranz- und Kriegsversen geht dieses Aufhebung-durch-Widerspruch-Argument schon allein deshalb ins Leere, weil sich diese Verse mitnichten widersprechen. Die Toleranzverse sind unter friedlichen, d. h. relativ "normalen" Umständen geoffenbart worden und sind somit problemlos universalisierbar. Von den Kriegsversen wiederum lässt sich (auch für die sehr späten Suren) mehr oder weniger leicht zeigen, dass sie als Reaktionen auf eine militärische Bedrohung von außen zu verstehen sind und somit nur unter speziellen, historisch größtenteils überkommenen Bedingungen Gültigkeit besitzen bzw. besaßen.

Warum bitte sollte ich den intoleranten Auslegungen also mehr Gehör schenken als den oben aufgeführten Versen, die in bestem Einklang mit der Vernunft stehen und offensichtlich auch von den ersten Muslimen als bleibender Bestandteil des Korans überliefert wurden?

Wenn das klassische islamische Recht sich einst an den obigen Verse orientiert hätte, dann gäbe es heute vielleicht weniger Morddrohungen gegen Beleidiger des Islams und der Karikaturenstreit wäre nie eskaliert. Der Islam würde nicht in einem Atemzug mit religiösem Fanatismus genannt werden und das Recht der islamischen Rechtsgelehrten wäre frei von so mancher Strafvorschrift für Beleidigungen des Islams oder des Propheten.

Wir könnten auf Provokationen sachlich und professionell reagieren, wie es das Gros der Muslime ja auch bevorzugt, ohne uns ständig Bilder von enthemmten religiösen Fanatikern aus den Reihen unserer Religion unter die Nase halten und uns sagen lassen zu müssen: "Seht, das machen die im Namen eurer Religion! Sie sind eben die wahren Muslime und ihr seid lediglich eine weichgespülte Attrappe davon."

Ich plädiere dezidiert für Toleranz, Geduld und Sachlichkeit auch gegenüber Kritiken, ja sogar Beleidigungen des Islams - und ich kann diese Auffassung konsistent mit dem Koran begründen. Und ich werfe allen dem wiedersprechenden Stimmen vor den Koran im Lichte der nachprophetischen islamischen Tradition zu verkürzen statt die islamische Tradition kritisch nach ihrer Korankompatibilität zu befragen. Zu diesem Ergebnis komme ich zumindest, wenn ich Kompendien des islamischen Rechts wie z. B. das vom al-Azhar-Gelehrten Vehbe Zuhaylî studiere und mir die Nackenhaare zu Berge stehen, wenn ich mir anschaue, für was es alles Todes- und sonstige Strafen geben soll.

Solche unreflektierten Rechtskompendien, bzw. einige kritische Kapitel daraus sind nach meinem Bauchgefühl eine viel effektivere Beleidigung des Islams als alle noch so einfallsreichen Verunglimpfungen des Islams durch die Anti-Islam-Gaukelkünstler.

Zudem lassen sich die intoleranten Islamkonzepte, wie ich oben skizziert habe, dem Koran nur mit interpretatorischer Gewalt aufpropfen. Insofern sitzen sowohl die militanten Islamisten, als auch die Islamkritiker wie so oft dem falschen Pferd auf und es ist eine dringliche Aufgabe jeder künftigen islamischen Theologie diesen weit verbreiteten und selbst verschuldeten Irrtum unter Aufbringung aller zur Verfügung stehenden Mittel zu korrigieren. Dabei darf der Respekt vor den außerkoranischen Quellen, den klassischen Gelehrten und ihrem Bild vom Propheten und dem idealen Islam kein Hindernis darstellen. Wem der Anknüpfungspunkt an eine solche Lesart des Islams noch fehlt, dem rate ich sich in die obigen Verse zu vertiefen und sich zu fragen, was diese eigentlich im Koran verloren haben, wenn sie aus völlig unklaren Gründen keine Gültigkeit mehr besitzen sollten.

Das Gesagte ist nicht nur aus persönlichen Gründen für mich, sondern auch in einem größeren politischen Kontext von Bedeutung. Denn die überall zu beobachtenden Versuche theologischer Neuorientierungen innerhalb des Islams, die Demokratisierungswelle in der arabischen Welt, das Ende des politischen Islams und des militanten Kemalismus in der Türkei zugunsten einer mit dem Islam ausgesöhnten liberalen Demokratie und die schwindende Glaubwürdigkeit der Kulturkampfrhetorik in Deutschland und weltweit - all dies sind Hoffnungsschimmer dafür, dass die Zeiten des politisch-islamistischen Fanatismus und ihrer islamfeindlichen Trittbrettfahrer in der westlichen Öffentlichkeit sich ihrem Ende zuneigen. Lasst euch also nicht beeindrucken von islamfeindlichen Kundgebungen und ihren medialen Vermarktern, denn die Kulturkampfideologie hat ihren Zenit längst überschritten. Die Vernunft gewinnt Überhand und das Ende der Hassideologien ist nur noch eine Frage weniger Jahre. Lasst uns alle, gleichgültig welcher Religion oder Weltanschauung wir angehören, an allen Fronten gemeinsam für eine bessere Welt arbeiten - eine Welt, in der genügend Platz, Speis und Trank für alle da ist. Inshallâh...
Dazu noch eine ergänzung:
Noch als Ergänzung, wahrscheinlich kennste den sowieso schon: Abu Ishaq Asch-Schatibi aus Andalusien meinte im Gegensatz zu anderen (spät-)mittelalterlichen Gelehrten wie den allseits bekannten "Hardliner" Ibn Taimiya, dass die Abrogation eigentlich nicht wie bislang gesehen werden dürfte, dass der letztere (oft konkretere) Vers den vorherigen älteren Vers ersetzt, sondern eigentlich das ganze andersrum zu sehen ist (in der Regel zumindest). Denn die frühen Verse sind seiner Auffassung nach der Wesenskern der Botschaft, die späteren dann nur Präzisierungen bestimmter Sachverhalte in bestimmten Situationen. Sicherlich in seiner Ansicht dadurch geprägt, dass Muslime inzwischen unter christl. Herrschaft leben mussten, insofern sich neue Fragestellungen ergaben. Auch im Zusammenleben, im Dialog, usw.
Es gibt also für heutige Muslime durchaus bekannte und einflussreiche Beispiele aus dem Mittelalter, für eine (ggf.) andere Sicht der Dinge. Man braucht dazu nicht einmal auf zeitgenössische Reformer schauen. Fragt sich nur, warum alle Welt die mittelalterlichen "Hardliner" z.B. der Salafiten kennt, (und ggf. denkt, das wäre die einzig richtige Interpretation des Islams, das wäre Konsens überall in der damaligen islam. Welt gewesen, "DAS" wäre "der" Islam, usw.) aber kaum jemand (von den "Nichtexperten") kennt andere einflussreiche Stimmen der Vergangenheit oder der Frühzeit des Islams, abgesehen vielleicht noch von der muʿtazilitischen Bewegung
Und zuletzt noch ein interessanter Artikel, durchaus zum Thema passend:
In meiner Grundschulzeit waren alle Nationalitäten in meinem Freundeskreis vertreten: Deutsche, Italiener, Spanier, Portugiesen – allesamt Klassenkameraden, mit denen wir vormittags auf dem Pausenhof herumrannten und nachmittags entweder am C64 saßen und Giana Sisters spielten oder draußen die Gegend unsicher machten. Türken waren nahezu keine vorhanden. Mein bester Freund war ein Italiener. Er stand mir mit Fäusten bei, als mich zwei deutsche Klassenkameraden fast täglich auf dem Schulweg verprügelten – ich hatte ihren Zorn auf mich gezogen, als ich ihnen unüberlegt erzählt hatte, dass Türken viel mutiger seien als Deutsche. Einer von ihnen hat mich zwanzig Jahre später zu seiner Hochzeit eingeladen. Gelegentlich war ich bei dem Italiener daheim zu Gast beim Abendessen. Oft schlenderten wir vor Sonnenuntergang über die Felder und unterhielten uns über die Heimatstädte unserer Eltern oder über unsere Traumberufe. Er wollte damals Architekt werden und ich Arzt.

Meine Eltern schätzten meinen guten Kontakt zu meinen Klassenkameraden und ich hätte nicht gedacht, dass ich damit jemandes Missfallen erregen könnte – bis ich eines Tages von einem älteren Türken, der sich mit dem in den 90ern aufsteigenden politischen Islam in der Türkei identifizierte, etwas zu hören bekam, was mir das Blut in den Adern gefrieren ließ:

„Du kannst mit diesen Leuten nicht befreundet sein – denn im Koran steht: Nehmt euch nicht die Juden und Christen zu Freunden. Sie sind einander Freunde.“

Ich antwortete, dies könne doch nicht stimmen – bislang hatte ich vom Islam nur Dinge gehört, die ich schön fand, und meine Religion war mir sehr wichtig. Doch meine Freunde waren es mir auch. Und jeder Versuch mich innerlich von ihnen zu distanzieren brach mir das Herz. Ich erledigte das Thema für mich mit der resignierenden Feststellung, dass meine Freunde zwar Christen sind, dass ich mich mit ihnen aber viel besser verstehe als mit den wenigen türkischen Kindern, die ich damals kannte. Gott würde dafür Verständnis haben, dessen war ich mir sicher. Auch war ich mir sicher, dass irgendwas mit dem mir dargelegten Koranvers nicht so war, wie es mir der sendungsbewusste Bekannte vermittelt hatte. Leider war ich damals noch weit davon entfernt der Sache gründlicher auf den Grund gehen zu können.

Jahre vergingen, doch dieser Vers, der der 51. der fünften Sure war, tönte immer wieder aus verschiedenen Ecken – entweder waren es politisierte Religiöse, die von einem islamischen Staat in der Türkei träumten, unter der türkischen Bevölkerung in Deutschland ihre Pamphlete verteilten und auch in manchen Moscheen Einfluss geltend machten. Oder es waren deutsche Islamgegner, die damit den muslimischen Dialogbefürworter widerlegen wollten, oder zu zeigen versuchten, dass der Islam ein Feind der westlichen Welt sei, und dass ein gläubiger Moslem aus religiösen Gründen niemals mit einem gewöhnlichen Deutschen befreundet sein könne. Somit erübrigte sich für diese auch jeder Versuch Muslime als Bürger und Menschen auf Augenhöhe zu betrachten. Denn in ihren Augen wollten sich die Muslime aus Verachtung gegen die „Ungläubigen“ ja ohnehin nicht in die deutsche Gesellschaft eingliedern. Der zitierte Koranvers reichte ihnen als Beweis. Da musste man nicht auch noch Muslime nach ihrer Meinung fragen.

An dem zitierten Koranvers und den beiden genannten Positionen hat sich seitdem nichts geändert. Was sich aber geändert hat, ist mein Wissen von diesem Vers und dem Koran. Dadurch hatte ich die Möglichkeit selbst eine Position zu entwicklen. Stellvertretend an diesem Beispiel kann man eine Menge genereller Dinge über den Koran und den Islam lernen, die für ein deutschlandgerechtes Islamverständnis von großer Hilfe für mich waren. Ich versuche mal die wichtigsten Schritte und Argumente hierbei wiederzugeben, wobei diese teils logisch unabhängig voneinander sind. Fangen wir mit dem direktesten Zugang an.
1) Philologie oder: Was bedeutet „zum Freund nehmen“ überhaupt?

Mich beruhigte der Fund von deutschsprachigen muslimischen Publikationen, die den Wortlaut des zitierten Verses offen problematisierten. Ich war also nicht der einzige, der über diesen Vers gestolpert war und ihn auf den ersten Blick nicht mit seinen praktischen Gepflogenheiten in Einklang bringen konnte. So wiesen manche deutsche wie türkische Autoren darauf hin, dass der Singular walî des als „Freunde“ übersetzten Wortes awliyâ auch etwas anderes, nämlich „Helfer“, „Beschützer“, „Führer“ oder gar „religiöser Führer“ bedeuten kann. Auch Bedeutungen wie „Vertreter“ oder „religiöser Vertreter“ kamen manchen zufolge in Frage. Demnach sagte der Vers also so etwas aus wie, dass man sich Juden und Christen nicht zu spirituellen Führern nehmen dürfe. Damit konnte ich leben.

Die genannte Deutung machte ich mir in einem zweiten Schritt so plausibel: Ich hatte mir eher schlecht als recht mit einem türkischen Do-it-yourself-Lernbuch das Lesen der arabischen Schrift beigebracht. So konnte ich bestätigen, dass im Vers tatsächlich von awliyâ die Rede war. Da man im Türkischen das Lehnwort evliyâ auch etwa in der Bedeutung von gottesnaher Heiliger verwendet, erschien mir die obige Worterklärung wieder plausibel. Ich möchte hier noch darauf hinweisen, dass türkischen Begriffe wie velî (Elternteil) und mevlâ (Herr) sich von diesem Begriff ableiten und allesamt wieder auf eine Deutung jenseits von „Freund“ im Alltagssinn hindeuten. Hätte mir jemand früh genug den großen interpretatorischen Spielraum bei solch brisanten koranischen Ausdrücken nahegebracht, wäre ich wohl auch selbst darauf gekommen, dass das Wort awliyâ ganz verschiedene, also insbesondere auch für mich weniger problematische Bedeutungen haben kann. Die noch spätere Erkenntnis, dass es im Arabischen für Freund naheliegendere Begriffe wie sadîq oder sâhib (vgl. 53:2) gibt, festigte ebenfalls mein Vertrauen in diese Deutung.

Es waren also philologische Kenntnisse, mit denen man fundamentalistische Totschlagargumente entschärfen konnte.
2) Konsistenz oder: Wieso darf man jemanden, den man nicht zum Freund nehmen darf, heiraten?

Die nächste Entdeckung machte ich, als ich zum ersten Mal eine Übersetzung der gesamten betreffenden Sure las. Dazu muss man wissen, dass eine unmittelbare Koranlektüre nicht der unter Muslimen übliche Weg ist, wenn man sich über den Islam informieren will. Überhaupt erfreut sich die unmittelbare Beschäftigung mit Koranübersetzungen unter Muslimen nach wie vor sehr geringer Beliebtheit, was die frappierende Unkenntnis viele Muslime vom Koran, der ihnen doch heilig ist, erklärt. Jedenfalls war ich bei meiner Koranlektüre noch in der Sure des genannten Verses auf einen weiteren Vers gestoßen, der aus meiner Sicht eine Interpretation im Sinne von „Nehmt Juden und Christen nicht zu Freunden“ unmöglich machte.

Denn in Vers fünf der Sure fünf wird ausdrücklich die Ehe mit Jüdinnen und Christinnen gebilligt – ohne dass ein Glaubenswechsel ihrerseits nötig wäre. Das klassische islamische Recht der Rechtsgelehrten hat diese Norm bestätigt. Wenn nun ein Muslim eine Christin heiraten darf, und somit nicht nur eine christliche Frau zum Lebenspartner, sondern auch noch ihre christliche Familie zu eigenen Verwandten macht, ohne dass ein Glaubenswechsel verlangt ist, dann ist es schon alleine aus logischen Gründen unmöglich eine Freundschaft mit Menschen christlichen Glaubens zu verbieten. Logik! So einfach ist das.

Als ich eines Tages wieder dem islamistischen Eiferer, der an sich ein netter Kerl war, begegnete, konfrontierte ich ihn stolz mit diesem in unruhigen Nächten ausgebrüteten und von mir unbescheiden als genial befundenem Argument. Die Reaktion war herrlich: „Nein, so etwas kommt nur in Frage, wenn die Frau zum Islam übertritt!“ So holte ich eine Koranübersetzung hervor und hielt im Sure fünf unter die Nase (wie es islamkritische Freunde auch gerne bei mir machten). Auch die nächste Antwort war köstlich: „Nein, dieser Übersetzung traue ich nicht!“ Aber ich hatte mich schon hinreichend aus anderen Quellen darüber informiert, dass dies keine Frage der Übersetzung war.

Es war eine einfache Frage der Logik, oder genauer: nach logischer Selbstverträglichkeit, also nach Konsistenz der Koraninterpretation als Ganzes – gepaart mit einer guten Kenntnis sich scheinbar widersprechender Quellen, die sich jedoch in Wirklichkeit gegenseitig auslegten und halfen naheliegende Auslegungen vieldeutiger Passagen zu finden.
3) Kohärenz, oder: Was findet man, wenn man nach größeren Zusammenhängen sucht?

Nun gab es auch muslimische Autoren, die weder an der Übersetzung des Wortes awliyâ als Freunde schraubten, noch versuchten über den Hinweis auf logische Selbstwidersprüche die von mir gewünschte Entschärfung des problematischen Wortlautes quasi zu erzwingen. Sie verwiesen vielmehr darauf, dass in diesem Vers zwar von Christen und Juden die Rede ist, aber nicht von irgendwelchen Christen und Juden, sondern von ganz bestimmten. Nämlich von solchen, die öffentlich den Glauben der Muslime verspotten. Ihr Argument war ganz einfach. Liest man wenige Verse weiter, dann findet man nämlich:

„Nehmt euch keine Freunde von denen, die über euren Glauben spotten und scherzen, sei es von denen, denen die Schrift vor euch gegeben wurde [also Juden und Christen – HT], oder von den Leugnern.“ (5:57)

Dies ist ein ähnlicher Wortlaut wie der aus 5:51, aber hier findet man eine entscheidenden Erläuterung, nämlich, dass man die Verspotter des islamischen Glaubens aus den Reihen der Christen und Juden nicht zum Freunden nehmen soll. Wenn ohnehin alle Juden und Christen zu meiden wäre, dann wäre das zusätzliche Kriterium in diesem Vers überflüssig.

Wenn man also (zusammen mit allen Islamgelehrten) annimmt, dass Koranverse nicht fertige Gesetze darstellen, sondern, dass sie inhaltlich miteinander verwoben sind und sich gegenseitig erklären, dann kann man selbst noch so eindeutig klingende und problematisch anmutenden Verse systemimmanent verständlich machen und dadurch gegebenenfalls entschärfen. Dies entspricht gerade dem Einbezug des siyâq eines Verses, das heißt seines gesamten textuellen Kontextes, wie es bereits in der klassischen Theorie der Koranexegese zum adäquaten Koranverstänis verlangt wird. Wenn man Sure 5:51 und 5:57 als Einheit liest, dann steht da also (rein sinngemäß):

„Nehmt euch nicht Juden und Christen zu Freunden… jene Juden und Christen, die über euren Glauben spotten und scherzen.“

Eine solche Verse verschränkende Lesart ist keine modernistische Erfindung. Um das zu erläutern sei mir hier ein kurzer Ausflug in meine Lieblingswissenschaft unter den klassischen islamischen Wissenschaften gestattet:
Exkurs: Wie die klassische islamische Rechtsmethodologie Freundschaften rettet

Die Methodologie des klassischen islamischen Rechts (usûl al-fiqh) thematisiert ausführlich die Verwendung menschlicher Sprache und analysiert die Weisen von Wortverwendungen. Nicht einmal im „orthodoxesten“ Islam ist Platz für die vulgäre Bulldozerhermeneutik der Islamkritiker, die versuchen uns mit isolierten Koranversen Beulen einzuhämmern.

So wurde im usûl al-fiqh vor über tausend Jahren festgehalten, dass es Begriffe gibt, die via bestimmtem Artikel Universalität implizieren (al-'âmm) wie in unserem Beispiel die Formulierung die Juden und Christen (al-yahûd wa an-nasârâ). Die reine Formulierung scheint zunächst alle Juden in Raum und Zeit zu betreffen, also auch meine christlichen Freunde im Jahre 2011 in Stuttgart. Jedoch – und das kann man nur den einsichtigeren unter den Islamkritikern und religiösen Fundamentalisten klarmachen – kann eine solche formale Universalität semantisch drastisch eingeschränkt werden (takhsîs al-'âmm).

Wie erkennt man so etwas?

Laut den usûl-Gelehrten kann diese Einschränkung durch einen unmittelbaren Hinweis im Vers selbst erkannt werden (al-mukhassis gayr al-mustaqil), oder durch einen unabhängigen Hinweis außerhalb des Verses (al-mukhassis al-mustaqil). Da in unserem Vers 5:51 kein klarer Hinweis im Vers selbst vorzuliegen scheint, suchen wir also weiter nach einem unabhängigen „Umfangseinschränker“ (al-mukhassis al-mustaqil).

Was könnte nun so mächtig sein, das es eine scheinbar universell gemeinte Aussage Gottes einzuschränken vermag? Das sagen die Gelehrten dazu:

a) zwingende Argumente der Vernunft (al-‘aql) – man höre und staune, und bemitleide die Einfalt der Islamkritik!

b) Gewohnheit in der Verwendung des Begriffs (al-‘âda) – dazu muss man von Sprachpragmatik, d. h. der Verwendungsweise von Sprache überhaupt eine gewisse Ahnung haben, z. B. welche ungeschriebenen Regeln der Sprache es in diversen Kontexten gibt.

c) ein anderer rechtlich relevanter Text (an-nass) – also weitere erklärende Koranverse oder gesicherte Hadithe. Das heißt: Man sollte u. a. eine etwaige Ahnung von den restlichen 6347 Versen des Korans haben, ehe man vom universell wirkenden Wortlaut eines Verses auf einen allumfassenden Bedeutungsumfang schließt und seltsame Weltanschauungen formuliert, die der Autor des Korans gar nicht im Sinn hat.

Diese letzteren erklärenden heiligen Texte aus c) können dabei unmittelbar dem zu erklärenden Vers folgen (mawsul) oder sich ganz woanders im Koran befinden (munfasil).

Wenn ich also plausibel machen kann, dass die Formulierung die über euren Glauben spotten und scherzen (alladhîna attakhadhu dînakum huzuwan wa la’iban) aus 5:57 der mukhassis mustaqil (unabhängiger Bedeutungseinschränker) der Formulierung die Juden und Christen von 5:51 ist, dann habe ich eine womöglich gültige Koranauslegung vorgelegt.

Das heißt: Das islamische Offenbarungskonzept setzt eine Sprachphilosophie voraus, in der universell formulierte Wortlaute durch Texte, die an ganz anderen Stellen formuliert worden sind, erklärt und eingeschränkt werden können. Das liegt in der Natur der gesprochenen Sprache und seiner Situationsbezogenheit, die im Offenbarungszeitraum keine grundsätzliche Verständnisschwierigkeit darstellte, da die ersten Adressaten des Korans wussten, um wen oder was es in den Versen ging. Wenn man will, kann man an dieser Stelle auf eine These aus der modernen Koranhermeneutik Bezug nehmen, die erklärt, warum der Koran so viele sich scheinbar widersprechende Formulierungen hat: Weil der Koran nämlich gar nicht als Buch konzipiert ist, sondern als Rede, die sich unmittelbar an einen ganz konkreten Kreis von Hörern richtete, die verstanden, was gemeint war. Unsereiner muss das Gemeinte womöglich mühsam rekonstruieren. Die klassischen Gelehrten sagen dazu, dass die eigentlich verbindlichen Normen des Islams nicht unmittelbar im Text stehen, sondern diesen methodisch entnommen werden müssen (instinbât). Dazu gibt es die klassischen islamischen Wissenschaften. Und es gibt moderne Versuche von Texterschließung, und schlicht und ergreifend die Verstehensregeln der blanken Vernunft. Ich halte sie alle für wichtig und wertvoll.

Verlassen wir nun wieder die klassische Rechtswissenschaft und kommen zum dritten Fazit meiner Suche:

Es war die Forderung nach gegenseitiger logischer Abhängigkeit, also nach Kohärenz, mit der man den einen Vers als Auslegung bzw. Einschränkung eines anderen Verses lesen konnte, insbesondere, wenn die Verse zum selben Abschnitt gehörten und somit als zusammenhängend verstanden werden konnten – allesamt hermeneutische Techniken, die in der klassischen Koranauslegung längst bekannt und systematisiert waren.
4) Reduktion oder: Findet jemand das eigentliche Fundamentalprinzip?

Der Koran behauptet mehrmals von sich in irgendeinem Sinne vollständig und vollkommen zu sein. Das mutet in Anbetracht der sprunghaften und bruchstückartig wirkenden Struktur vieler Suren zunächst vielleicht unverständlich an. Versteht man diese Aussage nicht im Sinne einer islamrechtlichen, sondern einer Art logischer Vollständigkeit, dann erweist sie sich doch als sehr fruchtbar. Unsere Arbeitshypothese würde dann wie in Punkt 3 lauten:

Der Koran enthält bei aller Vielfalt nicht nur einzelne, sich stellenweise ergänzende oder erläuternde Aussagen, sondern diese lassen sich logisch zu einem zusammenhängenden, das heißt kohärenten Sinngefüge zusammenführen.

Die Kohärenz muss der Ausleger selbst herstellen um auf die eigentlichen relevanten Bedeutungen des Koran zu stoßen.

Richtig schön wird ein kohärent gemachtes Gefüge an Sätzen jedoch erst, wenn sich Fundamentalprinzipien ausmachen lassen, die die große Vielfalt auf einfach Grundsätze zurückführen. Das heißt: Wenn ich bei einer Menge von Sätzen einen finde, der alle anderen in einem bestimmten Sinne beinhaltet (also impliziert), dann kann ich meine eigentliche Arbeit anhand dieses besonderen Satzes fortführen. Denn die anderen Sätze liefern ohnehin keine grundsätzlich neue Informationen, sondern stellen lediglich Anwendungen und Beispiele des allgemeineren Grundprinzips dar. Diese besonderen verallgemeinerten Sätze nenne ich hier einfach mal Fundamentalprinzipien. Bei einem so komplexen Gefüge wie dem Islam wird man das ganze praktische Gedankengebäude vielleicht nicht auf einen einzigen fundamentalen Satz zurückführen können (bzw. wir verfügen nicht über die Kompetenz dazu), aber es lässt sich dennoch sicherlich eine abzählbare Anzahl besonderer Sätze der beschriebenen Art ausmachen.

Findet man also zum Vers „Nehmt euch die Christen und Juden nicht zu awliyâ“ womöglich eine Stelle im Koran, die das fundamentale Prinzip dahinter erläutert? Oder ist dieser Vers selbst schon ein Fundamentalprinzip, also wesentlich für den Islam, wie viele Islamkritiker behaupten? Die gute Nachricht: Es gibt eine Stelle, die diese Frage in aller nötigen Deutlichkeit zu Ungunsten der Islamkritiker beantwortet:


"Vielleicht lässt Gott zwischen euch und denen von ihnen, die euch feind sind, Freundschaft/Liebe [arab.: mawadda - HT] entstehen. Gott ist mächtig und Gott ist verzeihend, barmherzig.

Gott verbietet euch nicht, gegen die gütig und gerecht zu sein, die euch nicht wegen eures Glaubens bekämpft oder aus euren Häusern vertrieben haben. Gott liebt fürwahr die gerecht Handelnden.

Gott verbietet euch nur, mit denen Freundschaft zu schließen, die euch des Glaubens wegen bekämpft oder euch aus euren Wohnungen vertrieben oder euch aus euren Wohnungen vertrieben oder bei eurer Vertreibung geholfen haben. Wer mit ihnen Freundschaft schließt, tut Unrecht." (60:7-9)

Diese Passagen stammen (glücklicherweise!) aus der kriegerisch aktiven medinensischen Zeit des Propheten, vermutlich aus dem siebten oder achten Jahr nach dem Auszug der Muslime nach Medina (der Prophet ist im 11. Jahr nach der Hedschra gestorben). Wir haben es hier also nicht mit einer Passage aus der mekkanischen Phase zu tun, in der die Muslime generell nicht kämpfen durften. Viele Islamkritiker glauben inbrünstig, dass die friedlichen Verse aus Mekka von prinzipiell kriegerischen Versen der medinensischen Phase abrogiert, d. h. für die Praxis aufgehoben seien. Und sie reagieren aggressiv, wenn man ihnen widerspricht (das gilt nicht für die Seriösen unter den Islamkritikern).

Aber hier haben wir es nicht nur mit einer relativ späten Passage aus Medina zu tun, sondern sie ist auch noch im Kontext des Krieges mit den Götzendienern aus Mekka formuliert. Einer Überlieferung zufolge wollte eine Mutter der Frauen des Propheten, die eine Götzendienerin war, ihre Tochter sehen. Dieser Vers gab dazu die Erlaubnis und erklärte, dass der zu bekriegende Feind nicht einfach der Nichtmuslim ist, sondern der Nichtmuslim, der Muslime bekämpft und aus ihren Wohnhäusern vertreibt bzw. diese Vertreibung aktiv unterstützt, also der militärische Aggressor.

Diese Verse erläutern nicht nur, wann und warum ein Krieg gegen Andersgläubige legitim sein kann, sondern sie klären auch, wann genau eine Freundschaft mit Andersgläubigen verboten ist: nämlich wenn der Andersgläubige mich wegen meines Glaubens bekriegt, mich aus meiner Wohnstätte vertreibt oder den Vertreibern dabei behilflich ist.

Mit dieser Einschränkung kann doch jeder vernünftige Mensche und jede pluralistische Gesellschaft hervorragend leben!

Interessant ist auch, dass in der Formulierung „Gott verbietet euch nur, mit denen Freundschaft zu schließen…“ für das Schließen der Freundschaft eine verbale Abwandlung des Begriffs awliyâ vewendet wird (an tawallavhum). Das war gerade jenes Wort, das im ersten Auslegungsvorschlag eine brisante Rolle gespielt hatte und durch Vergleich mit anderen möglichen Wortbedeutungen relativiert wurde. In der hier diskutierten Passage aus Sure 60 wird diese Brisanz durch den sehr dichten Differenzierungsvorgang aufgehoben ohne auf Bedeutungsalternativen wie unter 1) zurückgreifen zu müssen. Unter 3) musste man in Sure 5 einen Abschnitt von ca. 7 Versen zusammen betrachten, um zu einer ähnlichen Entschärfung zu gelangen. Diese Stelle hier liefert wiederum eine umittelbare Klärung innerhalb weniger Zeilen.

Hier in Sure 60 wurde als Hinderungsgrund für Freundschaften die militärische Aggression des Gegenübers ausgemacht. Dort in Sure 5 wiederum war es die öffentliche Verspottung des Glaubens der Muslime, die einer Freundschaft im Wege standen. Das leicht unterschiedliche Abgrenzungskriterium von Freund und Feind erklärt sich durch den Offenbarungszusammenhang: Im einen Fall (Sure 60) lag bereits ein Kriegszustand vor, und die Differenzierung bezog sich entsprechend auf diesen Kontext. Im anderen (Sure 5) Fall hingegen wird kein aktueller Kriegszustand vorausgesetzt, wodurch sich ein feinerer Kontext der Differenzierung ergibt. Dennoch kann die Passage aus Sure 60 als die grundlegendere aufgefasst werden, da sie die roten Linien unter extremeren Bedingungen und zugleich differenzierter gezogen hat.

Wir haben hier übrigens noch mehr gezeigt, als wir ursprünglich zeigen wollten: Denn der Vers 60:9 spricht klar aus, dass selbst eine Freundschaft mit friedlichen und gut gesinnten Götzendienern nicht verboten ist. In ihm heißt es ja: "Gott verbietet euch nur, mit denen Freundschaft zu schließen, die euch des Glaubens wegen bekämpft [haben]..." Da es in Sure 60 ja gerade um Götzendiener geht, kann ich mich unter Berufung auf diesen Vers also vorwagen und die Vermutung äußern, dass der Autor des Korans auch Freundschaften mit den Götzendienern unter den genannten Bedingungen nicht verbieten wollte. Hinter den drastischen Einschränkungen bezüglich der Nichtmuslime im traditionellen Islamkozept stehen andere Mechanismen als der Koran.

Dieser Aspekt ist wichtig, da wir es in unserer Gesellschaft nicht nur mit Christen und Juden, sondern auch mit Atheisten, Agnostikern und Angehörigen anderer Religionen zu tun haben. Diese sind natürlich in der Regel keine Götzendiener. Jedoch ist der Vergleich mit den Götzendienern wichtig, da diese auch nicht zum Volk der Schrift gezählt werden können und damals sogar die Hauptfeinde des Islams waren. Wenn selbst mit diesen unter Bedingungen des Friedens und des Respekts Freundschaften nicht verboten sind (60:9), dann sind diese im Kontext von ethisch aufrichtigen Agnostikern und Atheisten sicherlich auch nicht verboten. Ich weiß, dass es hierfür aus theologischen und historisch-politischen Gründen weniger koranisches Beweismaterial gibt. Aber das, was vorliegt, reicht aus, um wenigstens den ersten Schritt in diese Richtung zu begründen. Ich weiß auch, dass das all dies für manche Leser gewagt klingen muss - aber ich habe unkomplizierte Argumente dafür, die ich hier zur Diskussion stelle. Ein Blick in den Alltag zeigt, dass mein Szenario ein durchaus realitätsnahes und im Regelfall unproblematisches ist, sofern man nicht darauf besteht eine Gesellschaft nach der Vorstellung der klassischen Rechtsgelehrten zu schaffen.

Weitere Aspekte zum historischen Status von Nichtmuslimen in der Systematik der Rechtsgelehrten und meiner Kritik daran, und Fragen zum Zusammenleben in der säkularen, pluralistischen Gesellschaft will ich zu einem anderen Zeitpunkt erörtern. Vorerst reicht es unser zentrales Ergebnis zusammenzufassen:

Echte Freundschaft mit Nichtmuslimen ist dann verboten, wenn letztere mich (bzw. meine Nächsten) zu Unrecht auf eine entwürdigende Weise demütigen, bekämpfen oder mich wegen meines Glaubens verfolgen und vertreiben.

Die nächste Aufgabe wäre es nun zu zeigen, dass alle Koranpassagen zum Verhältnis zu Andersgläubigen mit diesem Fundamentalprinzip kohärent gemacht werden können. Da ich in diesem Text versucht habe auf die fundamentalsten Aussagen im Koran zurückzugreifen, begnüge ich mich hier mit dem Hinweis darauf, dass die hier dargestellten kohärentistischen Methoden stetig auf dem Koran fortgesetzt werden können.

Es sei noch warnend angemerkt, dass es durch die Bemühung intepretatorischer Techniken immer möglich ist einen Text auf einen bestimmten Sinn hin kohärent zu machen – jedoch gibt es nur wenige Möglichkeiten einen Text auf einfache und natürliche Weise, also ohne ständige Zusatzannahmen und Ausnahmen und unbeweisbare Abrogationsbehauptungen kohärent zu machen. Ich behaupte, dass die grundsätzlich problematisch wirkenden Passagen des Korans auf eine einfache und natürliche Weise auf plausible und annehmbare Fundamentalprinzipien hin kohärent gemacht werden können, so wie ich es hier vorgeführt habe. Es bleiben in jedem Interpretationsansatz, auch in denen der klassischen Gelehrten, Koranstellen, mit denen man sich schwerer tut – durch bloßen Verweis auf schwierige Stellen wird der von mir vertretene kohärentistische Ansatz also keineswegs widerlegt. Die Frage lautet nur: Welche Auslegung ist die plausibelste und lässt sich mit dem restlichen Text am besten vereinbaren? Und ja: Ich vermute, dass wir hier die plausibelste und universalisierbarste Deutung gefunden haben.

Das heißt: Jene, die die hier diskutierten Koranverse nicht wie ich, sondern als prinzipielles Freundschaftsverbot mit Juden und Christen auslegen, finden auch Argumente für ihre Sichtweise. Jedoch geraten diese in viel größere Widersprüche und Spannungen im Text, als es der hier vorgestellte Ansatz tut. Alleine schon die Erlaubnis Jüdinnen und Christinnen ohne Konversionsdruck zu heiraten macht die freundschaftsfeindliche Lesart des Korans unglaubwürdig.

Es ist also das Ausfindigmachen von fruchtbaren Fundamentalprinzipien im Koran, die die anderen Verse implizieren bzw. erläutern, womit Unklarheiten beseitigt und problematische Stellen völlig koranintern entschärft werden können. So wird eine inhaltliche Reduktion einzelner Aussagen auf allgemeinere Prinzipien möglich. Dies setzt natürlich eine gute Kenntnis des gesamten Textes und seiner Interpretationsmöglichkeiten voraus.
5) Schließlich: Das pragmatistische Geständnis

Nun haben wir viel über Koranauslegungen diskutiert. Ich habe versucht plausibel zu machen, dass ein Muslim durchaus mit Nichtmuslimen in der alltäglichen Wortbedeutung befreundet sein kann, und dass die koranische Toleranz hierzu viel größer und weiter gefasst ist, als es auf den ersten Blick scheint. Ferner habe ich versucht plausibel zu machen, dass die eigentlichen Normen und Bedeutungen des Korans sich erst erschließen lassen, wenn man den Text mit seinen eigenen Querbezügen und unter konsequentem Einbezug des historischen Kontextes liest. Schließlich war es mir wichtig herauszuarbeiten, dass eine ganze Reihe der hierzu nötigen Auslegungstechniken zum selbstverständlichen Reportoire der klassischen islamischen Wissenschaften gehört. Auch wenn die klassischen Gelehrten in manchen Punkten zu anderen Ergebnissen kommen, als wir: Die meisten hier und heute scheinbar problematischen Aussagen des Korans lassen sich durch Verweis auf den Koran selbst lösen, und die klassischen islamischen Wissenschaften geben uns wichtige Hinweise, wie das auf eine islamisch vertretbare Weise möglich ist.

Die hier vorgestellte Argumentation gipfelte im Versuch jene Verse des Korans ausfindig zu machen, die als Fundamentalprinzipien gelten können, weil sie die restlichen koranischen Aussagen implizit beinhalten. Und sie endete in der Feststellung, dass diese Fundamentalprinzipien viele scheinbare Probleme auf rational nachvollziehbare Weise differenzieren und schließlich lösen.

Aber:

Ich möchte ehrlich sein. Der tiefer liegende Grund, warum ich mit Nichtmuslimen faktisch Freundschaften schließe, ist wahrscheinlich keines der Argumente, die ich dargelegt habe, ja nicht einmal die Gesamtheit dieser Argumente.

Vielmehr ist es wohl die Tatsache, dass ich mit diesen Menschen aufgewachsen bin. Dass ich als kleines Kind mit ihnen im Kindergarten Lieder gesungen und gespielt habe. Dass ich bei ihnen als Kind daheim willkommen war, und dass sich selbst ihre Eltern Zeit für mich genommen habe. Dass ich durch sie die Welt der Büchereien, der Computer und der Wissenschaften entdeckt habe. Dass ich mit ihnen durch Dick und Dünn gegangen bin, in der Pubertät und darüber hinaus. Dass sie für mich da waren, wenn ich sie gebraucht habe, so wie auch viele Muslime für mich da waren, als ich sie gebraucht habe. Dass ich durch sie mit Philosophie, mit Musik und mit theoretischer Physik vertraut wurde. Dass wir gemeinsam gelacht und gesungen haben, dass wir philosophiert und gestritten haben. Dass ich durch sie gelernt habe meinen Glaube sowohl aus einer Innen- als auch aus einer Außenperspektive zu betrachten. Dass ich erkannt habe, dass jedem sein Gewohntes als das Naheligendste und Selbstverständlichste erscheint. Dass folglich Nichtmuslime nicht automatisch bösartige Leugner einer offensichtlichen Wahrheit sein müssen, sondern dass die meisten von ihnen unter völlig anderen Eindrücken aufgewachsen sind als ich, sodass es gänzlich nachvollziehbar wird, dass sie sich in ihrem Leben anders entwickeln als ich. Schließlich ist es die Tatsache, dass ich in allen Phasen meines Lebens die Erfahrung gemacht habe, dass Nichtmuslime manchmal die besseren Muslime sein können.

Und was ist nun die folgerichtige menschliche Antwort auf Gutes, das einem von seinem Mitmenschen wiederfährt?

„Soll der Lohn des Guten anders als Gutes sein?“ (Sure 55:60)

Das sind meine biografischen Gründe für meine Freundschaften mit Nichtmulimen. Diese waren erst der Auslöser dafür, dass ich mir die Mühe gemacht habe mich in dieser Hinsicht auch durch die Theorie des Islams zu arbeiten. Aber läuft das nicht immer so im Leben? Ich rate jedem in dieser Hinsicht dazu ehrlich zu sein und nicht den falschen Eindruck zu verbreiten, dass wir alles, was wir tun, nur tun, weil es der Islam das genau so von uns möchte. Bei vielen - aber nicht allen - Dingen ist es vielmehr so, dass wir etwas tun wollen und uns quasi nachträglich erst versuchen theoretisch abzusichern.

Das bedeutet aber nicht, dass sich jeder alles so zurechtbiegen soll, wie er möchte. Denn wer so vorgeht, betrügt sich letztlich nur selbst. Ein solches Verhalten, also die bewusste Übergehung, Verdrehung oder Leugnung von etwas Offensichtlichem, ist eines der Dinge, die mit einem aufrichtigen Glauben wohl für immer unvereinbar bleiben werden.

Vielmehr sollte der innere Wunsch nach etwas im Leben zum Anlass genommen werden sich ausführlicher mit der Theorie zu befassen. Und hinterher sollte man ehrlich genug sein um sich einzugestehen, wo die Vereinbarung klappt, und wo sie offensichtlich nicht klappen kann. Wie man dann letztlich leben will, ist nochmals eine andere Frage.

Ich danke Gott dafür, dass er mir die Möglichkeit gegeben hat mich diesem fundamentalen Thema zu widmen und zu einem positiven Ergebnis zu kommen. Ich hätte dabei auch scheitern können - und hätte dann mein positives Verhältnis zu den Deutschen um mich herum wahrscheinlich trotzdem fortgeführt, allerdings mit einem weinenden Auge, also in dem Bewusstsein, dass meine Religion diese Freundschaften eigentlich verbietet.

Doch meine Auseinandersetzung mit dem Koran hat mich zu dem Punkt gebracht, dass ich glaube im Punkt Freundschaften mit Nichtmuslimen auch islamisch auf der richtigen Linie zu liegen. Natürlich ist dies hier nur eine kurze Abhandlung und bedarf eigentlich einer noch viel umfassenderen Analyse. Aber um genau dies im Laufe der Jahre zu bewerkstelligen habe ich ja begonnen diesen Blog zu führen.

Nunmehr bleibt mir nur noch darauf hinzuweisen, dass das hier Dargestellte nicht beansprucht eine Art fatwa zu sein. Ich stelle hier lediglich die Argumente vor, nach denen ich teilweise lange gesucht habe, und die vielleicht dem einen oder anderen nützen können. Wie ich jedoch dargestellt habe, glaube ich zwar, dass diese Argumente gültig sind, dass ich jedoch auf diese erst aufmerksam geworden bin, weil ich nach einem islamischen Fundament für eine innere Überzeugung gesucht habe.

Insofern gebe ich wie gesagt gerne und offen zu, dass bei mir der Wunsch der Vater des Gedankens war. Aber das ist insofern unproblematisch für mich, als dass ich ja schließlich die guten Argumente gefunden habe. Die Geltung (Wahrheit) dieser Argumente hängt also nicht von ihrer Genese (Entstehungsgeschichte) ab. Das wäre wieder eine meiner Arbeitshypothesen.

Von daher kann die pragmatistische Erkenntnis lauten: Es gibt im Leben meist vorreligiöse Entscheidungen, die die anschließende Sichtweise auf die Religion vorprägen. Je nachdem wie diese Vorentscheidungen ausfallen, kann die logisch spätere Religion diese Sichtweise mal mehr, mal weniger bestätigen. In jedem Fall gilt, dass man den Mut haben sollte seinem inneren Gefühl vorerst mal Vertrauen zu schenken und beim anschließenden Studium der Religion hartnäckig genug zu sein um bis zum Ende durchzuhalten und sich nicht von Nachplapperern und Betonköpfen entmutigen zu lassen.

Ich wünsche allen religiösen Muslimen, dass sie nicht erst lange suchen müssen, um auf Antworten zu stoßen, auf die man auch selbst kommen könnte, wenn man etwas mutiger und beharrlicher wäre. Dazu müssen wir jedoch die gesamte islamische Geisteskultur auf Vordermann bringen und dem Endverbraucher einfacher zugänglich machen - und das ist eine Menge Arbeit.

Noch ein Hinweis für die um Integration bemühten Leser: Damit eine Integration der Muslime in Deutschland besser gelingt, müssen wir nicht erst alle durch die hier dargestellte Theorie. Es ging mir hier nur um den Nachweis, dass man eine Freundschaft mit Nichtmuslimen systematisch und fundiert mit dem Koran in Einklang bringen kann. Diese Art des theoretischen Vorgehens ist für den theoretisch interessierten Muslim und Nichtmuslim interessant. Für alle anderen, also die erdrückende Mehrheit, reicht die zwischenmenschliche Begegnung in der Wirklichkeit da draußen und die Beachtung der ganz gewöhnlichen Regeln des respektvollen Miteinanders. Das bewegt viel mehr als eine noch so fundierte Koranauslegung.

In diesem Sinne, vesselâm und einen gesegnete zweite Hälfte des diesjährigen Ramadan...

„Preis sei Dir, wir haben nur Wissen von dem, was Du uns lehrst; siehe, du bist der Wissende, der Weise…“ (2:32)


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Mein vor ca. 4 Wochen veröffentlichter Text "Darf sich ein Muslim Juden und Christen zu Freunden nehmen?" ist über 800 mal angeklickt worden. Wie erwartet habe ich für ihn neben Zuspruch auch Kritiken erhalten. Und wie ich bereits vermutet hatte, kam eine grundsätzliche Kritik an meinem Ergebnis, dass es kein islamisch-religiöses Hindernis für eine Freundschaft mit Nichtmuslimen gibt, nicht von muslimischer, sondern von islamkritischer Seite. Beim Verfassen einer Antwort auf ein dahingehendes Posting des Mitbloggers Micheal merkte ich, dass diese schon fast zu lang für einen Kommentar wird. Darum habe ich daraus einen Text gemacht. Folgender Text bezieht sich unmittelbar auf "Darf sich ein Muslim Juden und Christen zu Freunden nehmen" und auf Micheals ersten Kommentar dazu. Et voilá:

Grüß dich Micheal,

hier einige kritische Anmerkungen meinerseits zu einigen deiner durchaus diskussionswürdigen Kritikpunkten. Der Übersichtlichkeit zuliebe habe ich meine Antwort thematisch gegliedert und zitiere dabei jeweils aus deinem ersten Kommentar. Leider muss ich erst mit einer Kritik an deinem Stil beginnen.
1. Kritik an deiner Diskurshaltung und Zurückweisung deines Psychologismus

Du schreibst:

„Mal wieder ein zum scheitern verurteilter Versuch den Islam, so wie er in Koran und Sunna steht, zwanghaft ins schöne zu interpretieren. „

Ich habe einen langen Text mit einer ganzen Reihe von Argumenten verfasst, die anhand eines populären Beispiels (Juden und Christen als Freunde) zeigen, dass der Koran als religiöse Orientierungsquelle kein Hindernis für ein friedliches und freundschaftliches Miteinander in einer pluralistischen Gesellschaft darstellt. In deiner Replik bist du – bis auf eine Ausnahme – leider auf keines meiner Argumente direkt eingegangen, sodass ich nicht weiß, inwieweit du diese verstanden hast. Wie soll ich da sicher gehen können, dass du ausgerechnet die in jeder Hinsicht viel komplexeren Quellen Koran und Sunna verstanden haben sollst?

Das alleinige Zitieren von Wortlauten ist für eine Erkenntnis darüber, was der Gesamttext nun eigentlich will, wertlos – das war eine meine zentralen Thesen. Jeder, der über den normativen und universalisierbaren Gehalt des Korans spricht, muss detailliert Rechenschaft über seine zugrundeliegende Herangehensweise ablegen können. Diese sollte auf einem Wissen über Struktur und Auslegungsgeschichte des Korans basieren. Dann kann man auch ertragreich über problematische Aspekte diskutieren. Eben dies versuche ich in meinen Texten. Ich würde von deiner Kritik mehr profitieren, wenn du direkter meine konkreten Argumente angreifst und entkräftest, statt einfach isolierte Gegenargumente aufzuführen. Noch hast du nichts von dem widerlegt, was ich geschrieben habe. Ein selbstgefälliger Ton ändert daran auch nichts.

„Frei nach dem Motto, der Islam darf keine schlechte religöse Ideologie sein…“

Der Islam ist, so wie die meisten Muslime einschließlich mir ihn verstehen, auch keine schlechte religiöse Ideologie, sondern eine sinnstiftende, moralische, spirituell tiefgründige und rational vertretbare religiöse Weltanschauung. Das sage ich vermutlich nicht aus einer frühkindlicher Indoktrination heraus, wie du mir offensichtlich unterstellst (bist du ein telepathisch veranlagter Tiefpsychologe, oder so etwas?), sondern aus langjähriger Erfahrung mit der Theorie und Praxis eines reflektierten, modernefähigen Islam.

Natürlich hat der Islam in Theorie und Praxis auch problematische Bereiche. Aber die meisten von diesen sehen von innen anders und weniger kompliziert aus als aus der Außenperspektive. Vielleicht solltest du etwas mehr mit der Möglichkeit rechnen, dass das, was du als Islam „so wie er in Koran und Sunna“ steht bezeichnest, sich grundsätzlich von dem unterscheidet, was wir als Islam „so wie er in Koran und Sunna steht“ verstehen. Ich respektiere deine Sichtweise und versuche sie zu verstehen, nicht zuletzt, weil ich mich für islamkritische Argumente interessiere – jedoch kommen wir nur dann wirklich weiter, wenn du meine bzw. unsere Sichtweise als authentisch und als nicht weniger seriös und durchdacht anerkennst als deinige.

Freilich gibt es heute eine Reihe schlechter religiöser Ideologien innerhalb des Islams (so wie auch innerhalb der Islamkritik). Jedoch sehe ich es nicht ein, warum ich bei der Diskussion meines Islamverständnisses in jedem zweiten Satz darauf hinweisen sollte, dass es ja auch schlechte Auslegungen des Islam gibt. Lieber formuliere ich meine eigene Position.

„…und nur einer der krampfhaft das Positive sucht, weil es einfach nicht sein kann das er von klein auf mit etwas gar nicht so Tollem indoktriniert wurde, kann diese klare Ansagen nicht verstehen…“


Lieber Micheal, genau dies ist der bornierte Ton, in dem man kein Gespräch führen kann. Du psychologisierst, statt wie gesagt auf Argumente einzugehen. Vergleiche dazu meine Überlegungen zur Geltung und Genese von Argumente, die ich im fünftenTeil meines Textes vorgestellt habe. Ich möchte meine Gedanken zu Geltung und Genese von Argumenten hier nicht nochmals wiederholen. Das dort Geschrieben gilt. Also lassen wir das Psychologisieren und Gedankenlesen und unterhalten uns lieber über Argumente und Hermeneutiken.

„Das Umfeld und die Freunde beeinflussen eine Menschen, so wie dich Hakan, du bist anders als welche die im tiefsten türkisch/islamischen Ghetto in Berlin Kreuzberg groß geworden sind...“

Sorry, eine solche Auszeichnung als „Ausnahme“ lehne ich ab. Es müssen nicht erst Massen von Türken schlecht sein, damit woanders ein Türke auch mal etwas Vernünftiges gesagt haben darf. Die Probleme in Kreuzberg sagen zudem recht wenig über den Islam, aber recht viel über die soziale und politische Verfasstheit Berlins aus. In Stuttgart haben wir eine viel positivere Konstellation. Aber ich akzeptiere deine Aussage, dass das Umfeld einen Menschen entscheiden prägt – auch den Islamkritiker, der gelernt hat in disjunkten Kulturen und Ideologien zu denken, und darauf zu bestehen den Islam nicht nach dem historisch vermittelten Sinn, sondern nach eigens ausgewählten Wortlauten des Korans zu beurteilen. Das ist alles nicht originell. All das findest du ausführlich in meinen Text diskutiert.

„Würdest du den Islam objektiv betrachten, dann wüsstest du das…“

Wenn ich den Islam ohenhin nicht objektiv betrachte, meine Ansicht auf frühkindlicher Indoktrination beruht, und der Islam überhaupt nur eine schlechte religiöse Ideologie ist, der nur „Schöndeuter“ etwas Positives abgewinnen können, dann muss die Islamkritik sich natürlich nicht auf Argumente von Muslimen und Islamkennern einlassen. Stimmt's? Der radikale Flügel der Islamkritik, dem du wohl nicht angehörst, kann dann in Ruhe weiter gegen den Islam hetzen und Hass auf die Muslime verbreiten. Ich rate zur Vorsicht, auf wessen Brot du da Butter schmierst (türkische Redewendung).

So, das war jetzt genug Polemik, kommen wir auf deine Argumente:

2. Kritik an deiner Glasklarheitstheorie

„…den Islam, so wie er in Koran und Sunna steht…“
„Dieser Vers ist glasklar…“

Es gibt aus einer Reihe von erkenntnistheoretischen, historischen, linguistischen, hermeneutischen und exegetischen Gründen keinen abrufbaren „Islam, so wie er in Koran und Sunna steht“ – ausnahmslos jeder Islam ist eine Auslegung. Wir können uns daher nur über Islaverständnisse unterhalten. Schon alleine die Auswahl bestimmter Verse zur Begründung von etwas ist eine Auslegung. Ebenso die Hierarchisierung der Quellen, die Frage nach der Universalität, nach Authentizität der Überlieferungen, nach Symbolik, nach historischen und textuellen Kontexten…

Bereits das bloße Lesen der Verses „Verrichtet euer Gebet“ und eine Auslegung in dem Sinne, dass Muslime ihr rituelles Gebet verrichten sollen, ist eine Interpretation (idschtihâd) – so ist zumindest die islamische Gelehrsamkeit mit dem Koran umgegangen. Von wegen Glasklarheit also…

All das habe ich aber schon in meinem Text geschrieben. Lies einfach nochmals meinen Exkurs zur islamischen Rechtsmethodologie. Dort findest du eine sehr kurze und exemplarische Demontage der „Glasklarheitstheorie“, wie sie von einfältigen Wortlautfundamentalisten und sie kopierenden Islamkritikern behauptet wird…
3. Antwort auf deinen islamkritischen „Surenpingpong“

Im Prinzip habe ich die Antwort auf deine folgenden Koranzitate bereits in meinem Text vorweggenommen. Ich verweise insbesondere nochmals darauf, dass ich die Koranverse nicht als für sich selbst stehenden Aussagen betrachte, sondern in einen kohärenten, logischen Gesamtkontext stelle und dabei versuche diejenigen Fundamentalprinzipien auszumachen, die die anderen koranischen Aussagen am besten zusammenfassen, implizieren und erklären. Fundamental ist dabei die Beachtung textueller und historischer Kontexte. Da der Koran stets als eine konkrete Antwort auf eine konkrete Situation zu Zeiten des Propheten hin formuliert ist, können einzelne Sätze nicht ohne eine gute Begründung universalisiert werden. Sonst erzeugt man zahllose Widersprüche im Koran, die der kontextualisierende Ansatz nicht mehr hat.

Ich erwarte von dir nun nicht, dass du meine kohärentistische Synthese anerkennst – jedoch müsste der „objektive“ Islamkritiker, sofern er gut informiert ist, eingestehen, dass der Koran bei praktisch allen umstrittenen Themen zumindest mal widersprüchliche Wortlaute aufweist (wie ich mit diesen scheinbaren Widersprüchen umgehe, habe ich erklärt). Diese erste Widersprüchlichkeit des Korans ist ein wichtiges Thema der klassischen Koranexegese und ein weiteres Argument gegen eine „Glasklarheit“ des Korans.

Ich hatte in meinem Text gezeigt, dass der Koran, wenn er in seinem eigenen Gesamtkontext verstanden wird, keinen Anlass dazu gibt Freundschaften mit Nichtmuslimen auszuschließen. Um die Fruchtbarkeit meines Ansatzes zu zeigen, möchte ich dennoch auf die folgenden Kritiken eingehen.

„Noch interessanter ist aber Vers 5:55:

‚Eure Freunde sind EINZIG Allah und sein Gesandter UND DIE GLÄUBIGEN, die das Gebet verrichten und die Zakat zahlen und Gott allein anbeten.‘

Dieser Vers ist glasklar, nur Allah, Mohammed und Muslime sind Freunde, denn Christen oder Juden zahlen bekanntlich keine Zakat."

Nein, nicht einmal dieser Vers ist „glasklar“ (s.o.). Koranauslegung besteht nicht aus einer Auflistung von Wortlauten. Zunächst einmal: Jeder, der den Koran näher studiert hat, weiß, dass der Koran auch die religiöse Praxis der Propheten und Gläubigen vor dem Islam (Ismael, Abraham, Isaak, Jakob, Luqman, Moses, Jesus etc.) als das Zahlen der Zakat und das Verrichtens des Gebets beschreibt (14:37-40, 19:54-55, 21:72-72, 31:17, 20:11-14, 19:29-31). Und er meint damit eben nicht genau die Form, wie sie vom Propheten Mohammed gelehrt wurde, was ja ein Anachronismus wäre. Im Gegenteil: Durch solche Hinweise soll der Islam gerade in die abrahamitische Tradition integriert werden. Dies nur um zu verdeutlichen, dass sich das „Gebet und Fasten“ im von dir zitierten Vers nicht als Abgrenzungskritierium von den anderen Religionen (zumindest den monotheistischen) eignet.

Dennoch bezieht sich die Gruppe derer, die laut Wortlaut des genannten Verses zum „Freund“ genommen werden dürfen, sicherlich auf die Muslime, was aus der koranischen Sprachkonvention „sein Gesandter und die Gläubigen“ folgt. Aber wie ich im Exkurs in meinem Text gezeigt hatte: Selbst ein universell formulierter Wortlaut ist noch kein immer und überall verbindliches Urteil. Was hältst du eigentlich von der dort beschriebenen takhsîs-Thematik?

Noch ein wichtiger Hinweis: Ich hatte in meinem Text unter 1) ausführlich dargestellt, dass walî nicht unmittelbar als Freund im alltäglichen Sinn verstanden werden kann. Darauf bist du leider nicht eingegangen - wohl weil du über eine „glasklare“ Koranübersetzung verfügst. Aber sei’s drum. Gehen wir im Folgenden für einen Moment mal davon aus, dass walî wirklich als Freund im alltäglichen Sinne verstanden werden kann. (Ich mache dies, um eine immanente Kritik an deinem Argument zu formulieren.)

Aus



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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 22:46
Ich weiß, es ist recht viel, aber das sollte reichen um das Thema ausführlicher Darzustellen. ;)

Edit: Der Text ist wohl doch zuuuu Lang, weshalb was fehlt. Hm .... *grübel*


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Islam: Die wahre Religion?

02.04.2012 um 22:48
Hier gehts weiter:
Aus diesem Vers würde dennoch nicht folgen, dass nur Muslime zu Freunden genommen werden dürfen. Denn: Wie ich in meinem Text unter 3) ausführlich erläutert habe, erfolgt die Abgrenzung in der genannten Passage wahrscheinlich nicht von Juden und Christen generell, sondern von Juden und Christen, die den Islam verspotten (5:57). Dazu hätte ich gerne eine Stellungnahme deinerseits. Der von dir angeführte Vers 5:55 („nur Muslime zu Freunden nehmen“) wäre dann als stilistisch motivierter Kontrapunkt d. h. Gegenpol in diesem speziellen Kontext zu verstehen, und nicht als endgültiges Ausschlusskriterium. Das hieße, dass die in dieser Passage genannten Alternativen, nicht alle in der Praxis denkbaren Fälle abdecken, so wie dies kaum eine Koranpassage tut. Diese Erklärung – drastisch anmutende Koranpassagen behandeln nie alle möglichen Fälle – ist keine „Schöndeutung“, sondern kann wohl begründet werden, nämlich durch:

a) Konsistenz: Wenn 5:55 bedeuten würde, dass man sich nur Muslime zu Freunden nehmen darf, dann stünde dies in klarem Widerspruch zum Beginn der Sure, wo Muslimen gestattet wird Jüdinnen und Christinnen zu heiraten. Das habe ich in meinem Text ausführlich thematisiert. Ferner würde eine solche Deutung in keinster Weise mit der medinensischen Passage 60:8-9 konsistent gemacht werden können, in der ja erklärt wird, dass nur Freundschaften mit Nichtmuslimen verboten sind, die die Muslime aktiv bekämpfen.

b) Vergleichbare koranische Passagen: In Sure 32:4 heißt es „Außer Ihm [also Gott – HT] habt ihr weder einen ‚Freund‘ (walî), noch einen Fürsprecher“. Nach deiner Logik müsste aus diesem Vers folgen, dass Muslime sich niemand anderen außer Gott zum Freund nehmen dürften, also auch keine Muslime. Wenn dies jedoch hier nicht folgt – und es folgt natürlich nicht – dann folgt aus 5:55 auch nicht, dass sich Muslime keine Nichtmuslime zum Freund nehmen dürften.

Lassen wir nun wieder die wahrscheinlich ohnehin falsche Bedingung fallen, dass walî Freund bedeutet, wie es in vielen Übersetzungen vereinfacht heißt. Dafür sprechen viele Argumente (siehe mein Text). Der Begriff walî ergibt meistens deutlich mehr Sinn, wenn man ihn als „Beschützer“ versteht. In diesem Kontext würde dann 32:4 auch eine sinnvollere Aussage ergeben, nämlich: „Außer Ihm [Gott – HT] habt ihr keinen Beschützer.“ Und übertragen auf die Verse 5:55 und 5:57 würden diese dann ebenfalls nicht mehr direkt zur Freundschaftsthematik passen.

Du schreibst:

„Andere Verse und damit der wichtige Kontext sagen ähnliches:
4:144 ‚O ihr, die ihr glaubt, nehmt euch keine Ungläubigen zu Freunden anstelle der Gläubigen. Wollt ihr Allah offenkundige Beweise gegen euch selbst geben?‘“

Ja, der Kontext ist sehr wichtig – aber du argumentierst, soweit ich das sehe, im Unterscheid zu mir weitgehend kontextfrei. Natürlich haben solche Verse immer historische wie textuelle Kontexte. Diese Kontexte machen (mir zumindest) plausibel, warum der Koran manchmal Gläubige und Ungläubige als unversöhnliche Gruppen direkt gegenüberstellt, während er sie einige Passagen später dann wieder versöhnlich auftreten lässt. Viele dieser Passagen wurden nämlich unter Bedingungen eines konkreten militärischen Konfliktzustandes formuliert – die Aussage von 4:144 ist schlicht und ergreifend, dass die Muslime ihre militärisch bedrohte Gemeinschaft nicht an den Feind verraten sollen. Der Vers wäre so treffender übersetzt: „Nehmt euch nicht die Ungläubigen zu Beschützern anstelle der Gläubigen“ (s.o.). Eine Seite zuvor findet man zudem wieder eine differenziertere Aussage: „Wenn ihr hört, dass Leute nicht an die Zeichen Gottes glauben und sie VERSPOTTEN, dann sitzt nicht mit ihnen, solange sie nicht zu einem anderen Gespräch übergehen.“ (4:140). Selbst hier gilt offensichtlich das Prinzip: Wer den Islam nicht öffentlich verspottet, mit dem kann sich der Moslem also doch zusammensetzen und einen Tee trinken. Wenn das schon vor 1400 in Medina im Kriegszustand galt, dann wird das heute in einer pluralistischen, per Verfassung befriedeten Gesellschaft erst recht gelten dürfen. (Diese Argumente sind zugegebenerweise etwas weltfremd und konstruiert und hier nur deswegen wichtig, weil es um die nicht ganz unerhebliche Frage geht: "Könnte ein Muslim zugleich nach dem Koran leben und ein integriertes, aktives Mitglied der deutschen Gesellschaft sein?" - darum meine etwas übertriebene Detailgenauigkeit).

Betrachten wir redundanterweise noch den von dir genannten Vers 3:28:

"Die Gläubigen sollen sich nicht die Ungläubigen anstatt der Gläubigen zu Freunden [bzw. Beschützer – HT] nehmen. Wer das tut, hat keine Gemeinschaft (mehr) mit Allah. Anders ist es, wenn ihr euch vor ihnen wirklich fürchtet. (In diesem Fall seid ihr entschuldigt.) Allah warnt euch vor sich selber. Bei ihm wird es (schließlich alles) enden."

Dass auch dieser Vers in einer Atmosphäre des Konflikts formuliert wurde, zeigt sich z. B. in 3:21: „Siehe, jene, die nicht an Gottes Zeichen glauben und die Propheten wiederrechtlich töten und von den Menschen ermorden, wer immer ihnen Rechtschaffenheit befiehlt – ihnen verkünde schmerzliche (jenseitige) Strafe.“

Du schreibst ferner:

„…sogar bei der eigenen Familie soll man auf den Unglauben reagieren:

9:23 "O die ihr glaubt, nehmt nicht eure Väter und eure Brüder zu Freunden, wenn sie den Unglauben dem Glauben vorziehen. Und die von euch sie zu Freunden nehmen - das sind die Ungerechten."

Abgesehen davon, dass walî bzw. der Plural awliyâ nach wie vor nicht einfach als Freund verstanden werden kann: Die Verse von Sure 9 eigenen sich am allerwenigsten zum kontextlosen Zitieren, da diese fast vollständig unter Kriegsbedingungen, in denen sich auch Familienmitglieder gegenüber standen, formuliert wurde. Man kann solche Verse somit in kaum einer Hinsicht auf unsere Situation heute übertragen. Ein Beweis dafür findet sich unmittelbar im Text, z. B. in 9:12-13: „...sie haben euch zuerst angegriffen…“ (wa hum bada'ûkum awwala marra).

Um wieder dem Argument zuliebe zuzuspitzen: Mich hat in Deutschland bislang niemand physisch angegriffen (außer einmal mein späterer Kumpel in der Grundschule, gegen den mir wiederum ein Christ zur Hilfe eilte – siehe mein Text). Und wenn mich jemand wegen meines Glaubens tätlich angreifen würde, dann stünde der deutsche Staat und das Gros der Gesellschaft ohnehin auf meiner Seite, und nicht auf der Seite des Angreifers. Auch dies war im historischen Kontext von Sure 9 anders, wie dir jeder halbwegs kundige Koranexeget erklären kann.

Ohne Witz: Hier in Stuttgart ist alles voller freundlicher Schwaben, mit denen ich sehr gerne zusammenarbeite, und von denen ich viel lerne. Ich bin sicher, dass diese mich nicht angreifen wollen, wie es die eingeschworenen mekkanischen Gegner des Propheten und ihre Verbündeten taten, um die es in Sure 9 geht. Warum soll ich mir da also von kontextlosen Zitaten aus der (zugegebenerweise recht kriegerischen) Sure 9 mein gut glauntes Islamverständnis ausreden lassen?

Ja: Ich verstehe mich mit diesen Leuten blendend - das ist doch klasse! So soll es doch sein! Und das liegt nicht daran, dass ich den Koran nicht ernst nehmen, nicht kennen, oder nicht intensiv studieren würde. Nein: Das Verhältnis Koran-Muslim ist grundsätzlich anders als du glaubst (siehe z. B. hier oder hier). Meine Position zur Freundschaftsfrage habe ich vor vielen Jahren geklärt. Seitdem habe ich mich viel und intensiv mit allen kritischen Themen im Kontext Koran befasst - und dabei sind mir weder die Nichtmuslime unsympathischer geworden, noch der Islam. Wie das geht? Auf meinem Blog versuche ich zu erklären, wie das geht. Der Koran versteht sich nicht als fertige Anleitung für das Leben. Er ist eine historisch verortete Offenbarung, in der sich Grundsätzliches mit rein historische Bedingtem und völlig Kontigentem mischt. Das zu trennen ist gute islamische Tradition. Und dazu bedarf es der Vernunft - die Vernunft, zu deren Gebrauch auch der Koran aufruft. Von daher kann von einer Islamwidrigkeit rationaler Zugänge zum Islam keine Rede sein.

Und nochmals zu deinem Vers: Wo der Islam selbst die Ehe mit Nichtmuslimen billigt, macht es keinen Sinn aus historisch klar situierten Versen wie 9:23 ableiten zu wollen, dass ein Moslem nichtmuslimischen Familienmitgliedern gegenüber feindlich gestimmt sein müsse.

Und zu deinem Einwand, dass die christliche Ehefrau eines Muslims islamisch gesehen ohnehin kaum Einfluss geltend machen könnte: Es war, ist und bleibt die Mutter, die die Kinder am nachhaltigsten prägt. Das war zu Zeiten Mohammeds nicht anders als heute. Er wusste dies sehr wohl – es gibt zahlreiche Hadithe zum hohen Stellenwert der Mutter. Zu glauben, dass eine christliche Mutter aufgrund eines Patriarchats keinen nennenswerten Einfluss auf die Haltungen des Mannes und der Kinder haben könnte, halte ich für ausgesprochen realitätsfern.

Trotz all den Konfliten zu den Frühzeiten des Islams, die sich heute im Koran wiederspiegeln: Dem Islam lag es nie an einer grundsätzlichen Segregation von Andersgläubigen. Eine Angst vor den Argumenten des Anderen ist dem Kern des Islams fremd. Muslime haben, nicht zuletzt in Anlehnung an den Propheten selbst, nie die argumentative Konfrontation mit Andersgläubigen gescheut, ja haben auf dieser Basis sogar Wissenschaften entwickelt (z. B. die Kalam-Theologie).
4. Fazit

Du siehst also: Ich halte meine Argumente für gut und kann in deinen Kritiken nichts erkennen, das mir neu wäre oder gar etwas von dem hier Gesagten auch nur im Ansatz widerlegen würde. Ob sie dich überzeugen, wage ich zu bezweifeln. Aber ich würde mir doch wünschen, dass du versuchst meine Sichtweise als Ganzes nachzuvollziehen, und dann diese immanent kritisiert, bevor du nun die nächsten fünf Koranverse auflistest, die mich widerlegen sollen (eine sachliche Antwort wäre dir jedoch gewiss, wenn auch nicht umgehend).

Meinen Ansatz müsste man schon aus einer konzeptuell anspruchsvolleren Warte angreifen, um ihn zu zerstören. Aber dazu müsste man ihn erst gründlich aufarbeiten. Man könnte z. B. versuchen die offenen und versteckten Prämissen (die es in allen Ansätzen gibt) zu finden und versuchen in diesen einen inneren Wiederspruch nachzuweisen oder sie anderweitig ad absurdum zu führen. Ich weiß nicht, wieviele Islamkritiker überhaupt die Geduld (oder die Kapazität?) für eine solche Aufarbeitung islamisch-hermeneutischer Systeme haben.

Das soll hier wirklich nicht großkotzig klingen (auch wenn es dies tut), aber wenn ich mir die zahllosen "Widerlegungen" des toleranten Islamverständnisses im Internet anschaue, dann halte ich es auch für eine wichtige und gemeinnützige Pflicht klarzustellen, dass diese "Widerlegungen" (und Hetzpamphlete gegen Muslime) Blendwerk sind auf Dauer nur die chronisch Halbgebildeten und Halbstarken unter den Islamkritikern (es gibt aber auch bessere) zufriedenzustellen vermögen...

Zum Abschluss möchte ich nochmals einen Kommtar von mir aus dem Kommentarbereich von "Darf sich ein Muslim Juden und Christen zu Freunden nehmen?" wiedergeben, der eine mögliche Erklärung dafür anbietet, warum der Koran überhaupt vom Motiv des Konflikts mit den anderen Religionen durchzogen ist, und warum dies für uns heute kein Problem darstellen muss:

'Mann muss das vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte des Islams betrachten. Die Muslime waren in Mekka aufgrund ihres Glaubens nicht mehr willkommen. Die Situation, die bis zu Verfolgung und Folter der Muslime führte, erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass die noch sehr junge und kleine Gemeinde dem Druck nicht mehr standhält und zerfällt. Mekka stand den Muslimen für eine lange Zeit als mächtiger Widersacher gegenüber, der die neue aufrührerische Religion am liebsten vernichtet hätte. Die Religion war neu, die Gemeinde unerfahren, und die Fortexistenz alles andere als gesichert. In diesem Kontext hat der Koran die Muslime zu einer starken Loyalität untereinander und zu einer Distanzierung von allen Kreisen aufgerufen, die in irgendeiner Form strategisch mit Mekka gegen die Muslime kooperierten, oder ihre Feindschaft gegenüber die Muslime kundtaten. Die Verführung dem mächtigen Feind Zugeständnisse zu machen, war nicht zu unterschätzen: Es ist überliefert, dass Muslime in Medina Mekkanern Briefe schrieben, um sie über das weitere Vorgehen der Muslime im Krieg mit Mekka zu informieren. Solche Risiken galt es zu unterbinden.

Da der Grund der Vertreibung der Muslime aus Mekka offensichtlich ihr Glaube war, verwendet der Koran in manchen Passagen das Wort "die Leugner" geradezu synoym mit "die Feinde". Der Gesamtzusammenhang zeigt, dass diese Gleichsetzung allein der Tatsache geschuldet war, dass es eben gerade sie waren, die den Islam bekämpften. Die muslimische Gemeinde beharrte unter der Führung des Propheten jedoch auf ihrer politischen und theologischen Souveränität und ihrer Entschlossenheit gegenüber allen Bedrohungen, was dem Islam einen kämpferischen Charakter verlieh und hinter den polemisch wirkenden Passagen des Koran steht. Bei all dem hat der Koran nicht versäumt zu klären, dass er die generelle Bereitschaft zu Frieden und Freundschaft nicht aufgibt, sondern nur von der Abwesenheit einer militärischen Bedrohung abhängig macht. Das wollte ich in meinen Text ausarbeiten.

In friedlichen, durch Verträge bzw. Verfassungen stabilisierten Zuständen [d. h. im modernen Rechtsstaat und in durch das Völkerrecht geregelten internationalen Beziehungen] entfällt dieser Kontext. Beim Vorliegen dieser Zustände erscheinen manche koranischen Aussagen hier und heute unnötig polemisch, ja feindselig. Sie haben jedoch zu ihrer Zeit eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Islams, der Sicherung seiner unabhängigen Fortexistenz und der Schaffung einer souveränen islamischen Identität gespielt. Wenn wir diese Passagen heute nicht in ihren textuellen und historischen Kontexten verstehen, verstehen wir sie falsch.

Mir ist es wichtig herauszuarbeiten, welche normativen Konsequenzen der Koran unter den Bedingungen einer modernen Demokratie wie hier in Deutschland hätte. Diese Bedingungen hier und heute sind nicht im Entferntesten mit denen in Mekka oder Medina zu Zeiten des Propheten vergleichbar. Das Ergebnis ist ausgesprochen positiv und widerlegt die ideologischen Schreckensszenarien.'

Und zu allerletzt nochmals die Koranpassagen, die den gesamten Textbestand des Korans zum Thema „Kontakte mit Nichtmuslimen“ prägnant zusammenfassen und ohne die jede Diskussion zu diesem Thema unvollständig ist (näher Infos siehe mein Text - ein nicht religiöse, sondern rein rationale Diskussion des Themas erfolgt an anderen Stellen):

"Vielleicht lässt Gott zwischen euch und denen von ihnen, die euch feind sind, Freundschaft/Liebe [arab.: mawadda - HT] entstehen. Gott ist mächtig und Gott ist verzeihend, barmherzig.

Gott verbietet euch nicht, gegen die gütig und gerecht zu sein, die euch nicht wegen eures Glaubens bekämpft oder aus euren Häusern vertrieben haben. Gott liebt fürwahr die gerecht Handelnden.

Gott verbietet euch nur, mit denen Freundschaft zu schließen, die euch des Glaubens wegen bekämpft oder euch aus euren Wohnungen vertrieben oder euch aus euren Wohnungen vertrieben oder bei eurer Vertreibung geholfen haben. Wer mit ihnen Freundschaft schließt, tut Unrecht." (60:7-9)

In diesem Sinne: Herzliche Grüße & Selam an Micheal und alle anderen Leserinnen und Leser.

(Ich weiß, dass dieses Thema eigentlich nicht isoliert vom ganzen Rest der Islam- und Integrationsdebatte diskutiert werden sollte. Aber anders ist es mir aus Zeitgründen im Moment leider nicht möglich. Das Weitere – Wahrheitsanspruch und Toleranz, Pluralismus, Säkularität, Rolle von Vernunft und religiösen Quellen etc. – diskutiere ich bei Gelegenheit, d. h. wenn mich wieder die Schreibwut packt.)



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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:32
@Repulsor
Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich jetzt auf so eine rabulistische Schlammschlacht einlasse? :D
Zitat von RepulsorRepulsor schrieb:Wenn du mir aufzeigen kannst, wo ich das getan haben soll, dann zeige mir doch diese Stelle auf.
Nun, wenn du immer noch der von dir oben geschriebenen Unterstellung als Wahr betrachtest, so verlange ich von dir eine Ausführlichere Antwort.
Zitat von RepulsorRepulsor schrieb:Ich habe Unverständnis vorgeworfen UND diese Begründet. Trance hat sich auch verteidigt. Und wo habe ich Gewalt legitimierende Pasagen aus dem Koran oder von den Überlieferungen des Propheten zugestimmt/relativiert/ ...?
Wo du das hast, kannst du doch selbst finden, wenn du schon so eifrig am Beiträge finden bist, ich bezweifle aber, dass du es dergestalt wahrnimmst.
Übrigens hast du deinen Vorwurf an Trance nicht begründet, als ich dich nach einer bat und als Beispiel einen von ihr genannten Vers und ihre Schlussfolgerungen darauf brachte, hast du doch allen Ernstes behauptet, du hättest nicht mal die Hälfte von ihr gelesen. :D
Und als ich nochmal näher drauf einging, kam gar nichts mehr von dir diesbezüglich. Alles zu lesen auf dieser Seite:
Islam: Die wahre Religion? (Seite 1662)

Jetzt darfst du sogar das nochmal relativieren. Du bist dran und ich überlasse dir gerne das letzte Wort :)


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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:37
@libertarian
Du willst mich also damit abspeisen?
Du hast mir was unterstellt, also Beweise es mir auch. Mag sein, das ich gut darin bin, Beiträge wieder zu finden, aber es ist nicht meine Aufgabe für dich die Beweise zu finden.
Und was für eine Schlammschlacht? Hast du nicht damit angefangen? Für mich war der Kapitel abgeschlossen, aber du hast wieder mit der Unterstellung angefangen. Entweder du Beweist mir deine Beiträge oder du bist für mich einfach nur ein Provokant der nicht in der Lage ist, sich Verbal zu verteidigen und deshalb lieber auf die persönliche Schiene geht um wenigstens etwas gesagt zu haben.
Lächerlich.

Edit: Diese Smilies zeigen mir, wie hoffnungslos verzweifelt du schon bist. :P


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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:41
@Repulsor
Siehe mein Link :D

Und dass ausgerechnet du mit solchen Worten antanzt, finde ich schon sehr amüsant :)

Schau mal in den Spiegel. Ich halte ihn dir auch gerne vor :)


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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:44
@libertarian
Gut, du kannst also deine Unterstellungen mir gegenüber also doch nicht Beweisen.


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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:46
@Repulsor
Ich darf dich nochmal an meinen Link erinnern. Info: der führt dich nicht nur wie deine einzelnen Beiträgen auf aus den Kontext gerissene Beiträge, wo du doch eigentlich den Kontext so lieb hast, sondern auf die gesamte Seite 1662, wo du deine "Begründung", wie du deine Diffamierungen nennst, findest :D

So das war es jetzt dann auch :)


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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:49
@libertarian
Auf der Seite lese ich nichts, was deine Behauptung stützen würde.
Ich erwarte von dir einfach nur paar Zitate mit einer Ausführlichen Erläuterung, die deine Unterstellungen stützen. Ist das so schwer für dich?
Zitat von libertarianlibertarian schrieb:So das war es jetzt dann auch
Hast also nichts drauf, dich zu verteidigen und gleich mal nen Rückzieher machen, wie?


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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:52
@Repulsor
Das verschlägt mir echt die Sprache.^^ Hast du überhaupt mal draufgeklikt?
Zitat von RepulsorRepulsor schrieb:Hast also nichts drauf, dich zu verteidigen und gleich mal nen Rückzieher machen, wie?
Nö. Aber das wird mir zu blöd, vor allem da ich deine Vorangehensweise kenne ;)


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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:53
@libertarian
Ja habe ich. -.-

Kannst du Argumentieren oder hattest du in der Schule noch nie richtigen Deutschunterricht?


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Islam: Die wahre Religion?

03.04.2012 um 14:55
@libertarian
Zitat von libertarianlibertarian schrieb:Nö. Aber das wird mir zu blöd, vor allem da ich deine Vorangehensweise kenne ;)
Klar, ist ja auch offensichtlich. Ich will einfach nur, das DU dir die Mühe machst und deine Unterstellungen beweist. Du musst nicht gleich persönlich werden, weil du es nicht kannst.
Ich kann sicherlich aus dem Link paar Stellen zitieren, aber warum soll ich etwas machen, was deine Aufgabe ist?


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