@Marko11 Was Du da benennst, ist zwar weitverbreitete Annahme, hat jedoch nichts mit dem Neolithikum zu tun. Homo sapiens und Homo neandertalensis lebten im Mittelpaläolithikum in Nahost im selben Großraum über mehrere Jahrzehntausende hinweg nebeneinander, ohne daß es nennenswerte kulturelle Unterschiede zwischen beiden gab. Sie entwickelten sich gleichwertig. Vor ca. 40.000 Jahren veränderte sich dann die Werkzeugkultur, man spricht vom Jungpaläolithikum. Auch hier finden sich Neuerungen bei beiden Spezies (die diesmal in Europa nebeneinanderlebten). Nun aber heißt es, diese Neuerungen seien vom Sapiens hervorgebracht, und der Neandertaler hätte sie übernommen. Fragt sich, wieso man dies annimmt.
Wir wissen, daß der Neandertaler ausstarb, der Sapiens nicht. Seit Entdeckung des Neandertalers gilt er als tumber Klotz. Und auch wenn er sich immer wieder als intelligenter herausgestellt hat, so bleibt doch die Annahme einer geistigen Unterlegenheit bis heute ein Topos für die tautologische Erklärung unseres Überlebens: Wir sind hier, also sind wir die klügeren.
Mit dieser Vorentscheidung wurden dem Neandertaler eigene jungpaläolithische Werkzeugentwicklungen abgesprochen. Mit dieser Vorentscheidung wird ihm auch Kunst abgesprochen. Die Funde aus dem Geißenklösterle, die ältesten Malereien aus der Chauvet-Höhle, das könnte von ihm stammen, aber es wird gar nicht erst in Betracht gezogen von vielen Paläanthropologen. Muschelschmuck und Ockerfärbung, beides in Neandertalergräbern gefunden, können ja nur Übernahmen von Homo sapiens sein. Dabei übersieht man, daß der Neandertaler dennoch einen Sinn für "Schmuck", für "Kunst" odgl. haben mußte, um dies als etwas Übernehmenswertes zu erachten. Wieso sollte er das also nicht selbst hervorgebracht haben?
Daß der Neandertaler nicht nur einen Sinn für Kunst, sondern auch die Fähigkeit zur Anfertigung von Kunst hatte -
und nutzte! - wissen wir spätestens seit der
Wikipedia: Maske von La Roche-Cotard. Und seit kurzem auch von Höhlenmalereien, beides aus einer Gegend und Zeit, da dort nur Neandertaler lebten (
http://www.sueddeutsche.de/wissen/neandertaler-kunst-die-aelteste-zeichnung-der-welt-1.1282657). Aber das überzeugt leider nicht; in der Debatte siegt noch immer die Meinung vom dummen Neandertaler; lieber spekuliert man einen unsichtbar anwesenden Homo sapiens herbei.
Hier mal die "Maske"
Du erwähntest den Löwenmenschen. Schau Ihn Dir mal näher an. Deutlich zu sehen, es handelt sich um ein Mischwesen mit Menschenkörper und Löwenkopf. Die Arme könnten ebenfalls Vorderextremitäten eines Löwen sein. Aber der Rest? Es handelt sich um einen tonnenförmigen Körper und gedrungene, dicke Beine. An welche Spezies Mensch erinnert Dich das? Ich sehe hierin eher ein Neandertalerkunstwerk als eines vom Sapiens.
Jenseitsvorstellungen sind übrigens auch für den Neandertaler bezeugt. Bestattung von Toten, Lagerung in Embryonalstellung, Ausrichtung nach Westen, Grabbeigaben und Ockerbestreuung.
Und mit dem Chatelperronien hatte der Neandertaler eine eigene Werkzeugkultur, neben dem Aurignacien des Homo sapiens. Und welche Kultur von welcher beeinflußt wurde, das steht nun mal nicht auf den Werkzeugen drauf. Das muß man schon "vorab wissen" - zu "wissen"
meinen!
Als der Neandertaler in Westeuropa ausstarb, starb kurz nach ihm auch der westeuropäische Sapiens aus. Später zogen überlebende Sapiens-Menschen aus Osteuropa erneut nach Westeuropa, nur gab es zu dieser Zeit keine osteuropäischen Neandertaler, die ebenfalls wieder nachrücken konnten. Das ist auch ne Erklärung fürs Verschwinden des Neandertzalers, nur eine, die ohne Annahme einer minderen Intelligenz auskommt.
Pertti