Edna schrieb:Ich verstehe wirklich nicht, was daran so schwer ist.
Ich weiß, dass @Rick_Blaine eher in den amerikanischen Fällen unterwegs ist. Aber vielleicht kann er ja dieses Thema hier mal endgültig beenden?
quaerere1 schrieb:Frommer Wunsch, aber selbst wenn er das hier erklären würde, ich schätze ihn sehr, würde das nichts bringen.
Das Thema haben schon sehr viele zum Teil sehr gut erklärt und mit Links untermauert, und trotzdem kommt es immer wieder auf..
Ich denke das liegt daran, weil es sonst nicht viel gibt,was man ins Feld führen kann.
rhapsody3004 schrieb:Ja, warten wir auch lieber nochmal auf einen echten Juristen und Strafverteidiger, denn abschließende Worte von mir dazu:
So lange Verteidiger keine Akteneinsicht und sich keinen Überblick über die Sachlage verschafft und den konkreten Tatvorwürfen gemacht haben, werden sie tatsächlich immer pauschal oder grundsätzlich zum Schweigen, aufgrund Aussageverweigerungsrecht für Beschuldigte. (Auskunftsverweigerungsrecht besteht übrigens auch unter Voraussetzung der Selbstbelastung bereits für Zeugen, der F anfänglich gewesen ist)
So, dann weiter; Alles andere werden zumindest bestimmt viele Verteidiger dann von den Umständen des Einzelfalls abhängig machen, ob sie weiterhin ihrem Mandanten zum Schweigen raten würden oder es doch besser wäre zu reden und die Karten auf den Tisch zu legen - vor allem sollte wirklich entlastende Karten (im Idealfall, die jegliche Tatverantwortung und Beteiligung ausräumen/entkräften würden) auf den Tisch gelegt werden können und nicht nur die reine Aussage eines Beschuldigten.
Ah, eigentlich wollte ich in diesem thread nie mehr schreiben, da hier immer wieder nur das Gleiche gepostet wird und von der Mehrheit abweichende Meinungen eh nicht goutiert werden.
Aber da ich angesprochen wurde, vielleich wirklich ein für alle Mal:
Ja, als Strafverteidiger sage ich zu allen Mandanten: erst einmal die Klappe halten. Leider ist es oft so, dass sie aber schon geredet haben, bevor ich überhaupt zum Fall komme. Da könnte ich mir manchmal die nicht vorhandenen Haare ausreissen.
Also: erst einmal nichts sagen. Schon gar nicht zur Polizei. Auch als Unschuldiger nicht! Der oder die erste, mit der man über die Anschuldigungen spricht, sollte der Anwalt bzw. die Anwältin sein. Punktum.
Als Fachmann höre ich mir das dann an und versuche herauszufinden, was es bedeutet (das ist nicht immer einfach). Und dann wäge ich ab, ob es einen Vorteil hat, mit den Ermittlern zu reden und wie weit. Und wenn ich da keinen klaren Vorteil sehe, dann wird nicht geredet. Ebenfalls: punktum. Freilich kann es oft sinnvoll sein zu reden, besonders wenn wirklich eine vollkommene Entlastung angezeigt ist, also was man meist ein Alibi nennt. Dann stellen wir das den Ermittlern natürlich so schnell wie möglich dar.
Aber hier liegen die Dinge offensichtlich anders:
Nehmen wir diesen Fall hier, zum 1999. Mal:" der Beschuldigte soll doch seine Drogenfahrten zugeben und belegen, das würde ihn entlasten und die Ermittler von einer falschen Spur abbringen":
1. Nein. So leicht lassen sich Ermittler nicht von einer einmal eingeschlagenen, wenn auch vielleicht falschen Richtung abbringen.
2. Es ist nicht Aufgabe eines Beschuldigten, die Polizei zu entlasten und dazu mglw. eine Straftat zu gestehen
3. Hier aber ist der entscheidende Punkt: Mal angenommen es gab diese "Drogenfahrt" wirklich. F holt also meinetwegen ein Paket Drogen von einem ihm bekannten Punkt irgendwo in der Pampa ab um es nach Berlin zu bringen.
Wieso entlastet ihn das vom Vorwurf im Fall Rebekka?
Es würde ihn nur dann entlasten, wenn damit klar nachgewiesen würde, dass er zu allen möglichen Tatzeiten in diesem Fall nicht am angenommenen Tatort sein konnte. Dass er diesen Nachweis erbringen kann, ist sehr unwahrscheinlich. Bisher gibt es nur den Zeitpunkt der KESY Sichtung. Und die liegt mutmasslich auf der Hinfahrt zum "Drogendeal." Was davor geschah wird der Beschuldigte also kaum durch eine Aussage zu dieser Fahrt irgendwie belegen können.
Dann: stellt man sich das jetzt hier so vor, als ob der Beschuldigte damals bei Drogen-Grosshändler Wojzek aus Polen irgendwo in Brandenburg auftauchte und nun der Polizei sagt: Frag den Wojzek, der hat auf die Uhr geschaut und das Paket in den leeren Kofferraum gelegt, kann also klar sagen, dass da keine tote Rebekka drin lag!
Es ist etwas naiv zu glauben, dass Wojzek nun eifrig zur Polizei geht, sagt, klar, ich habe ein grosses Paket Drogen an den F übergeben, genau um 12.03 Uhr genau an der Kreuzung in Brandenburg und da war nichts anderes in der Himbeere. Bitte verhaftet mich jetzt.
Viel wahrscheinlicher ist, dass Wojzek sagt: "Wer? Was? Wieso? Ich kenne keinen F, hab den nie gesehen, ich bin auch kein Drogen Grosshändler und überhaupt, ich sage gar nichts mehr!
Tja, dann sieht es mit der Entlastung für F sehr schlecht aus.
Also, zusammenfassend: Wenn unser Beschuldigter nun eine wie auch immer geartete "Drogenfahrt" zugeben würde, selbst mit Details, ist der vermutliche "Entlastungswert" für den ganz anderen Tatvorwurf im Fall Rebekka äusserst gering bis nicht existent. Alles, was der Beschuldigte erreichen könnte, wäre vielleicht wegen diesen Drogendelikt in U-Haft zu kommen, und die Ermittler dann hoffen, dass das auch das Schweigen im Fall Rebekka beeinflussen könnte.
Aus Verteidigersicht also: kompletter Unsinn. Ich würde ihm auf jeden Fall raten, zu schweigen und nichts auszusagen.
Nicht viel besser sieht es bei den anderen Szenarien wie Geliebter usw. aus. Der "Entlastungswert" ist vermutlich weit geringer als der persönliche Ärger, den sich der Beschuldigte aufhalsen würde.
Nein, hier ist es allein die Staatsanwaltschaft, die mit mehr kommen muss, als nur ein paar Routerdaten und zwei Kesyfahrten, um die Sache aus Verteidigersicht anders aussehen zu lassen.