Foxie123 schrieb:Da leben wir wohl echt in zwei ganz unterschiedlichen Welten. Gab es bei uns nicht, wüsste ich jetzt auch von meinen Geschwistern nicht (2 älter, 2 jünger).
War das in Deutschland? Da das eben wirklich keine besondereren Schulen waren. Weder besonders engagiert, noch bzgl. schwangeren Schülerinnen "vorbelastet", auch nicht für Schüler "aus besserem Hause", sondern einfach die Standard-Schulen.
Die Jugenduntersuchung wird zwar nicht erleben, wer Abitur macht - nicht fürs Studium nötig, bei Ausbildung schon volljährig. Aber auch sie war damals in Deutschland vorgeschrieben für den Fall minderjährig eine Ausbildung zu beginnen.
Von der Elternseite kenne ich das aber auch noch so: Keine/ wenig Aufklärung, viel Tabu, jegliche Schwangerschaft unverheiratet wäre ein Riesendrama gewesen.
Foxie123 schrieb:Aber mal angenommen so etwas gab es, dann hat man ja nicht automatisch einen vertrauten Ansprechpartner wo man hin kann
Erstens das nicht - für mich wären diejenigen auch nicht "vertraut" gewesen. In der nächsten Kleinstadt eine Beratungsstelle, das wären völlig Fremde gewesen (allenfalls mal bei dem einen Termin in der Schule gesehen).
Dass dann noch andere Situationen dazukommen sehe ich sofort:
- Als junger Mensch kommt man da mitunter nicht selbst hin.
- Als junger Mensch braucht man mitunter eine Ausrede für zu Hause.
- Es gibt auch Menschen die schüchtern sind bis eine Angsterkrankung haben.
Auch hier, exemplarisch: Eigenständig einen Termin heimlich wahrnehmen hätte ich kaum gekonnt, höchstens evl. zwar mit dem Schulbus fahre und dann nicht zur Schule gehen, oder nachmittags nicht den Schulbus zurücknehmen und eine Schulveranstaltung vortäuschen.
Einfacher ab Ausbildung und dann Führerschein.
Bei einer Schwangeren aus einem belastenden Umfeld kann das aber, ist mir klar, nochmal ganz anders aussehen:
Da ist es mitunter nicht nur Scham, aber es würde mitunter doch von zu Hause geholfen werden (wie das evl. ist, wenn man als Teenager schwanger wird und aus einem relativ "vernünftigen" zu Hause kommt).
Da kann auch Gewalt, Gewaltandrohung, keinerlei Ansprechpartner (auch keine Freundin etc.) dazu kommen.
- zumal, wenn wir davon ausgehen, dass die Frau an der Raststätte die Mama ist, die war lt. Zeugen nicht minderjährig. Also was würde es ihr bringen, wenn vor 3,4,5 Jahren in der Schule mal jemand sagte "Man kann auch annonym ein Kind bekommen" + ihre scheinbare Extremsituation (deren nähere Umstände wir nicht kennen)[/quote]
Herbstkind schrieb:Denkst Du ein paar Jahre später war das anders?
Nein, auch später ging man eigentlich nur auf die körperlichen Gegebenheiten ein.
Meine Vermutung war lediglich dass eine Aufklärung für Zwölfjährige anders gestaltet wird als eine für Siebzehnjährige oder für Neunjährige. (Wir hatten das ganz ansatzweise in der Grundschule - "ansatzweise" heißt, es ging da noch nicht darum wie "die Samenzellen" da reinkommen.)
Herbstkind schrieb:Geburtsarten wurden so richtig das erste Mal mit meiner Hebamme im Geburtsvorbereitungskurs besprochen.
Natürlich kann man sich da vorab informieren aber sobald diese Notwendigkeit nicht besteht warum sollte man das tun?
Gewalt in Beziehungen... Das ist nach wie vor ein großes Thema und viele - vor allem Frauen - wissen oft erst kurz bevor es zu spät ist was man genau darunter besteht.
Im Detail wurden die Geburtsarten natürlich nicht besprochen - da kam keine Hebamme.
Und zu Gewalt in Beziehungen: Auch das wurde nur ansatzweise besprochen.
Leider ist es gesellschaftlich noch so verankert dass man vieles zu "schlucken" hat. Und das geht dann in vielen Fällen bis ans Äußerste.
Ich stimme dir zu, das ist ein riesiges Problem.
Herbstkind schrieb:Ich weiß ja nicht welche Schule manche hier besucht haben, aber wie @Foxie123 bereits schrieb darf man das nicht auf die gesamte Republik übertragen.
Ich hatte es erwähnt:
Übliche staatliche Haupt- und Realschulen im kleinstädtischen Umfeld in Bayern, sowas a la "Staatliche Realschule [Stadtname]". Keine besonders engagierten Schulen. Keine konfessionellen Schulen. Es gab auch keinen Schulpsychologen.
Herbstkind schrieb:Bei meiner Mutter wiederum war das auch eine komplett andere Welt, sehr schambehaftet was dieses Thema anging.
Zustimmung, so kenne ich das auch noch. Selbst die Frage was die Packung "O.B." ist wurde erstmal verschämt mit "Lufterfrischer" beantwortet.
Foxie123 schrieb:Dazu kann ich mal noch beitragen, dass ich zum Beispiel das erste mal beim FA war nach meiner Volljährigkeit.
Auch das war bei mir so. (War für mich auch in Ordnung so, da vorher tatsächlich nie benötigt.) Meine Eltern haben mich auch nie gefragt, ob ich Verhütung benötigen würde, eine Beratung wünsche. Das war komplett tabu. Auch:
Foxie123 schrieb:Für meine Mutter kam das Thema überhuapt nicht in Frage, für sie war ich ein Kind - ein Kind hat nichts beim FA zu suchen und auch keinen Grund zu haben, einen Termin beim FA zu benötigen. Meine KK Karte hatte sie, ergo: kein Termin beim FA, keine Beratung kein Nichts.
Die Krankenkassenkarte war klar bei den Eltern.
Selbst wenn entwendet: Termin zu verheimlichen wäre schwierig gewesen.
(Der oben genannte Termin zur Jugenduntersuchung war aber bei Antritt einer Berufsausbildung Pflicht, die Bescheinigung dem Ausbildungsbetrieb vorzulegen. Die Eltern mussten einen anmelden. Es war auch vorgesehen dass die Eltern nicht komplett dabei sind. Die Jugenduntersuchung umfasst eine körperliche Untersuchung sowie eine Befragung hinsichtlich Lebensumstände und psychischem Befinden, aber keinen Schwangerschaftstest.)
Foxie123 schrieb:Aber gut, das hilft der kleinen Frieda natürlich nicht. Auch sollte man bedenken, dass nicht jede Mutter den Intellekt hat, den wir hier vorraussetzen. Viele Dinge passieren nicht aus Boshaftigkeit oder bewusster Hilfslosigkeit sondern weil nicht jede Person so gebildet und Lebensschlau ist, sich selbst helfen zu können & Verantwortung zu übernehmen.
Genau das ist meine Meinung. Ich finde es immens traurig, vorverurteile aber nicht, sondern sehe hier ein Schicksal dahinter.
Intellekt - aber auch psychische Erkrankungen, schon nur "Schüchternheit" macht etwas aus, Termine nicht wahrnehmen zu können. Dann schaukelt es sich mitunter auf...
Mir tut ganz explizit die Mutter auch leid.
Foxie123 schrieb:Die Anziehsachen und Decke von C&A könnten ein Hinweis darauf sein, dass die Mutter zumindest für einen Moment Hoffnung für Frieda sah - in welcher Form auch immer. Aber das ist nur ein Gedanke von mir, der etwas tröstet.
Das ist auch meine Meinung. Und wer das als Widerspruch sieht, "wie konnte sie das besorgen, aber keinen Termin ausmachen?" Babysachen sind m.E. noch viel leichter unter einem Vorwand zu besorgen. Die sind klein, kann man bei einem Bekleidungseinkauf bei dem niemand dabei ist erwerben. Es waren ja keine großen Sachen wie Windeln (im Paket), Babysitz o.ä.