@moric

Die Kunst des kreativen Streitens, des konstruktiven Disputes, hat recht wenig mit den ordinären Anpöbeleien zu tun, die so manch' minderjähriger User schon für "Streit" hält. Einem "Streit" wohnt auch immer etwas "Wettstreit" inne, um die besseren Argumente, die geschliffeneren Formulierungen, schnelle und elegante Konter...
Also eher Florett-Fechten als Wirtshaus-Schlägerei.

Streit ist eine (nicht notwendigerweise feindselige oder manifeste) Uneinigkeit zwischen mehreren Akteuren oder Parteien. (Wikipedia)

"Der Begriff Streitkultur kann unter vielen Aspekten (psychologisch, juristisch, literarisch, soziologisch, philosophisch, theologisch, historisch usw.) definiert werden. Er wird ähnlich wie der Begriff politische Kultur nicht nur als sozialwissenschaftlicher Terminus verwendet, sondern ist mittlerweile auch alltagssprachlich und politisch besetzt. Streitkultur zu besitzen bedeutet: mit Worten und Medien den eigenen Standpunkt vertreten zu können, ohne dem Anderen abzusprechen, dass auch er einen abweichenden Standpunkt besitzt und besitzen darf.

In einer demokratischen Gesellschaft gibt es weder einheitliche Meinungen noch Harmonie: Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Meinungen. Die parlamentarische Demokratie lebt von der politischen Auseinandersetzung, von gegensätzlichen Interessen und der Suche nach einem Ausgleich zwischen diesen Interessen.

Deshalb wird in der Politik vermehrt eine neue Streitkultur eingefordert. In der heutigen Mediengesellschaft werden Diskussion und Debatte häufig vermieden. Vielfach wird beklagt, dass Statements nur mehr mediengerecht formalisiert aufgesagt werden. Fairer Streit um die Sache und das Ringen um vernünftige Kompromisse sind in der Demokratie unerlässlich. Demokratie bedarf des Streites, der Streit braucht Streitkultur.


Der Grundsatz einer konstruktiven Streitkultur lautet: Konflikte zwischen Einzelnen und Gruppen sind Normalität. Sie sind die natürliche, ja notwendige Folge eines lebendigen menschlichen Zusammenlebens. Das Problem ist weniger, ob es Konflikte gibt, sondern wie sie ausgetragen werden, d. h. wie die Konfliktpartner miteinander streiten: besonnen-kooperativ oder gewalttätig.

Konstruktive Streitkultur heißt einander offen und fair die Meinung sagen, ohne zu verletzen. Eine konstruktive Streitkultur beinhaltet unter anderem folgende Elemente:

Streit wird als normales Alltagsphänomen angesehen.
Streit gilt als etwas grundsätzlich Erlaubtes.
Streit unterhalb einer bestimmten Eskalationsstufe wird anders behandelt als jenseits dieser Eskalationsstufe.
Die Austragung des Streits unterliegt intersubjektiv bekannten Fairness-Regeln.
Alle Streitparteien haben Rechte, z.B. das Recht, den Streit auf später zu verschieben oder sich Zeit zum Nachdenken zu nehmen.
Ein guter Streit endet mit einer Einigung und nicht mit dem Sieg der einen Partei über die andere.
Nach Beilegung des Streits ist die Beziehung zwischen den Konfliktgegnern nicht nachhaltig gestört.

In der Methodik des "Streiten-Lehrens" haben sich unter anderem folgende Maßnahmen bewährt, die freilich nicht ausnahmslos für alle Situationen passen müssen:

Auseinandersetzung mit den Regeln für faires Streiten
Aufklären über Störungen in der Streitkultur: z. B. über Sündenbock-Rollen, die Bedeutung von Vorurteilen für Gewaltbereitschaft
Einüben des Perspektiv-Wechsel, d. h. zu lernen sich in die Gefühle und Ängste des Streitpartners einzufühlen
Üben, im Streit kreativ Lösungen zu suchen und zu finden, die für alle Beteiligten befriedigend sind
Vorleben einer akzeptablen Streitkultur
Konsequenter Widerstand bei unangemessenem Streitverhalten."

(Wikipedia, von mir gekürzt)


Das entspricht meinen Vorstellungen von "Streit". Und so verstehen wir beispielsweise innerhalb unserer Familie auch "Streit".

Alles andere ist Gezänk oder Anpöbelei.