Ich habe dieses Thema vor kurzer Zeit bearbeitet. Mir steht videomaterrial zur Verfügung, das so hart war das ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbarenkonnte es meinen Mitschülern zu zeigen.


Ich sollte über die Menschenrechtsverletzungen in Russland berichten.

Leider musste ich feststellen, dass in Russland, aber vor allem in Tschetschenien schweren Menschenrechtsverletzungen ausgeübt werden, mit organisiertem Terror und systematischer Straflosigkeit. Ich habe zur Anfertigung dieses Berichtes eine Vielzahl von Quellen ausgewertet. Offizielle Angaben der russischen Behörden, Angaben von internationalen Organisationen, von Nichtregierungsorganisationen und von Journalisten. Mein Bericht konzentriert sich auf die im August 1999 begonnene Antiterror – Operation der Russen, welche bis heute andauert. Er ist ausgewogen, indem er sowohl Menschenrechtsverletzungen darstellt, die von russischen Sicherheitskräften begangen worden sind als auch solche, die tschetschenischen Partisanen zuzuschreiben sind. Es gab nicht nur Massentötungen in Alkhan-Yurt, bei Aldi und bei Mesker-Yurt sondern auch einen großen Fund – im Januar 2003 – es wurden Massengräber mit mehr als fünfzig Leichen entdeckt. Ich berichte von einer großen Zahl von ungesetzlichen Tötungen von Einzelpersonen. Ich muss euch auch über eine große Zahl von verschwundenen Personen, von Folter, Vergewaltigung und Raub berichten. Bei den Menschenrechtsverletzungen, die von den tschetschenischen Partisanen ausgehen, verurteile ich vor allem terroristischen Akte, wie die Geiselnahme in Moskau, das Geiseldrama in einer Russischen Gesamtschule und das Bombenattentat in Grosny und die vielen unmenschlichen Hinrichtungen an Russischen Soldaten und Zivilisten. Ich befasste mich aber auch mit der Frage der Bemühung, der russischen Justizbehörden, die Verbrechen aufzuklären und die Verantwortlichen zu bestrafen. Leider musste ich feststellen, dass in fast allen Fällen die Untersuchungen erfolglos blieben, sofern es überhaupt zu einer Untersuchung kam. Alle wirklich wesentlichen Fälle sind bisher weder aufgeklärt, noch sind die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden. Ich musste Feststellen, das die Anklagebehörden, der Russischen Förderation entweder unfähig oder wie ich vermute, unwillig sind, oder systematisch daran gehindert werden, die Täter zu ermitteln und vor Gericht zu bringen. Deshalb ist es gerechtfertigt, davon zu sprechen, dass es ein Klima der Straflosigkeit in Tschetschenien gibt, welches zu immer neuen Menschenrechtsverletzungen führt.
Ich finde, dass sich die Internationale Gesellschaft stärker einbringen sollte, da die russischen Justizorgane ihre Aufgabe nicht voll wahrnehmen können oder wollen. Massenhafte Tötungen, eine große Zahl von Folterfällen und systematisches Verschwindenlassen von Personen sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Russland behauptet das sich die Lage in Tschetschenien verbessert hat, aber meine Quellen und die jüngsten Berichte des Generalsekretärs des Europarates widerlegen dies. Es gibt Quellen, die sagen, dass auch in diesem Monat wieder neue schwere Menschenrechtsverletzungen begannen wurden.
Es ist leider ein Mythos und eine Illusion, dass sich Tschetschenien auf dem Weg der Normalisierung befindet, Normalisierung gibt es erst, wenn die Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien aufhören und die Täter konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Dieses sollte man von der russischen Föderation einfordern.

Nach einem kleinen Vorwort, würde ich euch gerne ein paar Beispiele nennen.
Das Auswärtige Amt weist in seinen Berichten immer wieder darauf hin, dass der Zugang unabhängiger Beobachter nach Tschetschenien zum Teil unmöglich, zumindest aber erschwert ist. Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international stützen ihre Aussagen weitgehend auf Berichte von Augenzeugen. Aus diesen Berichten lässt sich jedoch – soweit sie in sich stimmig und widerspruchsfrei sind - nach den Erfahrungen von amnesty international angesichts der Häufigkeit und des Inhalts dieser Berichte ein umfassendes Bild von schweren Menschenrechtsverletzungen an tschetschenischen Zivilisten durch Angehörige der russischen Armee oder durch tschetschenische Kämpfer ermitteln. Die von amnesty international aus diesen Augenzeugenberichten gewonnenen Erkenntnisse gleichen in hohem Maße denen anderer Organisationen, beispielsweise der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial oder des Europarats. amnesty international und andere Organisationen sind daher von der Richtigkeit der in den zahlreichen Berichten dokumentierten Informationen überzeugt. Eine Vielzahl von amnesty international vorliegenden Berichten belegt, dass Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten - Folterungen, Misshandlungen, extralegale Verhaftungen und Hinrichtungen sowie „Verschwindenlassen“ - anhalten und nach wie vor eine reale Bedrohung für die Bevölkerung in Tschetschenien darstellen.
Das Auswärtige Amt hat in seinem Bericht eingangs darauf hingewiesen, dass der massive großflächige Kriegseinsatz vor allem die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft ziehe. amnesty international weist demgegenüber darauf hin, dass die im großen Umfang an der tschetschenischen Zivilbevölkerung durch Angehörige russischer Streitkräfte verübten schweren Menschenrechtsverletzungen gezielt und systematisch vor allem während sogenannter „Säuberungsaktionen“ und in Hafteinrichtungen durchgeführt werden. Tschetschenische Flüchtlinge verlassen nicht nur aufgrund von Kampfhandlungen und der humanitären Notlage die tschetschenische Republik, wie es das Auswärtige Amt nahe legt, sondern auch aufgrund schwerer Menschenrechtsverletzungen. Ich habe ein paar Fälle für euch zusammengesellte.



An einem Maiabend 2000 fuhr ein Militärfahrzeug vor den Hof der Familie Kungajew im Dorf Tangi Tschu. Russische Soldaten drangen in das Haus ein, und verschleppten die 18-jährige Tochter, Elsa Kungajewa. Sie wurde zum Lager des Oberst Jurij Budanow gebracht, der sie brutal vergewaltigte und tötete. Außergewöhnlich an diesem Fall ist, dass gegen Budanow Anklage erhoben wurde. Der Prozess zieht sich aber schon seit zwei Jahren hin. Erst im Frühjahr 2002 bescheinigte ein psychologisches Gutachten dem Oberst, er sei nicht zurechnungsfähig gewesen. Die Familie Kungajew lebt mittlerweile in einem Flüchtlingslager in Inguschetien, der Vater ist an Tuberkulose erkrankt und auch die Mutter ist krank. Den Namen des Mädchens, Elsa, trägt eine Initiative der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), die Geld sammeln will für Projekte in Tschetschenien, die vergewaltigten und missbrauchten Frauen und Mädchen zugute kommen
Am 28. Juni 2001 brachten Soldaten die Männer des Ortes Tschernoretschje in ein Gebäude in der Nähe des Wasserreservoirs von Grosny, wo sie mit Schlägen, Elektroschocks und brennenden Zigaretten misshandelt und gefoltert wurden. Berichten zufolge sollen die Soldaten einem der Männer, der sich gewehrt hatte, ins Bein geschossen und aus dem Raum gebracht haben, als er ohnmächtig wurde. Über seinen Verbleib ist nichts bekannt, ebenso wenig vom Verbleib anderer Personen aus Tschernoretschje.
Am 3. Juli 2001 wurden alle männlichen, älter als 16-jährigen Bewohner von Assinowskaja auf einem Feld zum Verhör zusammengetrieben. Dort wurden sie brutal geschlagen und mit Elektroschocks gequält. Vier der Dorfbewohner sind seitdem "verschwunden". Am Tag zuvor waren die Soldaten in der gleichen Weise gegen Bewohner von Sernowodsk vorgegangen. Die meisten der Männer wurden zwar danach wieder freigelassen, aber ungefähr 100 Menschen sollen in eine provisorische Haftanstalt in Atschkoj-Martan gebracht worden sein, wo sie erneut geschlagen wurden. Nach zwei Tagen wurde die Mehrzahl von ihnen wieder auf freien Fuß gesetzt, aber sechs Personen sind nach wie vor "verschwunden".
Neben amnesty international und Human Rights Watch kritisierte auch der Vorsitzende der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, Lord Russell-Johnston, nach den „Säuberungsaktionen“ in den Ortschaften Assinowskaja und Sernowodsk die dort durch russische Kräfte verübten Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten
(siehe: amnesty international, urgent action vom 23.7.2001, ai-Index EUR 46/020/2001; Human Rights Watch, Pressemitteilung vom 6.7.2001; Declaration on Chechnya, Council of Europe Parliamentary Assembly President, Lord Russell-Johnston, 12.07.2001, http://press.coe.int/cp/2001/527a(2001).htm (Archiv-Version vom 19.11.2004)).
Auch der Kommandant der Streitkräfte im Nordkaukasus hat am 11. Juli 2001 öffentlich eingeräumt, dass "bei den Razzien in Sernowodsk und Assinowskaja in großem Umfang Verbrechen gegen Zivilisten begangen worden sind." Am 10. Juli 2001 hat der Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation, Wladimir Ustinow, zwei Ermittlungsteams nach Tschetschenien entsandt, um die Aktivitäten des Militärs untersuchen zu lassen. Dennoch ist es auch danach weiter zu „Säuberungsaktionen“ und schweren Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten durch Angehörige der russischen Armee gekommen.
Nach den Erkenntnissen von amnesty international haben russische Truppen am 20. Juli 2001 das Dorf Alchan Chala in der Nähe der tschetschenischen Hauptstadt Grosny umstellt. Laut Angaben des Büros der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial in Inguschetien soll das Dorf auch noch Tage später von der Außenwelt abgeschieden gewesen sein. Die russischen Truppen führten eine "Säuberungsaktion" in dem Dorf durch, bei der nach offiziellen Angaben Informationen über die Aktivitäten bewaffneter tschetschenischer Separatistengruppen gesammelt werden sollten. Es musste befürchtet werden, dass die Bewohner des Dorfes gefoltert wurden oder dem "Verschwindenlassen" zum Opfer gefallen sind.
amnesty international erhielt auch im August 2001 Berichte von „Säuberungsaktionen“ in Tschetschenien. Im September 2001 erreichten unsere Organisationen Berichte von zwei derartigen Operationen, zu denen jedoch bisher nicht ausreichend Informationen vorliegen, um ihnen umfassend nachgehen zu können.
Neben den zahlreichen Menschenrechtsverletzungen an tschetschenischen Zivilisten werden zudem Nichtregierungsorganisationen und unabhängige Journalisten in Tschetschenien massiv an ihrer Arbeit gehindert. Dieser Aspekt fehlt in dem Ad-hoc-Bericht des Auswärtigen Amtes vollständig. Am 20. Februar 2001 wurde die Journalistin Anna Politkowskaja während ihrer Recherchen zu Menschenrechtsverletzungen durch russische Kräfte im Süden Tschetscheniens verhaftet. Anna Politkowskaja wurde von Angehörigen des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB verhört und ihren Angaben zufolge mit dem Tode bedroht. Sie wurde nach zahlreichen internationalen Protesten am 22. Februar 2001 ohne Anklageerhebung frei gelassen.



3. Hafteinrichtungen und Filtrationslager der russischen Streitkräfte
Die Lagebeschreibung des Auswärtigen Amtes in Bezug auf die Existenz sogenannter „Filtrationslager“ ist nicht einheitlich. Das Auswärtige Amt weist zwar unter I. „Allgemeine politische Lage“ auf Berichte über die Einrichtung von „Filtrationslagern oder –punkten“ hin, beschreibt dann allerdings unter II.4 „Asylrelevante Tatsachen“ lediglich, dass die „Befürchtung“ bestehe, „dass wie im ersten Tschetschenienkrieg (1994-1996) sogenannte „Filtrationslager und –punkte“ eingerichtet wurden“.
Diese Beurteilung durch das Auswärtige Amt ist von den aktuellen Erkenntnissen über die Situation in Tschetschenien und den umliegenden Gebieten weit entfernt. Die hier verwandte Terminologie sowie darüber hinaus auch der gesamte Bericht werden der Tatsache nicht gerecht, dass schwere Menschenrechtsverletzungen meist in von den Streitkräften betriebenen Hafteinrichtungen begangen wurden und werden. Die Existenz solcher Einrichtungen (sowohl sogenannte „Filtrationslager“ als auch sonstige teils provisorische und geheime Hafteinrichtungen), das extralegale Festhalten von Personen an diesen Orten, die dort eingesetzten Praktiken von Folter und Misshandlung sowie das „Verschwindenlassen“ von Personen an diesen Orten wurde von verschiedenen Seiten mehrfach bestätigt und in aller Deutlichkeit öffentlich angeklagt. Ausdrücklich verurteilte die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in ihrer Resolution 2001/24 vom 20. April 2001 (E/CN.4/RES/2001/24) das Fortbestehen solcher Einrichtungen und die Grausamkeit der darin angewandten Methoden. Diese Resolution wurde auch von der deutschen Bundesregierung stark unterstützt.
amnesty international kritisiert, dass das Auswärtige Amt in seinen Berichten über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation vom 22. Mai 2000 und vom 28. August 2001 erheblich deutlicher auf die Existenz von „Filtrationslagern“ hinweist als in dem speziell die Lage in Tschetschenien betreffenden Ad-hoc-Bericht vom 24. April 2001. In den Berichten vom Mai 2000 (siehe S. 8) und August 2001 (siehe S. 10) bestätigt das Auswärtige Amt die Existenz mehrerer „Filtrationslager“ und ad hoc eingerichteter „Filtrationspunkte“ in Tschetschenien und verweist auf dort angewandte Folter und Misshandlungen.
amnesty international erhält immer wieder Berichte, denen zufolge Zivilisten meist während „Säuberungsaktionen“ festgenommen und daraufhin in „Filtrationslagern“ und anderen Hafteinrichtungen ohne richterlichen Beschluss und ohne Kontakt zur Außenwelt (Incommunicado-Haft) festgehalten werden. Überlebende der Hafteinrichtungen und „Filtrationslager“ berichten amnesty international immer wieder, dass dort Folter regelmäßig und systematisch angewandt wird. Zu den gängigsten Foltermethoden gehören Schläge, unter anderem mit Hämmern und Knüppeln, Vergewaltigungen, die Anwendung von Elektroschocks und Tränengas. In weiteren Meldungen heißt es, man habe einigen Inhaftierten die Zähne abgefeilt oder sie derart auf beide Ohren geschlagen, dass das Trommelfell riss.
Seit März und April 2000 stehen größere Haftzentren, wie das in Tschernokosowo im nördlichen Teil Tschetscheniens, unter eingeschränkter Beobachtung internationaler Organisationen wie des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes und des Komitees für die Verhütung von Folter des Europarats. Dennoch erhält unsere Organisation auch seitdem Berichte von Folter wie vor allem von Schlägen und Vergewaltigungen in diesen großen Hafteinrichtungen. Die Delegierten der internationalen Organisationen erhielten den Informationen von amnesty international zufolge in Tschernokosowo bislang keinen Zugang zu Kellerräumen, in denen sich Foltervorrichtungen befinden und in denen Inhaftierte mehrere Tage in Zellen festgehalten werden, in denen sie mit ihren Füßen in Wasser stehen müssen.
Die großen Hafteinrichtungen werden seit einiger Zeit als Untersuchungshaftanstalten des russischen Innenministeriums (SIZO’s) bezeichnet. Dort inhaftierte Personen werden nun allem Anschein nach offiziell registriert. Das hat dazu geführt, dass Inhaftierte nun verstärkt in Hafteinrichtungen festgehalten werden, in denen sie nicht offiziell registriert werden. Dies ist der Fall in militärischen Hafteinrichtungen (IVS’s) sowie in neuen geheimen und provisorischen Haftorten, wozu zum Beispiel Eisenbahnwagen oder Erdlöcher in der Nähe von Militärstützpunkten zählen.
Der Verbleib von vielen in „Filtrationslagern“ und sonstigen Hafteinrichtungen inhaftierten Personen bleibt ungeklärt. Jüngste Schätzungen über die nach Festnahmen durch russische Kräfte „verschwundenen“ Personen variieren zwischen 400 Personen, einer von offizieller russischer Seite genannten Zahl, und 18.000 Personen, einer vom Europarat genannten Zahl. Dem „Verschwindenlassen“ fallen auch Jugendliche zum Opfer. Im Februar 2000 wurde der tschetschenische Jugendliche Adam Abubakarow von russischen Sicherheitskräften festgehalten, anschließend in mehrere „Filtrationslager“ und sonstige Hafteinrichtungen verbracht und ist seitdem „verschwunden“. Bis heute gibt es keine Erkenntnisse über den Aufenthaltsort von Adam Abubakarow oder darüber, ob er noch lebt.
Am 1. Juni 2001 wurden 20 bis 30 Männer aus dem Dorf Mayrtup von russischen Soldaten festgenommen und vier von ihnen daraufhin in einem Militärstützpunkt festgehalten. Said-Chasan Salamow und Said Magomed Bachew sind seitdem verschwunden.
amnesty international begrüßt, dass das Auswärtige Amt darauf hinweist, dass Frauen bei der Eroberung tschetschenischer Ortschaften häufig von russischen Soldaten vergewaltigt werden. Es ist darüber hinaus jedoch erforderlich, darauf hinzuweisen, dass auch in Hafteinrichtungen und „Filtrationslagern“ immer wieder Vergewaltigungen durch einen oder mehrere Täter stattfinden. Diesen Vergewaltigungen fallen auch Kinder und Jugendliche zum Opfer.
Zeugenaussagen zufolge starb Anfang des Jahres 2001 in Tschernokosowo ein aus Urus-Martan stammendes 14-jähriges Mädchen, das von den russischen Lagerwachen mehrmals vergewaltigt worden war, an den Folgen der erlittenen Folterungen. Berichten zufolge hatte man sie an einer Grenzkontrollstelle aus dem Bus geholt, in dem sie unterwegs war. Die Zeugen erklärten, das Mädchen habe zu einer Gruppe von 60 Frauen gehört, die zusammen in Zelle 25 des „Filtrationslagers“ Tschernokosowo festgehalten und von den Wachen mit Schlägen misshandelt worden waren.
Der ehemalige Inhaftierte Musa (Name geändert) berichtete, während seines Aufenthalts in Tschernokosowo habe man einen 16-jährigen Jungen namens Albert aus dem Dorf Dawydenko [Davydenko] in seine Zelle gebracht, nachdem er zuvor von mehreren Lagerwachen vergewaltigt und mit schweren Schlägen misshandelt worden war. Außerdem habe ihm ein Ohr gefehlt. Nach Einschätzung von Musa wurden während seiner dreiwöchigen Haft im Lager bis zu zehn Männer vergewaltigt. Zu seinen Mitgefangenen gehörte ein Mann, dem die Wachen mit Feuerzeugen schwere Verbrennungen an den Händen zugefügt hatten, sowie ein 17-Jähriger, dem man mit einer Metallfeile die Zähne abgefeilt und dabei die Lippen so übel aufgerissen hatte, dass er nicht mehr essen und trinken, ja nicht einmal mehr sprechen konnte.
4. Kontrollen an der tschetschenisch-inguschetischen Grenze
Viele tschetschenische Flüchtlinge versuchen, Tschetschenien zu verlassen und unter anderem im benachbarten Inguschetien Zuflucht zu finden. Das Auswärtige Amt weist in seinem Ad-hoc-Bericht vom 24. April 2001 darauf hin, dass russische Regierungskräfte Fluchtwillige an der tschetschenisch-inguschetischen Verwaltungsgrenze zeitweise am Verlassen des Kampfgebietes hindern würden. In diesem Zusammenhang versäumt es das Auswärtige Amt jedoch darauf hinzuweisen, dass es an den Grenzkontrollstellen regelmäßig und willkürlich zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Flüchtlinge, aber auch Personen, die regelmäßig zwischen den Regionen hin- und herreisen als auch Tschetschenen, die aus Inguschetien kommend die Grenze überschreiten wollen, um in Tschetschenien nach Verwandten zu suchen, werden von russischen Soldaten zusammen geschlagen, angeschossen oder erschossen. amnesty international erhält entsprechende Berichte nahezu täglich.
An den Kontrollpunkten werden Personenkontrollen von Zivil-Konvois, welche von Tschetschenien in das benachbarte Inguschetien ausreisen wollen, vorgenommen. Angaben zufolge inhaftieren russische Streitkräfte während dessen nach wie vor regelmäßig Flüchtlinge. In der Regel werden Personen inhaftiert, die entweder keinen amtlichen Ausweis und keine Aufenthaltsberechtigung vorweisen können, oder verdächtigt werden, bewaffneten tschetschenischen Gruppen anzugehören. Auch Frauen werden unter Verdacht, bewaffneten tschetschenischen Gruppierungen anzugehören, inhaftiert. Obwohl die russischen Truppen behaupten, dass die Anweisung vom 11. Januar 2000 außer Kraft gesetzt wurde (welche ermöglichte, jedweden Tschetschenen männlichen Geschlechts im Alter zwischen zehn und 65 Jahren zu inhaftieren, der in Verdacht steht, Mitglied einer bewaffneten Organisation zu sein) berichten Augenzeugen, dass nach wie vor sogar Kinder im Alter von zehn Jahren inhaftiert werden.
5. Situation von Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation
Angesichts der Größe der Russischen Föderation ist es amnesty international nicht möglich, für alle Gebiete und Regionen der Russischen Föderation umfassende Recherchen zur dortigen Situation tschetschenischer Volkszugehöriger durchzuführen. Es ist jedoch festzustellen, dass durch die Verbindung einer anti-tschetschenischen Feindseligkeit in der russischen Gesellschaft mit offiziellen Erklärungen russischer Politiker und Handlungsweisen der Sicherheitskräfte eine Situation entstanden ist, in der tschetschenische Volkszugehörige praktisch den Status einer ethnischen Gruppe erhalten haben, die außerhalb des Schutzes durch das Gesetz steht und Opfer von Verfolgung, Erpressung und staatlicher Willkür wird.
Der Hinweis des Auswärtigen Amtes auf die in Russland praktizierten Zuzugsbeschränkungen (propiska) (siehe S. 9), durch die besonders Tschetschenen der legale Aufenthalt in einigen Teilen der Russischen Föderation erschwert oder dieser sogar unterbunden wird, ist zu begrüßen. Es ist jedoch zusätzlich unbedingt darauf hinzuweisen, dass Tschetschenen nicht nur in Tschetschenien selbst, sondern auch in anderen Teilen der Russischen Föderation wegen ihres kaukasischen Äußeren, der Angaben in ihren Pässen oder fehlender Registrierung verhaftet, mehrere Tage festgehalten und gefoltert oder misshandelt werden.
Die sogenannte Anti-Terrorismus Operation der Moskauer Polizei, die im September 1999 in Folge der Bombenattentate initiiert wurde, dauert an. Ähnliche sogenannte Anti-Terrorismus Operationen werden auch aus anderen russischen Großstädten berichtet. Tschetschenen und andere Personen aus dem Kaukasus werden durch diese Polizeioperationen Opfer willkürlicher Festnahmen und Misshandlungen. Belastendes Beweismaterial wie Drogen und Waffen wird den Festgenommenen untergeschoben. Es wird von Fällen berichtet, in denen Folter angewendet wurde, um Geständnisse zu erpressen. Ende August 2000 berichtete die Zeitung Nowije Iswestija, dass Polizeibeamte angehalten werden, am Dienst-ende darüber Bericht zu erstatten, wie viele Tschetschenen, Georgier oder Azeris von ihnen festgenommen wurden und welchen mutmaßlichen Zweck das Geld habe, das von den Festgenommenen konfisziert wurde. Diese Praxis der Polizei wurde durch einen Moskauer Polizeisprecher Anfang September 2000 bestätigt.
Auch im Jahr 2001 erhält amnesty international wiederholt Kenntnis von Berichten über Übergriffe auf in verschiedenen Gebieten Russlands lebende Tschetschenen. Im Juni 2001 soll die Polizei nach russischen Presseberichten das Haus eines Mannes aus dem Nordkaukasus, der seit 1983 im Gebiet Twer lebt, überfallen, durchsucht und diesen Mann mit seiner Familie dort festgehalten haben. Ein Polizeioffizier soll während dieser Aktion geäußert haben: „Wir töten Euch in Tschetschenien und wir werden Euch hier töten.“
Das Auswärtige Amt weist darauf hin, dass es keine gesicherten Kenntnisse darüber habe, dass nach dem Oktober 1999 abgeschobene russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit nach ihrer Rückkehr nach Russland Repressionen ausgesetzt waren. Auch amnesty international hat entsprechende Einzelfälle bisher nicht dokumentiert. Die Recherche in Fällen von Abschiebungen nach Russland ist allerdings ausgesprochen schwierig. Das Fehlen von konkreten Einzelfällen, in denen es nach der Abschiebung zu Repressionen bzw. Menschenrechtsverletzungen durch russische Behörden gekommen ist, muss nach Einschätzung unserer Organisation nicht bedeuten, dass dies in der Vergangenheit nicht vorgekommen ist oder heute nicht vorkommt. Vielmehr lassen sich aus den amnesty international und anderen Organisationen vorliegenden Erkenntnissen Rückschlüsse auf eine allgemeine Rückkehrgefährdung für tschetschenische Volkszugehörige ziehen.
Vor diesem Hintergrund vertritt amnesty international anders als das Auswärtige Amt die Ansicht, dass nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass Personen tschetschenischer Volkszugehörigkeit außer in Tschetschenien auch in anderen Teilen der Russischen Föderation Opfer von polizeilicher Willkür, Folter und Misshandlung sowie Erpressung werden. Dieses erhöhte Risiko einer besonderen Gefährdung gilt auch für Personen kaukasischer Abstammung, die sich nicht kämpferisch oder politisch in der Tschetschenienfrage engagiert haben oder engagieren.


"Willkommen in der Hölle''
Zusammenfassung
Tschetschenischen Gefangenen, die im Januar 2000 im russischen "Filtrationslager" in Chernokozovo ankamen, wurde ein ominöser Empfang bereitet. "Willkommen in der Hölle" sagten die Gefängniswärter und zwangen sie dann, durch einen menschlichen Korridor von stockschwingenden Wächtern zu laufen. Dies war nur der Anfang eines schrecklichen Misshandlungszyklus für die meisten Gefangenen zu Beginn des Jahres 2000, die unter systematischer Verprügelung, Vergewaltigung und anderen Formen der Folter zu leiden hatten. Die meisten wurden erst freigelassen, nachdem es ihren Familien gelungen war, erpresserischen russischen Offiziellen beträchtliche Summen zu zahlen.
Diese zum Spiessrutenlauf gezwungenen Gefangenen zählten zu den Tausenden von Tschetschenen, die sich unter dem Verdacht der Zusammenarbeit mit Rebellenkämpfern in der Haft der russischen Streitkräfte befinden. Seit September 1999 führt Russland eine militärische Kampagne zur Wiederherstellung der Kontrolle über Tschetschenien, die Tausende ziviler Menschenleben gekostet, Hunderttausende vertrieben und eine massive Zerstörung der zivilen Infrastruktur nach sich gezogen hat. Zivilisten hatten die Hauptlast der wahllosen und unangemessenen Bombardements, Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren und Verstösse gegen andere Regeln bei bewaffneten Binnenkonflikten durch die russischen Streitkräfte zu tragen.
Obwohl die Militäroffensive gegen April 2000 abgeklungen ist, fürchteten Zehntausende von tschetschenischen Vertriebenen, bei einer Heimkehr könnten sie selbst oder ihre Ehemänner, Söhne, Väter oder Brüder von den russischen Streitkräften verhaftet oder umgebracht werden. Tausende mehr in Tschetschenien selbst wagen es nicht, ihre Gemeinden zu verlassen oder auch nur nach ärztlicher Versorgung zu suchen. Es gibt vieles zu befürchten: Ende Mai 2000 hat das Innenministerium behauptet, dass mehr als zehntausend Menschen in Tschetschenien seit dem Beginn des Jahres 2000 verhaftet worden sind, von denen 478 auf der "Gesuchtenliste" standen und mehr als Tausend "[tschetscheni-sche] Rebellen und deren Komplizen"(1) waren. Bei Redaktionsschluss dieses Berichts gingen die Verhaftungen in ganz Tschetschenien weiter. Die meisten Festgenommenen wurden zu Haftzentren gebracht, die überall in Tschetschenien und anderweitig im Nordkaukasus eingerichtet worden sind und wo sie schwer Misshandlungen ausgesetzt wurden.
Dieser Bericht dokumentiert willkürliche Verhaftungen und Misshandlungen, zu denen es in Tschetschenien kommt, mit besonderem Augenmerk für Chernokozovo und sechs andere Haftanlagen, die in der Region ausgemacht wurden: in Tolstoy-Yurt, Khankala und Urus-Martan, allesamt in Tschetschenien; in Pyatigorsk und Stavropol in der Provinz Stavropol und in Mosdok, Nord-Ossetien. Er stützt sich auf die Arbeit von Human Rights Watch-Beobachtern, die Dutzende von ehemaligen Häftlingen über einen viermonatigen Zeitraum von Februar bis Mai 2000 ermittelt und befragt haben, wobei individuelle Angaben sorgsam mit Informationen aus anderen Interviews gegengeprüft und bestätigt worden sind.
Fälle von Folter und anderen Misshandlungen, die in diesem Bericht dokumentiert werden, stellen ernsthafte Verstösse gegen die Verpflichtungen Russlands gemäss der Genfer Konvention von 1949, gemäss dem Protokoll II zur Konvention, in der die Regeln bei bewaffneten Binnenkonflikten bestimmt werden, sowie gemäss anderen Instrumenten der internationalen Menschenrechtsgesetze dar, bei denen Russland ebenfalls Partei ist.
Willkürliche Verhaftung und Folter in den Haftzentren sind keine neue Erscheinung in Tschetschenien. Im Tschetschenien-Krieg von 1994-1996 haben die russischen Streitkräfte ebenfalls Tausende von tschetschenischen Zivilisten zusammengetrieben und sie zum Verhör in Haftzentren in Mosdok, Grosny, Pyatigorsk und Stavropol gebracht. Die Häftlinge wurden im ersten Krieg in diesen Lagern misshandelt und gefoltert und danach gegen gefangene russische Soldaten oder Geld ausgetauscht. Viele Häftlinge sind nie nach Hause zurückgekommen, sind nach ihrer Verhaftung durch die russischen Streitkräfte für immer "verschwunden".
Massenfestnahmen und willkürliche Haft
Sobald der bewaffnete Konflikt in Tschetschenien im September 1999 wieder entfachte, begannen die russischen Behörden wieder mit der Festnahme von Männern und Frauen an Kontrollstellen, bei Razzien im Anschluss an militärische Kampfhandlungen sowie bei gezielten Einsätzen in Gemeinden. Obwohl Russland in Tschetschenien nicht den Notstand ausgerufen hat, werden erforderliche Verfahrensrechte bei den Verhaftungen routinemässig ignoriert. Festgenommene werden häufig ohne Benachrichtigung ihrer Angehörigen festgehalten, und viele bleiben in unbestätigter Haft und auch Monate nach ihrer Festnahme "verschwunden". Die Gründe für die Haft sind häufig rein willkürlich: Männer und Frauen werden einfach festgehalten, weil sie sich an Orten befunden haben, die nicht ihrem offiziellen, ständigen Wohnsitz entsprechen, weil ihre Päpiere unvollständig waren, weil sie denselben Familiennamen wie ein tschetschenischer Kommandeur haben, weil man unter ihren Verwandten Kämpfer wähnt oder weil sie wie Kämpfer "aussehen".
Tschetschenen werden so geläufig an Kontrollstellen innerhalb von Tschetschenien und an den tschetschenischen Grenzen zu anderen Teilen Russlands festgenommen, dass viele tunlichst versuchen, Reisen überhaupt zu vermeiden, selbst wenn sie vor aktiven Kampfhandlungen flüchten müssen. Es gibt häufig Übergriffe von Offiziellen an Kontrollstellen an fliehenden Zivilisten, insbesondere an jungen Männern. Männer werden im Haftprozess häufig geschlagen und sehen sich oft Spott und Bedrohungen ausgesetzt. Mehrfach sind Frauen an Kontrollstellen nach einer Festnahme vergewaltigt worden: Human Rights hat die Vergewaltigung von zwei jungen Frauen am Hauptgrenzübergang Kavkaz gegen Ende Januar 2000 dokumentiert.
Die russischen Streitkräfte haben im Anschluss an die Übernahme von tschetschenischen Gemeinden ganz geläufig Gruppen tschetschenischer Männer in "Säuberungen" oder bei Operationen zum Aufbringen und zur Festnahme von Rebellen und deren Komplizen zusammengetrieben und verhaftet. Sie führen zudem Verhaftungsrazzien und Haussuchungen nach Guerillaeinsätzen oder anderen Angriffen durch. In manchen Fällen wurde die männliche Bevölkerung eines Dorfes zusammengetrieben, zu einem offenen Feld geführt und verprügelt, während russische Offizielle nach vermutlichen Rebellen suchten. Die bei Säuberungsaktionen oder Razzien zusammengetriebenen Personen werden besonders hart behandelt: die russischen Streitkräfte verprügeln sie gnadenlos, manchmal zu Tode, und manche wurden auch ohne Prozess hingerichtet. In einem Falle wurde Akhmed Doshaev nach seiner Festnahme am 5. Februar 2000 in Shaami-Yurt ohne Prozess von russischen Soldaten hingerichtet.
Folter und andere Misshandlungen in Chernokozovo
Im Januar und Anfang Februar 2000, als der Krieg am heftigsten tobte, war das Untersuchungsgefängnis in Chernokozovo, etwa sechzig Kilometer nordwestlich von Grosny, die grösste Sammelstelle für Gefangene in Tschetschenien. In Chernokozovo ankommende Häftlinge erwarteten zwei Reihen von stockschwingenden Wärtern zum Spiessrutenlauf, die ihnen eine Tracht Prügel erteilten, bevor sie überhaupt in die Anlage eintreten konnten. Mindestens ein Häftling, Aindi Kovtorashvillli kam dort am 11. Januar 2000 um, als eine vorangehende Kopfverletzung bei der Aufnahmeprügel verschlimmert wurde.
Die Häftlinge in Chernokozovo wurden sowohl beim Verhör als auch bei nächtlichen Befragungen geschlagen, bei denen die Wärter völlig Amok liefen. Bei Verhören wurden Gefangene gezwungen, auf dem Boden zu kriechen, und wurden so schlimm geschlagen, dass manche gebrochene Rippen und Verletzungen an Nieren, Leber, Hoden und Füssen davontrugen(2). Einige wurden auch mit Elektroschocks gefoltert.
Nachts erhielten die Wächter freie Hand für mutwillige Misshandlung und Erniedrigung. Sie waren oft angetrungen und spielten laute Musik und setzten Gefangene Prügel und erniedrigenden Spielen aus. Einige der schlimmsten Misshandlungen fanden nachts statt: Gefangene berichten davon, bewusstlos geschlagen worden zu sein, nur um wiederbelebt und erneut geschlagen zu werden. Gefangene wurden gezwungen, Räume mit Wächtern auf ihrem Rücken kriechend zu durchqueren, und wurden geschlagen, wenn sie dabei zu langsam waren. In ihren Zellen wurden die Häftlinge angewiesen, tagelang mit erhobenen Händen dazustehen, und die Wächter verwendeten Tränengas, wenn ihre Befehle nicht befolgt wurden. Es gibt überzeugende Beweise dafür, dass Männer und Frauen in Chernokozovo vergewaltigt und mit Schlagstöcken sexuell misshandelt wurden.
Mitte Februar haben die russichen Behörden inmitten zunehmender internationaler Aufmerksamkeit für Verstösse gegen Menschenrechte in Tschetschenien und Aufrufen zu Besuchen durch internationale Delegationen eine Aufräumung der Einrichtung in Chernokozovo angeordnet. Ein Besuch Anfang Februar 2000 durch russische Militärfunktionäre ermittelte Belege für Misshandlung, auch wenn viele misshandelte Insassen vor dem Besuch entfernt und andere gewarnt worden waren, sich nicht zu beklagen. Als dann internationale Beobachter und Journalisten die Anlage Ende Februar 2000 besuchten, hatten sich die Bedingungen verbessert und die meisten Beweise für Misshandlung waren beseitigt worden. Russische Offizielle, einschliesslich des Präsidenten-Sprechers Sergei Yastrzhembsky und des Sondervertreters des Präsidenten für Menschenrechte, Vladimir Kalamanov, gaben pauschale Dementis zu den Misshandlungen in Chernokozovo bekannt. Bis heute hat es keine formelle Untersuchung über die Übergriffe in Chernokozovo gegeben.
Misshandlungen und Folter in anderen Gefangenenlagern
Verbesserungen der Bedingungen in Chernokozovo bis Mitte Februar brachten jedoch keine Erleichterung für die steigende Zahl von Gefangenen, die zu anderen Haftanstalten gebracht wurden. Häftlinge hatten weiterhin unter Misshandlungen an Kontrollstellen, in Polizeiwachen, Militärstützpunkten und Gefängnissen inner- und ausserhalb Tschetscheniens zu leiden.
In den Untersuchungsgefängnissen in Stavropol und Pyatigorsk, die beide im Gebiet Stavropol liegen, wurden die Gefangenen ebenfalls von Soldaten zum Spiessrutenlauf mit Stöcken in Empfang genommen und erlitten ständig schwere Prügel während ihres Aufenthalts in den Gefängnissen. Auf dem Militärstützpunkt Mosdok wurden Gefangene mit Stöcken sodomisiert, zum Spiessrutenlauf gezwungen und dabei geschlagen und getreten. Ein Arzt in Inguschetien berichtete von der Aufnahme eines zuvor in Mosdok inhaftierten Patienten, der geschwollene Genitalien hatte und Anzeichen von Vergewaltigung aufwies, da er an inneren Verletzungen des Darmes litt.
Im grossen Militärstützpunkt Khankala ausserhalb von Grosny wurden Gefangene häufig in überfüllten Gefangenentransportfahrzeugen gehalten, selbst im bitterkalten Winter. Eine neunzehnjährige Frau, die man für geistig zurückgeblieben hielt, wurde Ende Januar 2000 in Khankala drei Tage lang von zahlreichen Soldaten vergewaltigt. Männer wurden dort schwer verprügelt, u.a. bei Verhören, und zumindest einer wurde mit einem Lötkolben gefoltert. Im April wurden zwei übel verstümmelte Leichen aus Khankala geborgen, und es ist wahrscheinlich, dass die beiden Männer in der Einrichtung gefoltert und hingerichtet worden sind.
Zu Misshandlungen kam es auch in Militärlagern in ganz Tschetschenien. Zhebir Turpalkhanov wurde im April 2000 in einem Lager in der Nähe von Tsotsin-Yurt inhaftiert und dabei fünf Tage lang schwer verprügelt; er starb nur Stunden nach seiner Freilassung.
Gefangene wurde auch in einer verlassenen Ölraffinerie nahe Tolstoy-Yurt gehalten, wo Misshandlungen, einschliesslich der Androhung einer Hinrichtung ohne Prozess, und Verprügelungen stattgefunden haben - manche so schlimm, dass einige gebrochene Rippen davontrugen. In einem ehemaligen Internat in Urus-Martan, einer von drei Haftanlagen in dieser Stadt, wurden Gefangene zum Spiessrutenlauf gezwungen und häufig Prügel ausgesetzt; ein Häftling wurde Berichten zufolge noch im April 2000 vergewaltigt.
Während ihrer Haft wurden Gefangene vor ihrem Transport in die Haftzentren häufig zunächst zu Polizeiwachen gebracht. Viele Gefangene aus Grosny kamen zuerst zur Polizeiwache nach Znamenskoye, wo sie bei Ankunft und in ihren Zellen geschlagen und getreten wurden. Beim Transport der Gefangenen von Znamenskoye aus wurden sie zuweilen wie Holzscheite aufeinandergestapelt, wobei die unten liegenden Gefangenen das Bewusstsein verloren. Human Rights Watch hat zudem ähnliche körperliche Misshandlungen und Prügel aus anderen Polizeiwachen dokumentiert.
Das Geschäft mit Entlassungen: Erpressung und "Amnestien"
Die Mehrheit der von Human Rights Watch befragten ehemaligen Gefangenen berichteten, dass sie erst nach Zahlung beträchtlicher Bestechungsgelder durch ihre Familien an ihre russischen Häscher und gierige Mittelsleute freigelassen wurden, bei Beträgen zwischen 2.000 Rubel und 5.000 USD. Es wurden in der Tat so häufig Bestechungsgelder für Entlassungen gefordert, dass die Verhaftung selbst eher durch die Aussicht auf finanziellen Gewinn als durch die wirkliche Notwendigkeit begründet zu sein schien, Rebellenelemente ausfindig zu machen. Ein Ende Januar 2000 durch OMON-Truppen in Komsomolskoye festgesetzter Mann wurde den Untersuchungsbehörden niemals überstellt; statt dessen nahmen seine Häscher sofort Verhandlungen mit der Familie zur Freilassung auf.
Die Schuld oder Unschuld des Gefangenen scheint wenig Auswirkung auf den Erpressungsprozess zu haben, nur auf den letztlichen Geldbetrag: Unschuld allein ist nicht genug für eine sichere Freilassung, und selbst erwiesene tschetschenische Kämpfer können zum entsprechenden Betrag freigekauft werden. In einem dokumentierten Fall sicherte der Chef einer Dorfverwaltung die Freilassung eines gefangenen Kämpfers für 5.000 USD. In den meisten Fällen treten Mittelsleute an die Verwandten heran, um deren Verzweiflung auszunutzen und grosse Beträge für die Freilassung des gefangenen Familienmitglieds zu erpressen.
Russische Offizielle lehnen es häufig ab, den Gefangenen bei ihrer Freilassung wichtige Identitätspapiere zurückzugeben oder Gefangene mit Dokumenten freizulassen, die sie als "amnistierte Kämpfer" ausweisen, selbst wenn eine Beteiligung an Kampfhandlungen nie nachgewiesen werden konnte. Dies schränkt die Bewegungsfreiheit der freigelassenen Gefangenen ein, da sie aus Angst vor neuerlicher Verhaftung, Belästigung oder anderen Missbräuchen die Kontrollstellen nicht passieren können. Ohne Papiere entlassene Häftlinge werden zu virtuellen Gefangenen in ihren Heimatbezirken.
Gefangenschaft ohne Verbindung zur Aussenwelt und "Verschwindenlassen"
Die russischen Behörden halten Informationen darüber zurück, wen sie in Haft haben, und ermöglichen den Häftlingen keinerlei Kommunikation mit ihren Familien, selbst wenn sie über Monate gefangengehalten werden. Deshalb begeben sich die Verwandten zu den Haftanlagen und versuchen verzweifelt zu ermitteln, wo ihre Familienmitglieder geblieben sind. Viele betreiben eine ständige Wache vor den Haftzentren, wo sie meinen, dass ihre Angehörigen festgehalten werden, und tauschen fortwährend Informationen über andere bekannte Haftanlagen und Namenslisten namentlich bekannter Häftlinge untereinander aus, die von den Entlassenen herausgeschmuggelt werden.

Jegliche Art von Fragen könnt ihr mir gerne Stellen, nur die Filme kann ich zum größten Teil nicht rausgeben.