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Vermisste vietnamesische Azubis in Berlin

27 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Vermisst, Berlin, Ausbildung ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Vermisste vietnamesische Azubis in Berlin

04.10.2025 um 20:50
Zitat von WalddrölfchenWalddrölfchen schrieb:Dort stehen diese "netten" Organisationen zuerst vor der Tür, wenn der Nachwuchs seine Schulden für die bessere Zukunft in DE nicht bezahlt.
Unvorstellbar schrecklich und unmenschlich.
Magst du näher ausführen wie das abläuft?

Wie soll das denn überhaupt mit einer parallen Rückzahlung funktionieren?

Das Ausbildungsgehalt dürfte doch gerade einmal dazu reichen die laufenden Kosten zu bedienen.


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Vermisste vietnamesische Azubis in Berlin

04.10.2025 um 21:12
Viele Beiträge hier gehen von einer heilen Welt aus, andere beschreiben die Realität relativ zutreffend.

Ein vietnamesischer Bekannter von mir betreibt eine solche Vermittlungsagentur und hat mir folgendes erklärt:

Auf der einen Seite stehen Branchen wie Gastronomie oder Pflegeberufe, die händeringend Arbeitskräfte suchen. Da die Bezahlung dort generell nicht besonders gut ist, beziehen viele bereits in Deutschland lebende Menschen lieber Bürgergeld als in solchen Branchen zu arbeiten.

Die Branchen zahlen daher üppige Vermittlungsprovisionen für Auszubildende aus dem Ausland. Insbesondere Vietnamesen gelten immer noch als pflichtbewusst und fleißig und sind sehr gesucht. Hier werden etwa 30% eines Jahresgehalts als Provision gezahlt. Das sind bei ca 1300 Euro monatlicher Ausbildungsvergütung also sage und schreibe 5000 Euro pro Kopf. Bei einem Schwung von 20 vermittelten Azubis also 100.000 Euro.

Dagegen laufen natürlich die Kosten, die der Vermittler hat und zu optimieren sucht. Er kann den Azubi also auf seine Kosten in einen Deutschkurs in Vietnam schicken oder aber gleich einen Bewerber nehmen, der schon ein Zertifikat hat. Wo das Zertifikat herkommt, ist ja nicht sein Problem.

In der Regel bewerben sich die Jugendlichen auf Druck ihrer Eltern, die ihren Kindern eine Zukunftsperspektive in Deutschland eröffnen wollen. In der vietnamesischen Kultur ist es im Gegenzug üblich, dass die im Ausland "üppig" verdienenden Kinder Geld nach Hause schicken um die Familie zu unterstützen. Die Nachfrage nach solchen Ausbildungsplätzen ist groß, oft müssen die Bewerber eine "Aufnahmegebühr" zahlen um genommen zu werden. Der Vermittler verdient also auf beiden Seiten und minimiert gleichzeitig seine Ausgaben.

Einmal in Deutschland, stellt sich das ganze für die Auszubildenden nicht mehr so rosig dar. Deutschland ist kalt, die Arbeit in der Pflege und Gastronomie hart, der Umgangston rauh. Aufgrund der nicht vorhandenen Deutschkenntnisse, die aber eigentlich erwartet werden wie bescheinigt, funktioniert die Berufsschule nicht, aber auch Patienten und Restaurantgäste können mit dem Personal nicht wirklich kommunizieren. Man rutscht also relativ schnell in unqualifizierte Tätigkeiten (Putzen, Spülen, Aufräumen) und hat keine Erfolgserlebnisse.

So geraten viele relativ schnell in eine Abwärtsspirale, und von dort ist der Weg der jungen unerfahrenen Auszubildenden in die Hände skrupelloser Personen nicht mehr weit.


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Vermisste vietnamesische Azubis in Berlin

05.10.2025 um 13:06
@Mehlfens

Danke für Deine Ausführungen aus erster Hand. Sie bestätigen das, wie ich es kennengelernt habe. Nur mit den sehr hohen Provisionen, das wusste ich nicht. Wirklich interessant.

Es erklärt umso mehr den Boom, junge Vietnamesen nach Deutschland holen zu wollen. Ware Mensch. Ein Wahnsinn.

Und wieder einmal prüft keiner die Angaben der Vermittler, welche die Menschen ins Land schleppen, auf Richtigkeit.
Menschenhandel unter einem verlogenen Deckmäntelchen. Und wenn alle ein Stückchen des Kuchens abbekommen, schweigt auch jeder darüber.


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Vermisste vietnamesische Azubis in Berlin

05.10.2025 um 17:08
Ergänzend ein Artikel der österreichischen Kronen-Zeitung:
16.000 Vietnamesen in Deutschland in Ausbildung
Ähnliche Entwicklungen soll es auch in Brandenburg und anderen Bundesländern geben. Laut der Bundesagentur für Arbeit absolvieren rund 16.000 Vietnamesen eine Ausbildung in Deutschland, davon knapp 2000 in Berlin. Die Zahl steigt, allein 2024 kamen rund 4000 nach Deutschland.

Teure Vermittlung, hohe Schulden
Vermittelt werden Auszubildende über private Agenturen im Heimatland. Diese verlangen hohe Summen (bis zu 20.000 Euro) für Verträge, Sprachzertifikate und Visa. Migrationsexpertin Mimi Vu warnt gegenüber der „Bild“ vor einem internationalen Netzwerk organisierter Kriminalität. Dieses arbeite mit gefälschten Zertifikaten und bringe Menschen gezielt in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse mit gefährlichen Abhängigkeiten
https://www.krone.at/3916449


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Vermisste vietnamesische Azubis in Berlin

05.10.2025 um 18:03
Die Parallelwelt, in der diese Ausbildungsabbrecher dann landen, ist in der deutschen Presse übrigens durchaus gut dokumentiert:
Seit 2012 sind 470 vietnamesische Minderjährige verschwunden. Ins Land geschleust von der Mafia - oft, um in Bordellen oder Nagelstudios zu arbeiten.
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-vermisst-in-berlin-1.4493643
Berlin ist eine der wichtigsten Drehscheiben für den Menschenhandel von Vietnam nach West-Europa. Hunderte Menschen werden jedes Jahr im Auftrag der vietnamesischen Schleuser-Mafia nach Berlin gebracht. Darunter auch Kinder und Jugendliche. Mit einer Fernsehreportage für die ARD warfen die Journalisten von rbb24 Recherche Adrian Bartocha und Jan Wiese 2021 ein Schlaglicht auf die Geschäfte der Menschenhändler.
Quelle: https://www.ardaudiothek.de/episode/urn:ard:episode:32b0294cde0c42bd/
Die Berliner Polizei hat eine mutmaßliche vietnamesische Schleuserbande gefasst und zahlreiche illegale Einwanderer kontrolliert.Zwei Frauen im Alter von 29 und 60 Jahren sowie drei Männer im Alter von 28, 41 und 73 Jahren, größtenteils Vietnamesen, stehen demnach unter dem Verdacht der Schleusung und des Menschenhandels zur Arbeitsausbeutung.

Die Tatverdächtigen sollen in Vietnam Menschen angeworben haben, um sie nach Berlin zu bringen, wo sie vor allem in Nagelstudios arbeiten mussten. Die Arbeiterinnen und Arbeiter mussten demnach einen fünfstelligen Euro-Betrag an die Bande für ein ungarisches Arbeitsvisum und die Schleusung zahlen. Dadurch soll die Bande einen Gewinn von mehr als einer Million Euro gemacht haben.

Die Arbeiterinnen wurden laut Polizei zusammengepfercht in Unterkünften untergebracht. In Berlin hätten sie an bis zu sechs Tagen pro Woche ohne Bezahlung in Ausbildungsbetrieben für Kosmetik arbeiten und zudem ihre Ausbildungskosten in Höhe von 1.000 bis 2.000 Euro zahlen müssen. Auch für die Mietkosten in von der Bande organisierten Unterbringungen hätten die Arbeiterinnen und Arbeiter selbst aufkommen müssen.
Quelle: https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2024/03/berlin-polizei-schleuserbande-vietnamesen-razzia-festnahmen.html

Der folgende Bericht macht auch darauf aufmerksam, wie sich die Darstellung vietnamesischer Gruppen in Deutschland seit der Wende verändert hat:
Verschiebung des Mediendiskurses

In der ersten Zeit nach der 'Wende' kommen VietnamesInnen vor allem als (ehemalige) DDR-VertragsarbeiterInnen und Opfer rassistischer Gewalt in der Presse vor. Erst Ende 1992 nimmt das Interesse der Medien am illegalen Zigarettenhandel zu - der Ton wird schärfer. Jetzt taucht auch zum ersten Mal verstärkt die inzwischen vertraute 'Mafia-Rhetorik' auf. Formulierungen wie "Teil der organisierten Kriminalität"(7) und "vietnamesische Zigarettenmafia"(8) finden sich in allen Zeitungen. Zwar wird 1992 hin und wieder auch noch die Situation der VietnamesInnen als ehemalige DDR-VertragsarbeiterInnen beschrieben, danach ist sie jedoch kein Thema mehr. Noch halten sich Berichte über rassistische Gewalt und Zigarettenhandel die Waage, ab März 1993 aber setzen sich letztere dann endgültig durch. Verbrechen und Brutalität der 'Zigarettenmafia' sind von nun an fast durchgängig der bestimmende Rahmen, in dem über VietnamesInnen berichtet wird.
Quelle: https://archiv.cilip.de/alt/ausgabe/55/vietnam.htm


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Vermisste vietnamesische Azubis in Berlin

05.10.2025 um 18:32
Der sehr aufschlussreiche und lesenswerte Artikel aus der taz wurde hier leider als Vollzitat gelöscht, daher diesmal nur einige Kernaussagen:
Die Berliner Wirtschaft hat ein riesiges Fachkräfteproblem. Einer der Wege, um die Lücke zu schließen, ist es, Auszubildende aus dem Ausland anzuwerben. Bei der durchaus großen Gruppe der angeworbenen Auszubildenden aus Vietnam klafft zunächst erst einmal eine andere Lücke, und zwar die zwischen ihren eigenen Voraussetzungen und Lebensplänen und den Vorgaben der Wirtschaft.

Rund 90 Prozent von ihnen fehlten bei ihrer Ankunft entsprechende deutsche Sprachkenntnisse, „die es ihnen erlauben, die Ausbildung erfolgreich zu absolvieren“, sagt Schulleiter Jürgen Dietrich.

So gibt es in Vietnam spezielle Vermittlungsagenturen, die ein ganzes Paket schnüren: Wohnheim in Hanoi, Sprachkurs, Flug, Vermittlung eines Ausbildungsplatzes und eines Bettes in einem Mehrbettzimmer in Deutschland. Dafür fallen Kosten von durchschnittlich 12.000 Euro an, es wird auch von Fällen berichtet, wo 30.000 Euro gefordert wurden. Zur Einordnung: Das Durchschnittseinkommen in Vietnam liegt bei 230 Euro pro Monat.

Die Auszubildenden seien quasi „Luxusflüchtlinge“. Ihnen blieben die Strapazen einer Flucht nach Europa erspart, sie bräuchten sich nur in das Flugzeug zu setzen. In der Tat stammen sie mehrheitlich aus denselben mittelvietnamesischen Provinzen und aus ähnlichen sozialen Verhältnissen wie vietnamesische Flüchtlinge. Doch während Deutschland die einen abschieben lässt, holt es die anderen ins Land.
Quelle: https://taz.de/Vietnamesische-Azubis-in-Berlin/!6105849/


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Vermisste vietnamesische Azubis in Berlin

10.10.2025 um 02:12
Interessant dieser Aspekt aus einem aktuellen TAZ Artikel, dass nicht mal Schmu betrieben worden sein muss, warum es mit dem Deutsch hapert:
Anh Pham arbeitet in Deutschland für eine Vermittlungsagentur. Sie nennt Ursachen, warum viele Auszubildende ein Zertifikat B1 haben, aber kaum Deutsch sprechen. „Die Unterrichtskultur in Vietnam beinhaltet viel Auswendiglernen. Man lernt für Prüfungen, kann deklinieren und konjugieren, aber nicht sprechen.“ Da die Auszubildenden das Schulgeld selbst zahlen müssten, würden sie den Agenturen Druck machen, dass der Deutschkurs so kurz wie möglich sei. „Das ist aber für den Spracherwerb nicht sinnvoll. Doch eine Agentur, die sich diesem Druck nicht beugt, findet weniger Schüler.“
Quelle: https://taz.de/Ausgebeutete-Migranten-aus-Vietnam/!6118450/


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