Im November jedenfalls schlug die Nachricht ein wie eine Bombe. Reporter und Kamerateams strömten nach Mittweida. Hatte man nicht geradezu auf das nächste Nazidelikt im Osten gewartet? Und jetzt hatte es sogar ein hilfloses Kind und ein unerschrockenes junges Mädchen getroffen! Die Polizei gab vorschnell bekannt, die Zeugin sei glaubwürdig.
Dabei gab es von Anfang an Ungereimtheiten in Rebeccas Geschichte: So ist sie nach ihrem traumatischen Erlebnis nicht einmal zur Polizei gegangen. Auch ihre Eltern erfuhren erst durch einen Verwandten von dem Überfall auf ihre Tochter, sie waren es, die Rebecca schließlich dazu drängten, den Vorfall anzuzeigen – neun Tage nach der Tat.
Auch von den zahlreichen Augenzeugen, die nach Rebeccas Angaben deren Martyrium tatenlos auf Balkonen stehend mitangesehen haben sollen, meldete sich keiner, nicht einmal, als 5000 Euro für sachdienliche Hinweise ausgesetzt wurden. Die Polizei ermittelte zwar eine Sechsjährige, die das schikanierte kleine Kind hätte sein können, doch auch diese Spur löste sich im Nichts auf.
Blieb das in die Hüfte eingeritzte Hakenkreuz als einziger Beweis. Eine Rechtsmedizinerin hielt es für möglich, dass Rebecca sich die Wunde selbst zugefügt haben könnte, legte sich aber nicht fest. Erst als die Staatsanwaltschaft Chemnitz den Chef der Gerichtsmedizin Hamburg, Klaus Püschel, um ein Gutachten bat, kam Licht in die Sache. Püschel ist ein Fachmann für selbst beigebrachte Hautläsionen in Hakenkreuzform, er hat darüber zahlreiche Aufsätze veröffentlicht und verfügt über eine ansehnliche Fotosammlung von blutunterlaufenen Hakenkreuzen auf Stirnen, Bäuchen, Armen und Beinen – die alle von der Hand der vermeintlichen Opfer stammen. Als Püschel die Fotos von Rebeccas Wunden analysiert, hat er keinen Zweifel, dass es sich um Selbstbeschädigungen handelt.
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Das selbst geritzte Hakenkreuz kommt vornehmlich im Osten vor. 1994 erregte eine junge Rollstuhlfahrerin aus Halle international Aufsehen: Sie gab sich medienwirksam als Opfer von Rechtsextremisten aus, nachdem sie sich das Nazimal eigenhändig ins Gesicht geschnitten hatte. Manfred Kleiber, dem Chef der örtlichen Gerichtsmedizin, genügte damals eine Blickdiagnose
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Mancher Zeitungsleser erinnert sich noch an den Rummel um eine mit einem Ausländer verheiratete Frau aus einem sächsischen Städtchen, die vor acht Jahren behauptet hatte, ihr kleiner, dunkelhaariger Sohn Josef sei von einer Horde Rechtsradikaler im städtischen Freibad ertränkt worden. Alle Badegäste hätten zugesehen. Die Medienreaktion erschütterte die Republik. Josefs Mutter ließ sich als Pietà von Sachsen tausendfach interviewen und fotografieren, sie geisterte durch Talkshows und wurde vom damaligen Bundeskanzler Schröder empfangen. Einige junge Leute wurden als Verdächtige festgenommen. Kaum jemand bezweifelte, dass die Geschichte von den mörderischen Rassisten stimmte.
Dem Rausch folgte die Ernüchterung. Die Staatsanwaltschaft Dresden ließ alle Inhaftierten nach wenigen Tagen wieder frei, sämtliche Vorwürfe der Frau waren erfunden gewesen. Der fünfjährige Josef hatte einen tödlichen Badeunfall erlitten; seine grausame Ermordung durch grölende Neonazis war nichts anderes gewesen als das Fantasiegespinst einer Mutter, die über den Tod ihres Kindes nicht hinwegkam.
http://www.zeit.de/2008/15/Falsche-Zeugen
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Der Fall Ermyas M. wird immer undurchsichtiger. Die mutmaßlichen Täter, die den 37 Jahre alten Deutsch-Äthiopier am Ostersonntag brutal niedergeschlagen hatten, weisen offenbar keinen rechtsextremistischen Hintergrund für ihre Tat auf. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (SZ) sei der Täter Thomas M., der momentan in Untersuchungshaft sitzt, mit einem in Potsdam als "Hitler" bekannten Rechtsextremisten verwechselt worden
http://www.rp-online.de/public/article/politik/deutschland/329521/Verwirrungen-im-Fall-Ermyas-M.html
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Das sind die am meisten von den Medien hochstilisierten Vorfälle, auf denen jeweils ein Aufschrei der Empörung und schon fast befohlene Betroffenheit durchs Land ging.
Solche aufgebauschten Fälle bleiben im Gedächtnis sitzen und lassen stetig ein Gefühl, dass hier ständig unfassbare Verbrechen der Nazis noch immer an der Tagesordnung wären.