Neue Unterlagen rücken nun erneut den Vatikan in den Fokus, es soll auch Lösegeld geflossen sein.
Der Fall des Verschwindens von Emanuela Orlandi zählt zweifellos zu den mysteriösesten ungelösten Fällen Italiens. Obwohl das Verschwinden der damals 15-Jährigen im Jahr 1983 fast 42 Jahre zurückliegt, bleiben die Hintergründe weiterhin ungeklärt. Im letzten Sommer tauchten vermeintliche Tonaufnahmen der Vermissten auf. Auch ein Richter enthüllte eine „unbequeme Wahrheit“. Nun werfen zwei bislang unveröffentlichte Dokumente neues Licht auf den Fall.
[...]
Die wöchentliche Beilage Il Venerdì der Repubblica berichtet, dass diese neuen Dokumente darauf hindeuten, der Vatikan könnte Lösegeld für die Freilassung von Emanuela Orlandi gezahlt haben. Das erste Dokument, das vom italienischen Militärgeheimdienst SISMI stammt und auf den 27. Juli 1983 datiert ist, deutet darauf hin, „es hätte bereits eine Lösegeldzahlung stattgefunden.“ Diese Informationen sollen von einer Quelle innerhalb der Carabinieri stammen. Die Quelle habe zudem festgehalten, dass Ercole Orlandi, der Vater der Vermissten und Bediensteter im Kirchenstaat, eine Person gewesen sei, „die ‚sehr wichtige‘ Informationen innerhalb des Vatikans“ kenne. Die Dokumente sind Teil einer über 450 Seiten umfassenden Vatikan-Akte im zentralen Staatsarchiv
[...]
Das zweite Dokument, datiert auf den 12. August 1983, beschreibt ein geheimes Treffen im Vatikan, das am 11. August stattfand. Anwesend waren hochrangige Ermittler, darunter Staatsanwalt Domenico Sica, der Leiter der Mordkommission Nicola Cavaliere, ein Oberstleutnant der Carabinieri und Erzbischof Eduardo Martinez Somalo, ein enger Mitarbeiter des damaligen Staatsekretärs Agostino Casaroli. Laut dem Dokument soll Somalo bei diesem Treffen eine angebliche Lösegeldzahlung sowie eine Kontaktaufnahme mit den Entführern durch den Vatikan dementiert haben.
Brisant ist diese Akte auf jeden Fall, denn bisher hieß es, dass der Vatikan keine solche hätte. Und bis heute haben die Anwälte der Familie anscheinend immer noch keine Einsicht bekommen.
Laura Sgrò, die Anwältin der Familie Orlandi, äußerte: „Wir hatten nie Zweifel daran, dass im Vatikan eine Akte über die Entführung von Emanuela Orlandi existiert, und deshalb fordern wir seit 2017 lautstark Einsicht. Es ist bedauerlich, dass wir im Jahr 2025 immer noch darüber sprechen, aber wir haben sie nie gesehen.“ Sie forderte den Vatikan auf, die Akte umgehend der römischen Staatsanwaltschaft und der parlamentarischen Untersuchungskommission zur Verfügung zu stellen, „im Sinne einer Zusammenarbeit bei der Suche nach der Wahrheit“.
Was verbirgt der Vatikan?
https://www.fr.de/panorama/raetselhafter-vermisstenfall-emanuela-orlandi-geheim-dokumente-enthuellt-vatikan-erneut-im-fokus-zr-93659041.html